Volleyball:Mit einem Burger den Akku auffüllen

Volleyball: „Mein Herz blutet, dass ich dieses Team verlassen werde“: Volleyballerin Maren Fromm, 32, hört nach 321 Länderspielen auf.

„Mein Herz blutet, dass ich dieses Team verlassen werde“: Volleyballerin Maren Fromm, 32, hört nach 321 Länderspielen auf.

(Foto: AP)

"Mein Herz blutet": Die deutsche Kapitänin und Diabetes-Patientin Maren Fromm beendet als WM-Elfte ihre Karriere.

Von Sebastian Winter, Nagoya/München

Für Maren Fromm war es die reinste Routine, wie in hunderten Spielen vorher auch. Den Traubenzucker in die Sporttasche packen, das Messgerät auch, und dann fuhr die Kapitänin der deutschen Volleyballerinnen am Donnerstag bei der Weltmeisterschaft in Japan zu ihrem 321. und letzten Länderspiel. Es endete enttäuschend, das 0:3 gegen die Dominikanische Republik warf die DVV-Auswahl in Nagoya auf Platz elf im Gesamtklassement zurück, einen Rang hinter das gesetzte Ziel. Fromm, 32, lag dennoch mit Freudentränen in den Armen von Bundestrainer Felix Koslowski, das handgeschriebene "Danke-Captain"-Plakat ihrer Mannschaft im Blick. "Mein Herz blutet, dass ich dieses Team verlassen werde", sagte Fromm, und, bezüglich des verlorenen Spiels: "Unsere Emotionen waren aufgebraucht, am Schluss waren die Akkus leer."

Das Bild mit dem leeren Akku bekommt eine besondere Bedeutung bei Maren Fromm, die Brinker hieß, bevor sie im vorigen Jahr den Volleyball-Nationalspieler Christian Fromm heiratete. Als 16-Jährige fühlte sie sich plötzlich matt und abgeschlagen, ihr Durst war fast grenzenlos. Als sie bei 1,86 Metern Körpergröße nur noch 48 Kilo wog, ging die Jugendnationalspielerin zum Arzt. Diagnose: Typ-1-Diabetes. Ihre Spitzensport-Karriere schien beendet zu sein, bevor sie richtig begonnen hatte. Doch sie blieb beim Volleyball, ging zur Diabetesberatung, maß mehrere Male täglich ihren Blutzucker und trug die Werte ständig in ein Programm auf ihrem Laptop ein. Sie spürte, dass das doch funktionieren könnte: Volleyballprofi zu werden trotz des Handicaps, mit dem sie immer offen umging. Heute berät sie auch Familien, deren Kinder ebenfalls Diabetes haben.

In Nagoya hat Fromm neben dem so wichtigen Traubenzucker einen neuen Sensor dabei, der ihr in Auszeiten auch während der Spiele binnen einer Sekunde den Blutzuckerwert anzeigt. Der Teamarzt überwacht die Werte. "Wenn man während des Spiels unterzuckert, dann gibt es eine akute Gefahr", sagte Fromm nach ihrem letzten Spiel. Auch deshalb ist die Außenangreiferin so gewissenhaft bei der Kontrolle ihrer Werte. Ohne diese Akribie wäre sie auch nie zu einer solchen Führungsfigur bei den deutschen Frauen geworden, auch nicht EM-Zweite 2011 und 2013 sowie Deutschlands Volleyballerin des Jahres 2015 und 2016. In Fromm tritt nun eine der letzten aus der alten, erfolgreichen Generation ab und forciert so auch den Umbruch: Alleine neun Spielerinnen hatten in Japan ihr WM-Debüt, und gerade Diagonalspielerin Louisa Lippmann, die lange Zeit die Turnier-Scorerliste anführte, wird eine große Zukunft vorhergesagt. Platz elf im 24er-Feld ist ein guter Anfang, zumal den Deutschen gegen den Mitfavoriten Brasilien (3:2) eine große Überraschung gelang.

Fromm ist andererseits auch froh, dass Schluss ist, nach mehr als zehn Jahren im Nationalteam, nach sechs Jahren bei Klubs in Italien, Polen, der Türkei. In der jüngsten Saison hatte sie in der Türkei den Spaß am Sport verloren, zum ersten Mal in ihrem Leben. Vieles im Verein sei unorganisiert gewesen, planlos, "ich musste mich zum Training schleppen". Auch deshalb wollte sie noch zu dieser WM - und war in überragender Form. Den Abend nach dem letzten Spiel genoss Fromm, endlich einmal ging es raus aus dem Hotel, nach neun Spielen binnen 13 Tagen: ins nächste Burger-Restaurant.

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