Volleyball:Die Löwen spielen wieder Volleyball

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Bild aus einer anderen Zeit: Die spätere Meistermannschaft des TSV 1860 München bejubelt ihren Punkt. (Foto: Imago)

Der TSV Unterhaching kooperiert mit dem TSV 1860 München - und erhofft sich dadurch mehr Strahlkraft in der Großstadt. Das Ziel ist klar: an die großen, alten Erfolge der Sechziger und ihres damaligen Trainers Stelian Moculescu anknüpfen.

Von Sebastian Winter

Diese Geschichte sollte unbedingt mit Stelian Moculescu beginnen, auch wenn er an diesem Mittwoch nur als Fürsprecher und Zeuge der Vergangenheit aus seiner Heimat Friedrichshafen ins Münchner Zentrum an den Rindermarkt gekommen war. Unterhachings Erstliga-Volleyballer hatten ins schicke Büro eines neuen Sponsors geladen, Parkettboden, Coworking-Bereiche, großflächige Bilder der vernetzten Welt, die noch darauf warten, aufgehängt zu werden. Moculescu saß mittendrin und hörte zu, was die Hachinger da präsentierten. Dann sagte der inzwischen 71-Jährige: "1860 München war die Wiege des Volleyballs, wir haben damals vor im Schnitt 4000 Zuschauern in der Rudi-Sedlmayer-Halle gespielt. Ich wünsche ihnen, dass es funktioniert."

Ein paar Meter weiter hörte Robert Reisinger, der Präsident des TSV 1860 München, dem großen Zampano des deutschen Volleyballs zu, dem Rumänen, der sich 1972 am letzten Tag der Olympischen Spiele in München abgesetzt hatte und ein Jahr später als junger Volleyballprofi zum TSV 1860 München kam. 1973, 1975, 1978 und 1980 wurden die Sechziger mit Moculescu deutscher Meister, fünfmal holten sie in dieser Zeit den DVV-Pokal. Seit 1977 war er ihr Spielertrainer, bis es 1980 offenbar zum Zerwürfnis kam - "um 250000 D-Mark ist es damals gegangen", sagte Moculescu, die der TSV offenbar nicht zahlen wollte. Alte Zöpfe sind das, aber man muss diese Geschichte schon kennen. Die Giesinger waren in den siebziger Jahren ja mal das, was heute die Berlin Volleys sind: der dominierende Verein in diesem Sport. Und der TSV Unterhaching geht nun eine Kooperation mit dem TSV 1860 München e.V. ein.

Deshalb also haben sie den Zeitzeugen Moculescu geladen. Deshalb haben sie auch ein neues Logo kreiert: Darauf lässt der Sechziger-Löwe, in Grün, den Farben des Hauptvereins (und des TSV Unterhaching), einen goldenen Volleyball zwischen seinen Tatzen tanzen - umrahmt von den Namen beider Klubs. Als "TSV Haching München" wollen die Unterhachinger außerdem künftig in der ersten Liga starten, der Weg ist damit vorgezeichnet.

Es geht bei dieser Kooperation vor allem um die Stärkung des Volleyballs in der Stadt, darum, diesem Sport neben den Schwergewichten aus dem Fußball, Eishockey und Basketball einen Platz einzuräumen. Unterhaching hofft auf mehr Strahlkraft, auch im Marketing und in der Kommunikation, 1860 bürgt "mit unserem Namen, Orga-Know-How und unserer Mitgliederstärke", wie Präsident Reisinger sagt. Er wolle sich selbst künftig einige Volleyballspiele ansehen und hoffe, dass sich viele 1860-Fans ihm anschließen. Mittelfristig soll die Volleyballsparte bei den Münchnern wieder aufblühen, mit Jugend-, Freizeit- und Breitensport. Aber eines macht Reisinger klar: "Wir geben keine finanzielle Unterstützung."

"Das Ziel ist ganz klar, mittelfristig das zu erreichen, was Stelian oder wir vor zehn Jahren erreicht haben", sagt Paduretu

Zugleich bleibt die Erstligamannschaft einschließlich der Lizenz, der Spielerverträge, der Spieltagsorganisation und der Vermarktung beim TSV Unterhaching. Dessen Geschäftsführer Mihai Paduretu ist ziemlich froh, dass sein Verein nach dem sportlich erfolgreichen, aber im Frühjahr 2020 abrupt beendeten Dreijahresprojekt mit den Innsbrucker Alpenvolleys nun die Fühler in die nahe Großstadt ausstrecken kann - von Haching nach Giesing sind es nur sieben Kilometer, und nicht 135 wie nach Tirol.

Der TSV Unterhaching wurde mit Trainer Mihai Paduretu viermal deutscher Volleyball-Pokalsieger - und ärgerte die Großen auch ab und an in Playoff-Finals, wie hier 2012 die Berlin Volleys. (Foto: Claus Schunk)

Sportlich hat Paduretu große Pläne: Die kommende Saison soll noch eine des Übergangs werden, die Hachinger - ohnehin das wohl jüngste Team im Oberhaus - haben dort in Abstimmung mit der Volleyball-Bundesliga (VBL) jenen Sonderstatus, den sonst nur die Kaderschmiede des VC Olympia Berlin innehat: Sie spielen die Hauptrunde, nehmen aber nicht an den Playoffs teil (was sie sportlich wohl eh nicht schaffen würden). Absteigen kann ohnehin wie in der vergangenen Saison niemand, das hat die VBL wegen der Corona-Situation so beschlossen. Aber: "Das Ziel ist ganz klar, mittelfristig das zu erreichen, was Stelian oder wir vor zehn Jahren erreicht haben", sagt Paduretu. Zur Einordnung: Generali Haching war zwischen 2009 und 2013 viermal deutscher Pokalsieger.

Herrsching kooperiert mit den Bayern, Haching jetzt mit den Löwen - eine gepflegte Rivalität auch im Randsport

Ob diese Ziele zu realisieren sind oder nicht: Es tut sich jedenfalls einiges im Volleyball in München, und irgendwie ist es schon auch lustig: Die Herrschinger haben es ja vorgemacht mit ihrem Streben in die Stadt und sich mit dem FC Bayern München verbunden, der ihnen künftig Spiele im Audi Dome ermöglicht - wenn die Pandemie es mal zulässt. Die Hachinger kooperieren nun noch weitaus tiefer mit Sechzig. Klingt nach einer gepflegten Rivalität nun auch im Randsport.

Muss nur noch eine Halle her, jedenfalls für den TSV Haching München. Der spielt erstmal weiterhin in seiner 1500 Zuschauer fassenden Arena am Utzweg, weiß aber selbst, dass die Münchner nicht auf Dauer zu Spielen in die Vorstadt fahren wollen und hofft mittelfristig auf eine Halle im Olympiapark - die aber erst noch gebaut werden müsste. "Das wird entscheidend sein. Du brauchst eine Spielstätte, die etwas hergibt", sagte am Mittwoch der Gast vom Bodensee. Dann ging Stelian Moculescu, er hatte noch einen Termin im Café mit Paduretu, seinem alten Weggefährten.

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