Volleyball:Bittere Selbsterkenntnis

Johannes TILLE ( 6, HER) klaert vergebliche Abwehr von Dorde ILIC ( 1, HER) und Jalen PENROSE ( 14, HER). Volleyball, He; herrsching volleyball

Zu viele Lücken: Herrschings Volleyballer (v. li. Dorde Ilic und Jalen Penrose im Block, Johannes Tille in der Abwehr) machten viele Dinge richtig, verloren aber in den entscheidenden Momenten ihre Konzentration.

(Foto: Oryk Haist/Imago)

Herrschings Volleyballer verlieren völlig unnötig mit 0:3 gegen Frankfurt - und verpassen eine wichtige Gelegenheit, im Kampf um die beste Ausgangsposition vor den Playoffs zu punkten.

Von Sebastian Winter, Herrsching

Normalerweise schickt Max Hauser ein, zwei Stunden nach Spielen eine Sprachnachricht herum, mit einer ersten Einschätzung, wie er die Partie und seine Schützlinge so fand. Die Nachricht ist meist frei von Emotionen, eine nüchterne Analyse des Gebotenen, oftmals garniert mit Lob an den Gegner oder versteckter Kritik an seinen Spielern. Am Samstagabend, nach dem ersten Heimspiel des neuen Jahres gegen die United Volleys aus Frankfurt, schickte Hauser: nichts. Vielleicht hatte der Trainer der WWK Volleys aus Herrsching es schlicht vergessen, die Berichterstatter mit Infos zu füttern. Wahrscheinlicher aber ist, dass Hauser sich einfach zu sehr geärgert hat über die 0:3 (26:28, 22:25, 23:25)-Pleite gegen den Pokalfinalisten Frankfurt, um sie kurze Zeit später schon zu analysieren.

Am Sonntagmorgen kam die Nachricht dann, man merkte ihr an, dass Hauser noch immer ziemlich verärgert war. "Ja, bittere Niederlage gestern, 0:3, schmerzt natürlich sehr", begann Hauser und fuhr fort: "Ein ungünstiges Spiel irgendwie, den ersten und dritten Satz müssen wir beide gewinnen, im ersten sind wir 21:15 vorne und verlieren den. Das war schon so ein bisschen ein Nackenschlag."

Wer im Volleyball so kurz vor dem Satzende mit sechs Punkten führt und verliert, der muss tatsächlich vieles falsch machen. Genau das taten die Herrschinger: Zunächst schlug Dorde Ilic einen Angriff weit ins Aus, dann ließ sich David Wieczorek blocken. Später machte es Luuc van der Ent Wieczorek nach, Herrschings Mittelblocker haben gerade ohnehin eine mittelgroße Formdelle. Als Jalen Penrose dann auch noch einen Angriff ins Netz drosch, was dem US-Amerikaner eigentlich nie passiert, war klar, dass dieser Satz wohl eher an Frankfurt gehen wird. Ausgerechnet Daniel Malescha, der ehemalige Herrschinger, verwandelte mit dem wichtigsten seiner 18 erfolgreichen Angriffe den Satzball.

"Sie pfeifen ein astreines Zuspiel von uns, dann einen Aufstellungsfehler bei eigenem Aufschlag: Da habe ich die Welt nicht mehr ganz verstanden", sagt Hauser

Danach regten sich die Herrschinger fürchterlich über das Schiedsgericht auf, das gleich am Anfang des zweiten Satzes ein paar höchst strittige Entscheidungen traf. "Sie pfeifen ein astreines Zuspiel von uns, dann einen Aufstellungsfehler bei eigenem Aufschlag: Da habe ich die Welt nicht mehr ganz verstanden", sagte Hauser. Und wie das so ist, wenn der Blutdruck steigt und man durch solche Situationen abgelenkt wird, während der Gegner weiter konzentriert bleibt - Herrsching verlor auch diesen Satz.

Es war nicht so, dass sich Herrsching danach aufgab, im Gegenteil. Die Partie gegen Frankfurt war ja als klassisches Sechs-Punkte-Spiel angelegt, Herrsching hatte davor 18 gesammelt, Frankfurt 15, bei einem Sieg hätte Hausers Mannschaft einen schönen, tiefen Graben zwischen sich und die Hessen im Kampf um die Playoffs gezogen. Sie kämpften sich also wieder hinein ins Spiel, führten mit 18:14 und - reihten Missgeschick an Missgeschick: Annahmefehler Tim Peter, gar deren zwei von Jori Mantha, und am Ende, beim 23:24, landete ein Sprungaufschlag von Jalen Penrose Zentimeter im Aus, was symptomatisch war für den ganzen Abend. "Das ist wirklich bitter", schloss Hauser seine Nachricht, "wir haben uns selbst um ein besseres Ergebnis gebracht. Frankfurt hat stark abgewehrt, aber es waren in erster Linie wir selbst."

Herrsching muss Frankfurt nach seiner sechsten Saisonniederlage, der dritten in Serie, in der Tabelle vorbeilassen und ist nur noch Sechster. In den nächsten Spielen trifft das Team ausschließlich auf direkte Konkurrenten im Playoff-Rennen, in Lüneburg, gegen Königs Wusterhausen und in Bühl dürften die Weichen gestellt werden, ob Hausers Mannschaft doch wieder den Sprung auf Platz vier oder fünf schafft - und dann auf einen weniger schweren Gegner im Viertelfinale trifft. Das Rennen ist offen, möglich ist selbst noch, dass der Klub vom Ammersee sich als Neunter nicht einmal für die Playoffs qualifiziert. "Es muss alles passen in dieser ausgeglichenen Liga", sagte Herrschings Libero Ferdinand Tille. Auch die Emotionen: Tille selbst sah nach dem Schlusspfiff nach einem kleinen Plausch mit dem Schiedsrichter noch die rote Karte.

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