Volleyball:Duell auf der Diagonalen

Stuttgart , Volleyball Bundesliga Playoffs Finale Spiel 2 , Allianz MTV Stuttgart vs. Dresdner SC , von links: Maja Sto

Lebensversicherungen in ihren Teams: Dresdens Maja Storck (links) attackiert diesmal, Stuttgarts Krystal Rivers blockt.

(Foto: Hansjürgen Britsch/imago)

Dresdens Volleyballerinnen wehren mit ihrem 3:2-Heimerfolg Stuttgarts ersten Matchball in der Playoff-Finalserie ab - auch weil ihre Hauptangreiferin Maja Storck noch überragender spielt als auf der anderen Seite die sprunggewaltige Krystal Rivers.

Von Sebastian Winter, Dresden/München

Wenn diese Finalserie zwischen Dresdens und Stuttgarts Volleyballerinnen in der kommenden Woche entschieden sein wird, am Mittwoch im vierten oder doch erst am Samstag im fünften Spiel, dann haben zwei Namen sie besonders geprägt: Maja Storck und Krystal Rivers. Es sind die Namen der beiden Diagonalspielerinnen, also von jenen Angreiferinnen, die im Normalfall die meisten Punkte für ihre Mannschaft machen, vorne am Netz, aus dem Hinterfeld, aus fast allen Lagen - und oft auch die entscheidenden. Gelten die Zuspielerinnen als Regisseurinnen in diesem Sport, so sind die Diagonalspielerinnen die Vollstreckerinnen im Angriff.

Dresdens 3:2 (30:28, 22:25, 25:20, 19:25, 15:12)-Heimerfolg über Allianz Stuttgart im dritten Finalspiel war ein Paradebeispiel dafür, wie prägend zwei Profis auf dieser Position sein können. Die Schweizerin Storck machte 39 Punkte für den Dresdner SC, der US-Amerikanerin Rivers gelangen 38 für Stuttgart, solche Werte sind absolut außergewöhnlich, zumal Rivers und Storck beide für knapp die Hälfte der Zähler ihrer jeweiligen Teams verantwortlich waren. Nach dem klaren Auftaktsieg der Schwäbinnen in Dresden (3:0) hatte dieses hochwertige Privatduell schon in Stuttgart seinen Anfang genommen, am vergangenen Mittwoch hatten beide ähnliche Werte wie nun am Samstag. Stuttgart gewann dank Rivers mit 3:2 und hätte in der Best-of-five-Serie in Dresden Meister werden können - wenn nicht Storck noch ein wenig konstanter gespielt hätte als Rivers.

"Wir wollten nicht, dass Stuttgart hier Meister wird. Und wir haben Krystal Rivers phasenweise sehr gut im Griff gehabt. Ihre Punkte macht sie trotzdem", sagte Storck nach dem Schlusspfiff beim übertragenden Sender Sport 1. Rivers hatte eben auch ein paar kleinere Schwächephasen, die sich Storck nicht erlaubte. Zunächst wurde sie beim 28:29 geblockt - ein ungünstiger Zeitpunkt, Dresden ging mit 1:0 Sätzen in Führung. Im dritten Satz kam Rivers, an deren Sprungkraft wohl keine andere Bundesliga-Spielerin heranreicht, kaum mehr zu Punkten, während Storck immer besser wurde. Im fünften Satz dann lief Stuttgarts Spiel nur noch über Rivers. Das funktioniert oft beim Meister von 2019, ist aber auch ausrechenbar. Dresden war gerade in dieser Phase variabler, weil es in Jennifer Janiska eine weitere starke Angreiferin auf dem Feld hatte.

Rivers hat eine enorme Athletik und mentale Stärke - die aus zwei niederschmetternden Diagnosen herrühren

Der Wettstreit zwischen Storck und Rivers ist auch einer zwischen zwei sehr unterschiedlichen Charakteren. Dresden hatte die Schweizer Nationalspielerin Storck 2020 von den Ladies in Black Aachen verpflichtet, um eine Lücke auf der Diagonalen zu schließen, wo der Klub jahrelang keine besondere Angriffswucht entfalten konnte. Wenn man das Klischee bedienen will, funktioniert Storck wie ein Schweizer Uhrwerk, "sie ist eine ganz kluge, junge Frau, anständig, charakterfest", sagt ihr Trainer Alexander Waibl - aber wohl noch entscheidender in diesem Playoff-Finale: "Maja hat eine brutale Kraft, ich habe selten so etwas gesehen, trotz inzwischen sechs Jahren Champions-League-Erfahrung."

Rivers lebt noch mehr von ihrer erstaunlichen Athletik und Sprunggewalt, die vielleicht gar nicht mehr so erstaunlich ist, wenn man ihre Lebensgeschichte kennt, die inzwischen auch die Liga für Imagevideos entdeckt hat. Sie kam mit dem Tethered-Spinal-Cord-Syndrom zur Welt, mit steifer, verkürzter Wirbelsäule, deformierten Knochen, manche Organe funktionierten nicht richtig. "Die Ärzte sagten mir, dass ich nie werde laufen können. So habe ich mich entschieden, zu springen", sagt Rivers. Mit 15 hatte sie 20 Operationen hinter sich - und war so weit geheilt, dass sie mit Volleyball begann, in einem Alter, in dem andere längst im Förderkader sind. Vier Jahre später wurde bei ihr auch noch ein bösartiger Tumor entdeckt, den sie mit Chemotherapie binnen eines halben Jahres besiegte. Ihre mentale Stärke hat sie auch in diesen Rückschlägen gewonnen.

Rivers, 26, gilt als Lebensversicherung für Stuttgart, wo sie seit 2018 spielt, auch weil sie wegen der politischen Lage in den USA nicht mehr dorthin zurückkehren wollte. Denselben Part übernimmt gerade Maja Storck in Dresden, obwohl sie erst 22 ist. Ihr Trainer Waibl sagt: "Ich habe vor der Finalserie zu Maja gesagt: ,Wenn du gleichgut bist wie Krystal, dann können wir gewinnen.'" Verloren ist tatsächlich noch nichts in diesem eindrucksvollen Duell.

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