Süddeutsche Zeitung

Volleyball:Wohlfühlen am Ammersee

Jalen Penrose verlängert vorzeitig beim TSV Herrsching.

Von Katrin Freiburghaus

Wie viel die WWK Volleys Herrsching von Jalen Penrose, ihrem Mann auf der Diagonalposition, halten, lässt sich unschwer daran ablesen, dass sie ihn bereits vorzeitig mit einem Kontrakt für die kommende Saison ausgestattet haben. Solche Verträge werden im schnelllebigen Profi-Volleyballgeschäft immer seltener - vor allem werden sie aber auch immer seltener von Spielern unterschrieben. Dass sich Penrose früh für eine weitere Saison am Ammersee entschied, zeigt, dass die Wertschätzung auf Gegenseitigkeit beruht. Denn der 25-jährige US-Amerikaner aus Boston ist vom Status eines abgebrühten Alleinunterhalters im Angriff, der überall funktioniert, noch weit entfernt.

Statistisch kann Penrose in der Liga derzeit einzig Paulo Costa da Silva das Wasser reichen: Der führt die Liste der Topscorer mit über 40 Punkten Vorsprung vor Penrose an. Am Montag werden die beiden Angreifer in Unterhaching im Duell der Herrschinger mit den Alpenvolleys aufeinandertreffen. Sie seien "beide gute Volleyballer", sagt Herrschings Geschäftsführer Fritz Frömming, das sei es mit den Gemeinsamkeiten dann allerdings auch schon gewesen. Die Spieler seien "überhaupt nicht vergleichbar". Frömming betrachtet Penrose trotz seines Alters als "Rohdiamanten, der noch viel Schliff braucht, um ein richtig Guter zu werden".

Physisch bringt Penrose alles mit, was Ausnahme-Spieler auf seiner Position auszeichnet: Der 2,02-Meter-Mann springt extrem hoch, greift mit viel Wucht an und schlägt mittlerweile ebenso brachial auf. Allerdings fehlt ihm die Erfahrung, für den Erfolg verantwortlich zu sein. Er wechselte direkt vom College zum tschechischen Erstligisten VK CEZ Karlovarsko, wo er zwar Champions League spielte, auf seiner Position aber nicht die Nummer eins war. Er konnte Spiele positiv beeinflussen, war aber nie Schuld, wenn es nicht klappte. Dass der neue Druck in Herrsching nicht zwingend motiviert, ist ihm mitunter anzusehen. Gelegentlich entlädt er sich auch in einem lauten Wutschrei wie am vergangenen Donnerstag bei der 0:3-Niederlage gegen Giesen, als Penrose den zweiten Satz mit einem Aufschlagfehler und einer eher nicht zitierfähigen Selbstkritik beendete.

So selbstbewusst er in seiner extrovertierten Art wirkt, so sehr bringen ihn Negativerlebnisse aus dem Rhythmus. "Die körperlichen Voraussetzungen hat er alle", sagt Frömming, aber er sei "ein Sensibelchen, bei dem der Kopf manchmal verrückt spielt, und dann muss man ihn behandeln wie ein rohes Ei". Damit umzugehen, müsse die Mannschaft genauso lernen wie Penrose selbst, denn das ist der Deal für Klubs wie Herrsching: Einen Topscorer können sie sich als Verein mit dem niedrigsten Spieler-Etat nur leisten, wenn sie dafür irgendeine Seite an ihm in Kauf nehmen, die besser betuchten Klubs zu anstrengend wäre.

Herrschings Spieler wissen das, und so erwartet keiner von ihnen, dass Penrose an diesem Montag allein den Unterschied ausmacht. Seine Angriffe sind für den Gegner schwer abzuwehren, das Problem ist momentan, dass sie nicht immer im gegnerischen Feld ankommen. Gegen Giesen waren 25 Versuche 13 direkte Punkte, das ist eine gute Quote. Allerdings landeten auch vier Bälle im gegnerischen Block, vier endeten als Eigenfehler im Aus, weil Penrose nicht immer die günstigste Lösung wählt. "Das sind die einfachsten Punkte für den Gegner", sagt Libero Ferdinand Tille. Auch er attestiert seinem Mitspieler großes Potential, allein der Spielwitz fehle mitunter. Das führe zu besagten Fehlern, "und das ändert sich nicht von heute auf morgen".

Für die Mannschaft bedeute das, "dass wir schauen müssen, selber möglichst wenig Fehler zu machen", sagt Tille, denn genügend Punkte gelingen Penrose ja in schöner Regelmäßigkeit. Und so ist der Diagonalangreifer Penrose in Herrsching zwar qua Position exponiert, in Wahrheit aber ein klassisches Team-Mitglied wie alle anderen. Er leistet als Topscorer seinen Beitrag, dafür ist er aber in anderen Bereichen auf die Unterstützung seiner Mitspieler angewiesen.

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SZ vom 20.01.2020
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