Volleyball:Koslowskis Plan

25 08 2018 ÖVB Arena Bremen Volleyball Länderspiel Laenderspiel Deutschland vs Niederlande An

Aus Shanghai zurück ins Team: Auf Louisa Lippmann konzentrieren sich die Olympia-Hoffnungen in der deutschen Mannschaft.

(Foto: Conny Kurth/imago)

Deutschlands Volleyballerinnen wollen ihre Olympiachance beim Qualifikationsturnier in den Niederlanden nutzen.

Von Sebastian Winter

Der Plan von Felix Koslowski, vor allem aber der von seiner Frau - steht. Am 12. Januar möchte Koslowski, der Bundestrainer, mit den deutschen Volleyballerinnen das Finale des Olympia-Qualifikationsturniers in den Niederlanden gewinnen. Nur der Sieger dieses Achterturniers reist im Sommer zu den Spielen nach Tokio. Nach dem ultraharten Wettbewerb in Apeldoorn steht dann die Geburt des vierten Kindes der Koslowskis auf dem Programm. "Wir haben das klar geplant, dass es nach dem Turnier zur Welt kommt. Ich möchte da auch dabei sein. Und meine Frau ist in diesem Bereich inzwischen Profi", sagt Koslowski, der Familienvater.

Ob er sich und seine Spielerinnen dann Olympiateilnehmer nennen darf, ist unwägbarer als die Niederkunft im Hause Koslowski. Denn die Qualifikation ist 2020 so schwer wie kaum eine zuvor. Das gilt auch für die deutschen Männer, die ihr entscheidendes Turnier fast zeitgleich in Berlin austragen. Die Mannschaft von Bundestrainer Andrea Giani gewann am Montagabend 3:0 (25:18,25:23, 26:24) gegen Belgien. Mit einem Sieg im letzten Vorrundenspiel am Dienstag (20.10 Uhr/Sport1) gegen Slowenien würde das Team als Erster ins Halbfinale einziehen. "Es ist schwieriger, sich zu qualifizieren, als dann bei Olympia eine Medaille zu gewinnen", sagte Giani. Koslowski findet: "Holland ist der Topfavorit, danach die Türkei. Aber wenn man es ins Halbfinale schafft, und das ist unser Ziel, dann hat jede Mannschaft eine Chance. Wir haben eine unglaubliche Sehnsucht, in Japan dabei zu sein."

Woher diese Sehnsucht rührt, liegt auf der Hand: 2004 waren die deutschen Volleyballerinnen letztmals bei den Spielen, in Athen war für sie bereits nach der Vorrunde Schluss. 2008, 2012 und 2016 scheiterten sie in der Qualifikation. Aus jeweils zwei Vierergruppen werden nun zunächst die Halbfinalisten ermittelt. Die DVV-Auswahl trifft zum Auftakt in Gruppe B an diesem Dienstag auf den EM-Zweiten Türkei, am Mittwoch auf Belgien und am Freitag auf Kroatien. "Die Türkei wird nicht unser Do-or-die-Spiel. Wir müssen gegen Belgien und Kroatien gewinnen, um ins Halbfinale zu kommen", sagt Koslowski.

Bei der EM 2019 überzeugten die Frauen in der Gruppenphase, scheiterten dann aber im Viertelfinale unglücklich 2:3 an Polen. Die Mannschaft befindet sich mitten im Reifeprozess, ihr Generationenwechsel ist so gut wie abgeschlossen. Bei der WM 2018 in Japan ging der Stern von Louisa Lippmann auf, zwischenzeitlich war sie Topscorerin und beste Aufschlägerin des Turniers. Als die Deutschen damals Brasilien, den Olympiasieger von 2008 und 2012, erstmals bei einer WM bezwangen, gelangen Lippmann 36 Punkte. Das Turnier schlossen die Deutschen dennoch auf Platz elf ab, danach trat Kapitänin Maren Brinker zurück; als eine der letzten Spielerinnen der silbernen Generation um Margareta Kozuch und Angelina Grün, die 2011 und 2013 EM-Zweiter wurde.

Lippmann wechselte 2018 aus Schwerin nach Florenz, seit dieser Saison spielt sie in Shanghai. Dort, in China, hat sich auch für Top-Volleyballer ein neuer Markt eröffnet, wo mit die höchsten Gehälter gezahlt werden. Gemeinsam mit der US-amerikanischen Olympia-Zweiten Jordan Larson ist Lippmann die einzige Ausländerin im Team, die Liga erlaubt nur zwei nicht-chinesische Profis. "Auf Louisa schnüren wir große Hoffnungen. Wenn sie überragend spielt, haben wir eine Chance", sagt Koslowski. Kurz vor Weihnachten wurde die 25-Jährige zum dritten Mal in Serie als Deutschlands Volleyballerin des Jahres ausgezeichnet. Seit dem ersten Weihnachtsfeiertag bereitet sie sich mit der Mannschaft in Kienbaum auf die Qualifikation vor, eine kurze Zeitspanne, was auch Koslowski nicht unproblematisch findet.

Der Bundestrainer sieht zugleich in der Rückkehr von Zuspielerin Lena Möllers (Vilsbiburg), die erstmals seit August 2017 wieder im Kader steht, weil Pia Kästner (Stuttgart) verletzt ist, ein gutes Zeichen - vor allem im Block, wo die fast 1,90 Meter große Möllers aushelfen soll. Kapitänin Denise Hanke (Schwerin), das Gehirn des deutschen Spiels, ist als Zuspielerin aber weiterhin gesetzt. "Wir haben nicht die absoluten Killer im Team, wie die Polinnen", sagt Koslowski, "aber Hanna hat das physische Potenzial dazu."

Unabhängig vom Ergebnis wünscht sich Koslowski künftig einen faireren Modus, der dem so starken Volleyball-Kontinent Europa noch mehr Chancen auf eine Olympia-Teilnahme bietet, "auch wenn die Vielfalt dazugehört". Doch nun freut sich der 35-Jährige erst einmal "auf unser wichtigstes Turnier seit vier Jahren". Und im Anschluss daran auf sein viertes Kind.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: