Volleyball:Symbiotische Beziehung

Lisa Izquierdo

Lisa Izquierdo.

(Foto: imago)

Lisa Izquierdos Weg war gezeichnet von Verletzungen. Nun hört sie mehr auf ihren Körper - und hilft Straubing.

Von Katrin Freiburghaus

Wenn die Erstliga-Volleyballerinnen aus Straubing am Samstag Vilsbiburg zum Bayern-Derby empfangen, wird Lisa Izquierdo ihr 19. Saisonspiel bestreiten. "Das ist neuer Rekord", sagt die 24-Jährige; und zwar nicht, weil sie sich wie andere Spielerinnen beim Aufsteiger erstmals einen Stammplatz erarbeitet hätte, sondern im Gegenteil: Izquierdo blickt auf drei Meistertitel und einen Pokalsieg mit dem Dresdner SC sowie 28 Länderspiele und EM-Silber zurück - allerdings auch auf ihr vorläufiges Karriereende vor anderthalb Jahren.

"Für mich war das Thema Volleyball abgeschlossen", sagt sie, "ich wollte das meinem Körper nicht mehr antun." Ausschlaggebend war eine schwere, komplexe Knieverletzung, die sich die damals 22-Jährige während der Saisonvorbereitung zugezogen hatte. Das Motto ihrer ersten Karriere war aber von Anfang an höher, schneller, weiter gewesen. Die für eine Laufbahn in der deutschen Nationalmannschaft mit 1,77 Metern relativ kleine Außenangreiferin führte den Spitznamen "Sprungwunder", weil sie ihre fehlende Höhe durch unglaubliche Athletik wettmachte.

Das hatte allerdings seinen Preis. Izquierdo war schon in Dresden oft verletzt, nicht selten schwer. Mit 22 Jahren hatte sie eine stattliche Anzahl an Bänderrissen und sogar einen Bandscheibenvorfall angehäuft. Straubings Coach Benedikt Frank, der Izquierdo aus der Jugend-Nationalmannschaft kannte, räumt ein: "Wir haben uns natürlich intensiv mit ihrer Verletzungsliste beschäftigt - und das war ganz klar eine Risiko-Verpflichtung." Genau dieses Risiko ermöglichte überhaupt erst eine Zusammenarbeit mit Izquierdo, denn eine Spielerin ihres Formats in Topform kann sich Straubing nicht leisten. Die Rechnung war einfach: Die extrem junge Mannschaft brauchte jemanden, "der den Laden schmeißt", wie es Frank formuliert, um nicht direkt wieder abzusteigen. Izquierdo brauchte einen Klub, der bereit war, ihr die nötige Zeit zu geben, um fit zu werden. Gewachsen ist daraus eine symbiotische Beziehung, die Frank einen "Glücksfall" nennt.

Sie höre heute mehr auf ihren Körper als zu Beginn ihrer Karriere. "Ich mache mehr Kraft- und Stabilisationstraining und vor allem Pausen, sobald ich das Knie merke", sagt sie, "denn der Respekt davor, dass es wieder passiert, ist bei jedem Sprung da." In Dresden, wo der Anspruch die Meisterschaft ist, könnte sie sich diese Angst nicht leisten. Auch ihre Ausbildung, die sie in Straubing begonnen hat, wäre bei einem Spitzenklub parallel kaum zu bewältigen. Zudem ist sie spielerisch nicht auf ihrem ehemaligen Niveau. Frank ist jedoch davon überzeugt, "dass das wieder klappen kann, wenn man ihr und dem Körper Zeit lässt. Damit meine ich nicht ein Jahr, sondern zwei oder drei." Er bestätigt ohne Zögern, dass Izquierdos Werte im Angriff "sehr unterdurchschnittlich" sind. Dass Geduld in ihrem Fall eine gute Investition in die Zukunft sei, habe sich aber mehrfach angedeutet.

Für den Moment behilft sich Straubing mit einem ungewöhnlichen Modell. Weil das Hauptproblem die Ballkontrolle in Annahme und Abwehr ist, "brauchten wir eine erfahrene Spielerin, die Verantwortung übernimmt", sagt Frank. Sein Team spiele deshalb "im Prinzip mit zwei Liberas" und habe es so "geschafft, ein System zu kreieren, das uns konkurrenzfähig macht". Dass ihr neuer Klub nicht um Titel, sondern um Platz zehn spielt, stört Izquierdo nicht. "Mir macht Volleyball jetzt sogar mehr Spaß, weil ich nicht mehr so viel Druck habe", sagt sie. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie in Straubing bleibe, sei "sehr groß". Nach Karriereende klingt es zumindest nicht mehr, wenn sie über Belastungssteuerung spricht und sagt: "Ich hab ja noch ein paar Jahre vor mir."

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