Volleyball:Wachstum in der Wartehalle

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Derzeit auf Platz vier in der zweiten Liga Pro: die Vilsbiburgerinnen mit Zuspielerin Irene Ramos. (Foto: oh)

Vilsbiburgs Zweitliga-Volleyballerinnen verpassen die Pokal-Sensation und planen ihre Rückkehr in die erste Liga – allerdings ohne zeitlichen Rahmen.

Von Katrin Freiburghaus

Vorher-Nachher-Vergleiche kranken oft an der fehlenden Vergleichbarkeit von Situationen. In Vilsbiburg stand für die frisch in die eingleisige zweite Bundesliga Frauen Pro abgestiegenen Volleyballerinnen am vergangenen Wochenende aber ein Duell an, das in exakt dieser Form ein Jahr zuvor schon einmal stattgefunden hatte. Sein Ausgang illustrierte beispielhaft, wie viel kürzer der Weg von Liga eins in Liga zwei ist als umgekehrt.

Die Roten Raben trafen im Pokal-Achtelfinale auf Münster. Vor Jahresfrist hatten sie das damalige Erstliga-Duell noch mit 3:1 für sich entschieden. Diesmal bedankte sich Vilsbiburgs beste Angreiferin Crystal Burk nach der 1:3-Niederlage artig bei den Gegnerinnen dafür, „dass sie uns zu einem Niveau gezwungen haben, von dem wir nicht wussten, dass wir es schon spielen können“. Das radikal verjüngte Team aus Niederbayern war als erklärter Außenseiter in die Partie gestartet und trotzte den im dritten Durchgang unkonzentrierten Gästen immerhin diesen Satz ab. Eine Pokal-Sensation lag aber zu keinem Zeitpunkt in der Luft. Entscheidender ist aber vielleicht, dass das auch niemand ernsthaft erwartet hatte. Die Roten Raben sind nicht aus Versehen abgestiegen, sondern starten eine Stufe tiefer bewusst neu und mit weniger Druck.

Klaus-Peter Jung, während Vilsbiburgs Meisterjahren Geschäftsführer und heute Aufsichtsratsvorsitzender, hatte von Vornherein Spaß als Maxime für den Pokal-Abend ausgegeben; auch aus professionellen Gründen. Denn Spaß ist, was nach Jahren der Stagnation im unteren Drittel der Erstliga-Tabelle zurückkommen soll. Vilsbiburg war im Gegensatz zu vielen Konkurrenten in den vergangenen Jahren nicht abgestiegen, weil es wirtschaftlich nicht zur Teilnahme im Oberhaus gereicht hätte. Der Etat von 1,3 Millionen Euro lag lediglich deutlich unter dem, was derzeit für sportliche Konkurrenzfähigkeit mit den ersten Sechs nötig ist. „Wir haben uns zurückgezogen, weil wir in den zwei Jahren, in denen wir den Anschluss finden wollten, keinen weiteren größeren Sponsor gewinnen konnten“, sagt Jung. Es seien allerdings 97 Prozent der Sponsoren mit in die zweite Liga gegangen, auch die organisatorischen Strukturen seien erhalten geblieben und würden ausgebaut.

„Durch die Professionalisierung der ersten Liga entstünden hohe Kosten, um dann Letzter zu werden.“

Der Neustart in der zweiten Liga ist demnach klar auf Zeit angelegt – allerdings ohne festen Termin. Einen Wiederaufstieg mit einem Mindestetat schließt Jung aus. „Es hängt daran, ob wir die Mittel und Partner finden“, sagt er, und meint damit Mittel und Partner für einen Etat weit oberhalb der 1,3 Millionen. Andernfalls „hätten wir ja in der ersten Liga bleiben können“. So paradox es klingt, ergäbe ein regulärer sportlicher Aufstieg unter schlechteren oder gleichen Bedingungen wie vor einem Jahr für den Standort „keinen Sinn“, wie Jung betont. Er fügt hinzu: „Durch die Professionalisierung der ersten Liga entstünden hohe Kosten, um dann Letzter zu werden. So verlieren wir unsere Fans und unsere Sponsoren.“

Unter dem Trainer-Duo – bestehend aus dem ehemaligen Meistertrainer und letztjährigen Sportdirektor Guillermo Gallardo und Alberto Chaparro – hat im sportlichen Bereich aktuell Priorität, was für Vilsbiburg direkt beeinflussbar ist: die Entwicklung der jungen und zum Teil am Standort im eigenen Internat ausgebildeten Spielerinnen. Es wird also zweigleisig gefahren. In der zweiten Liga Pro gehören Spielerinnen wie Cayetana Lopez, 19, oder Laura Bergmann, 20, beim aktuellen Tabellenvierten zu den Stützen. In der ersten Liga wären sie meist für ein paar Aufschläge eingewechselt worden und hätten den Verein aus diesem Grund womöglich sogar verlassen.

Auf Vereinsseite laufen die Bemühungen bei der Geldgeber-Suche parallel unverändert weiter. Jung teilt die Sorge nicht, dass das in einer wesentlich weniger präsenten Liga nun noch deutlich schwieriger werden könnte. Alles sei und bleibe auf einen schnellen Wiederaufstieg vorbereitet, sobald sich ein weiterer Großsponsor finde. Vilsbiburg stellt sich auf eine nahe Zukunft in der Wartehalle ein. Um zur Stelle zu sein, wenn der Zug in Richtung Erstklassigkeit kommt.

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