Das Duell der Volleyballerinnen aus Straubing und Vilsbiburg darf man mittlerweile als Klassiker bezeichnen. Am Samstag wird es allerdings erstmals nicht in der ersten Bundesliga, sondern eine Liga darunter stattfinden. Nach der Insolvenz und dem Ausstieg aus dem laufenden Erstliga-Spielbetrieb von Straubing vor eineinhalb Jahren folgte am Ende der vergangenen Saison ziemlich unerwartet der nächste Paukenschlag aus Vilsbiburg: Nach 23 Jahren im Oberhaus stieg der Verein freiwillig in die eingleisige „2. Bundesliga Frauen Pro“ ab, die kompliziert heißt, einen komplizierten Zweck hat und unlängst in ihre zweite Saison gestartet ist. Es gibt seitdem keinen bayerischen Frauen-Erstligisten mehr.
Unmittelbar wehmütig macht das Bart-Jan van der Mark vor dem Duell mit dem Tabellen-Dritten Vilsbiburg jedoch nicht. Der ehemalige Straubinger Trainer, der dort unter einem komplett umgekrempelten Management mittlerweile als Sportlicher Leiter fungiert, spricht bei der Wahl der Liga von einer „sehr bewussten Entscheidung bei unserer Neuaufstellung nach der Insolvenz“. Der Gesellschafterkreis habe klare Vorstellungen formuliert: Identifikation mit der Region, Integration lokaler Talente und attraktiver Volleyball gehören dazu. Ein Wiederaufstieg mit der Brechstange kommt darin hingegen explizit nicht vor.
Nach Platz fünf in der ersten Saison in der neuen Liga hat Straubing die ersten sieben Saisonspiele der neuen Spielzeit allesamt für sich entschieden und 20 von 21 möglichen Punkten geholt. Das Thema erste Liga ist derzeit dennoch keines. Frühestens am Ende der kommenden Saison werde man die Situation evaluieren. Entscheidender als sportliche Belange werden dann andere Faktoren sein. „Wenn man den Schritt in die erste Liga machen will, muss die Organisation schon eine Stufe weiter sein als die Mannschaft – und da sind wir noch nicht“, sagt van der Mark. Davon, dass die Finanzierung gesichert sein müsse, ganz abgesehen.
Was isoliert für Straubing eine gesunde Einstellung ist, offenbart zugleich den Fortbestand des großen strukturellen Problems im Volleyball: den großen Sprung zur ersten Liga. „Ich denke nicht, dass der kleiner geworden ist“, sagt van der Mark mit Blick auf die 2. Liga Pro. Die als Perspektivliga eingezogene Zwischen-Spielklasse sei sportlich ein sehr interessantes Produkt mit mehr Duellen auf Augenhöhe, „wir spielen lieber in unserer vollen Halle 2. Liga Pro als vor einer halb leeren erste Liga“, gibt er unumwunden zu. Der Zweck der neuen Spielklasse aber war eigentlich nicht, dass Erstligisten aus der lediglich noch neun Teams umfassenden ersten Liga freiwillig absteigen. Dass genau das passiert, liegt womöglich auch an einer zweiten Lücke, die sich im Oberhaus auftut. Die ersten fünf Teams sind dort finanziell enteilt, alle anderen spielen im Niemandsland.
Das Niemandsland der qualitativ gespaltenen ersten Liga war unattraktiver geworden als lokal verwurzelter Sport
Wegen exakt dieser Lücke zog Vilsbiburg im Frühjahr freiwillig zurück; ohne massive Etatsteigerung fehlte die Perspektive. Das Niemandsland der qualitativ gespaltenen ersten Liga war unattraktiver geworden als lokal verwurzelter Sport auf hohem Niveau eine Liga darunter, wo das stark verjüngte Team seine vier ersten Saisonspiele allesamt gewann. Für den bayerischen Frauen-Volleyball resultiert daraus eine merkwürdige Momentaufnahme: In Niederbayern spielen mit Straubing, Vilsbiburg und Dingolfing derzeit drei Teams auf engstem Raum in der 2. Bundesliga Pro gegeneinander, für die die Perspektive der Liga kurzfristig gar keine Option ist.
Eine Liga darunter – in der regulären zweiten Liga Süd – wird es noch spannender. Dort stellen bayerische Teams knapp die Hälfte der Staffel. Fünf Teams aus dem Großraum München und Altdorf bilden die breite Basis einer Pyramide, der die Spitze abhandengekommen ist. Es dränge sich die Frage auf, „ob wir das wirklich nicht besser lösen können“, sagt Christy Swagerty, Trainerin in Altdorf. Der Einfluss der 2. Liga Pro auf die erste Liga sei nach aktuellem Stand viel größer als auf die Ligen darunter. Sie sieht das Problem aber nicht nur in der Struktur, sondern sagt auch: „In einem der reichsten Bundesländer ist nicht genug Geld vorhanden, um aus einem so großen Pool starker Spielerinnen einen Erstliga-Standort zu finanzieren?“ Womöglich setzt das samstägliche Spitzenspiel ja auch diese Frage auf die Agenda.