Volleyball:Angestrengtes Wachstum

Volleyball: Abgeschlossenes Lehramtsstudium: Philipp Schumann konzentriert sich derzeit dennoch auf Volleyball.

Abgeschlossenes Lehramtsstudium: Philipp Schumann konzentriert sich derzeit dennoch auf Volleyball.

(Foto: Marcel Lorenz/Imago)

Was ist Profitum? Unterhachings Bundesliga-Volleyballer verlieren gegen Berlin und planen mit Mini-Budget weiter in kleinen Schritten.

Von Katrin Freiburghaus

Ein Jahrzehnt ist es her, dass sich die Erstliga-Volleyballer aus Berlin in einem ohne Übertreibung denkwürdigen Meisterschaftsfinale in Unterhaching knapp den Titel sicherten. Als sie am vergangenen Sonntag zum Saisonauftakt bei den Oberbayern gastierten und ungefährdet drei Punkte einheimsten, trafen im Gegensatz zum damaligen Endspiel jedoch Welten aufeinander. Berlin, von seinem potenten Hauptsponsor getragen seit Jahren Finanzprimus der Liga, ist auch in dieser Saison Favorit auf den Titel. Der TSV Unterhaching stellt zwei Jahre nach seinem Wiederaufstieg das Team mit dem kleinsten Budget. Deshalb gibt TSV-Geschäftsführer Mihai Paduretu erneut das mittelfristige Ziel der "vielen kleinen Schritte" aus. Den Oberbayern bleibt angesichts der Konkurrenz wenig anderes übrig: Der Weg an die Tabellenspitze ist in zehn Jahren länger geworden, die Liga so ausgeglichen stark wie womöglich nie zuvor.

Im Gegensatz zu seinen Gegnern - abzüglich des Stützpunktteams VCO - tritt Unterhaching zudem weiter ohne "Profis in dem Sinne" an, wie Paduretu betont; das könne man sich - noch - nicht leisten. Letzteres wundert nach zwei Jahren Pandemie und angesichts der aktuellen Weltlage niemanden, Ersteres ist allerdings zumindest interessant. Bezüglich der Definition, was Profitum sei, bleibt Paduretu philosophisch bis vage und verweist rasch darauf, dass die meisten Spieler arbeiteten oder studierten.

Aus finanziellen Gründen wechselt niemand nach Unterhaching

Zugang Quentin Zeller aus der Schweiz etwa sei nebenher in der IT-Branche tätig. Diagonalangreifer und Kapitän Philipp Schumann aber hat zum Beispiel ein abgeschlossenes Lehramtsstudium in Sport und Chemie. Dass das zum Broterwerb zwischen den Trainingseinheiten im Homeoffice völlig ungeeignet ist, liegt auf der Hand. Momentan spiele er deshalb auch ausschließlich Volleyball, berichtet Schumann. Auf die Frage, wie das zusammenpasse, reagiert Paduretu schmallippig mit der Gegenfrage, ob man den Verdienst sämtlicher Spieler diskutieren wolle, und macht sehr deutlich: Er will das nicht.

Tatsächlich gibt es für die Entwicklung der Hachinger Mannschaft mittelfristig wesentlichere Faktoren, denn daran, dass niemand aus finanziellen Gründen nach Unterhaching wechselt, bestehen ja keine Zweifel. Auch für den neuen Kapitän Schumann, sagt Paduretu, sei Unterhaching nicht erste Wahl gewesen. "Er hat sich erst spät für uns entschieden, aber wir sind froh, dass er zurückgekommen ist", sagt er. Für die Playoffs im Frühjahr hatte der 29-Jährige kurzzeitig das Trikot gewechselt und bei den WWK Volleys Herrsching gespielt. Haching hatte auf eine Teilnahme verzichtet. Das ist in dieser Saison anders. Was banal klingt, ist einer dieser Schritte, von denen Paduretu spricht. Zwischenrunde und Playoffs müssen geplant, organisiert und finanziert werden.

Erneut will niemand in die erste Liga aufsteigen - darunter leidet die Attraktivität des Produkts

Zumal Corona und die unsichere politische Situation dem Wachstum im wirtschaftlichen Bereich zusetzen. Die Lage sei nicht einfach, sagt Paduretu und trauert den Zeiten vor 2019 nach. Auch die waren für den Standort im Süden Münchens bekanntlich keinesfalls einfach, aber man habe zumindest langfristig planen können. "Jetzt sollte man das zwar im Hinterkopf haben, aber eigentlich schaut man Monat für Monat", sagt Paduretu. Wie sehr das nicht nur Unterhaching anstrengt, zeigt der Umstand, dass im Sommer erneut niemand in die erste Liga der Männer aufsteigen wollte.

Dass sich das in einer Staffel mit lediglich acht regulären Teilnehmern irgendwann auf die Attraktivität des Produkts auswirkt, beschäftigt inzwischen auch die Liga. Sie kündigte an, reagieren und sich in Bezug auf ihre Anforderungen auf potenzielle Neumitglieder zubewegen zu wollen. "Das ist sehr gut", sagt Paduretu und fügt hinzu: "Aber auch erzwungen." Von einem breiteren Pool an Aufsteigern würde nicht zuletzt Unterhaching profitieren. Denn gut gespielte, knapp verlorene Sätze wie das 26:28 im dritten Durchgang am Sonntag gegen Favorit Berlin sind zwar kleine Schritte, aber eben keine Punkte.

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