Volleyball:Den Gegner entzaubert

Volleyball: Toller Hecht: Johannes Tille hält den Ball per Sprung in der Luft und gewinnt mit den Berlin Recycling Volleys gegen Düren.

Toller Hecht: Johannes Tille hält den Ball per Sprung in der Luft und gewinnt mit den Berlin Recycling Volleys gegen Düren.

(Foto: Peter Weber/Imago)

Die Berlin Volleys schlagen Düren mit 3:1 - und gewinnen in ihrem elften Pokalfinale den sechsten Titel. Mit ihrem Erfolg haben sie sich auch mit jenem Wettbewerb versöhnt, mit dem sie in der Vergangenheit am meisten gehadert haben.

Von Sebastian Winter, Mannheim

Dürens Anfang wohnte ein kleiner Zauber inne, der Außenseiter bot dem Favoriten Berlin im Volleyball-Pokalfinale zunächst mächtig die Stirn, doch im zweiten Satz schon war der Zauber verflogen. Und als Berlins Diagonalmann Marek Sotola Dürens Annahme beim Matchball mit einem Ass zerschmetterte, nach 103 Minuten, da war es amtlich: Die Berlin Recycling Volleys haben durch einen 3:1 (22:25, 25:17, 25:15, 25:18)-Sieg über die Powervolleys Düren am Sonntag wie erwartet ihre sechste Pokaltrophäe gewonnen.

Düren wurde schon vor Beginn der Partie mit schlechten Nachrichten konfrontiert, die der Klub aber erst einmal für sich behielt: Erik Röhrs hatte im Training am Donnerstag offenbar einen Bauchmuskelriss erlitten, der 21-Jährige stand zwar in Dürens Kader, spielte aber nicht mit. Die Schwächung im Außenangriff ließen sich die Nordrhein-Westfalen zunächst aber überhaupt nicht anmerken. Die 9175 Zuschauer in Mannheims SAP-Arena sahen im ersten Satz einen Außenseiter, der weitaus mutiger auftrat als Berlin. Vielleicht auch, weil Düren nicht viel zu verlieren hatte: Aus den bisherigen fünf Pokalfinals, in die sie eingezogen waren, kehrten sie immer als Verlierer an den Nordrand der Eifel zurück.

Spätestens als Dürens Diagonalspieler Sebastian Gevert einen seiner gefürchteten Sprungaufschläge unerreichbar für Berlins Annahme ins Feld drosch und seine Freude mit geballten Fäusten in die Fankurve hineinschrie, war die Messlatte für Berlin gesetzt. 9:11 stand es aus Sicht des deutschen Meisters im ersten Satz, Trainer Cedric Enard nahm seine erste Auszeit - und Düren blockte danach auch noch Berlins Angriff. Den Drei-Punkte-Vorsprung gab der Klub, der längst zum Inventar im deutschen Männer-Volleyball gehört, aber noch nie einen Titel gewinnen konnte, nicht mehr ab.

Das Endspiel war zugleich ein Spiel der gegensätzlichen Systeme

"Ich hatte nach dem ersten Satz Angst, dass wir das Ding verlieren, weil wir nervös waren", sagte Berlins Blocker Anton Brehme. Dürens Problem war nur, dass es seine aggressive Linie in den folgenden Sätzen komplett verlor. Spätestens da fehlte einer wie Röhrs dann eben doch, seine Vertreter Tobias Brand und Marcin Ernastowicz hätten gut mal eine Pause vertragen, mussten aber mangels Ersatz durchspielen. Und so ein Finale in der größten Halle, die dem deutschen Volleyball einmal jährlich eine Bühne bietet, kann manchen Spieler dann auch ein wenig erdrücken.

Volleyball: Verdienter Jubel: Die Berlin Volleys sind wieder Volleyball-Pokalsieger.

Verdienter Jubel: Die Berlin Volleys sind wieder Volleyball-Pokalsieger.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Das Endspiel war zugleich ein Spiel der gegensätzlichen Systeme gewesen. Düren setzt auf viel Erfahrung, Zuspieler Tomas Kocian-Falkenbach, 34, Björn Andrae, 41, Gevert, 34 und Michael Andrei, 37 sind seit Jahren Säulen des Teams, das seine Stärken eigentlich im Aufschlag Block und seiner mannschaftlichen Geschlossenheit hat. Die "Alten Herren" werden aber inzwischen von vier Spielern unterstützt, die Jahrgang 2000 und jünger sind. Berlin verlor vor dieser Saison seinen wichtigsten und spektakulärsten Angreifer Benjamin Patch (Pause) und Zuspieler Sergej Grankin, der Olympiasieger von 2012 kehrte in seine russische Heimat zurück. Doch die Neuformierung nach diesem großen Verlust scheint sehr gut zu gelingen. Die Verantwortung ist nun auf weitaus mehr Schultern verteilt, Spieler wie Marek Sotola, Brehme oder Nehemia Mote tragen sie nun, die sich zuvor öfter versteckten hinter dem Über-Angreifer Patch. Zuspieler Johannes Tille entpuppte sich außerdem als formidable Verstärkung, die nicht so spröde und weitaus kommunikativer auftritt als früher Grankin. Auch in Mannheim lenkte Tille das Berliner Spiel nach den Problemen im ersten Satz mit sehr viel Übersicht.

Aktuell sind die Berliner ohnehin in einer blendenden Verfassung: Die Bundesliga dominieren sie wie gewohnt, die Zwischenrunde werden sie aller Voraussicht nach als Führende abschließen. Aber auch international setzten sie zuletzt Ausrufezeichen: Durch einen 3:2-Heimerfolg gegen den türkischen Meister Ziraat Bank Ankara, das wegen der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei in nur einem Spiel entschieden wurde, stehen die Berliner zum dritten Mal in Folge im Champions-League-Viertelfinale - gemeinsam mit dem VfB Friedrichshafen. Allerdings spielen die Volleys aus der Hauptstadt nun gegen Klub-Weltmeister Perugia - und sind krasser Außenseiter gegen die Übermannschaft aus Italien.

Dass Düren nun die wesentlich kürzere Heimreise hat, dürfte für den Klub ein schwacher Trost sein. Am kommenden Freitag trifft der ewige Zweite dann wieder auf Berlin, in eigener Halle. Allerdings nur zum Zwischenrunden-Spiel in der Bundesliga.

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