Virgil van Dijk:Das ist der teuerste Verteidiger der Welt

Virgil van Dijk: Spielt nun für Liverpool: Virgil van Dijk

Spielt nun für Liverpool: Virgil van Dijk

(Foto: AFP)
  • Beim FC Liverpool konnte die Qualität der Abwehr nie mit der des Angriffs mithalten.
  • Nun gibt der Klub geschätzte 84,5 Millionen Euro für Virgil van Dijk aus, eine neue weltweite Höchstsumme für einen Defensivspieler.

Von Sven Haist, Liverpool

Hinter Virgil van Dijk war ein Tannenbaum zu sehen. Es war, kurz nach Weihnachten, nicht unbedingt die originellste Idee für ein Hintergrundmotiv, die der FC Liverpool auswählte, um seinen neuen Spieler vorzustellen. Doch, so scherzte am Donnerstag in England so mancher: Sie passte damit ganz gut zu dem Transfer, mit dem der Klub ein jahrelanges Versäumnis zu begleichen versucht.

Während der Amtszeit von Jürgen Klopp, der als Trainer seit Oktober 2015 an der Anfield Road arbeitet, konnte die Qualität der Abwehr nie mit der des Angriffs mithalten. Kürzlich, beim spektakulären 3:3 beim FC Arsenal, lag der Ball gar binnen vier Minuten und 45 Sekunden drei Mal im Liverpooler Netz. Van Dijk, 26, war schon lange der Wunschkandidat, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Und deshalb wird es nun teuer für den vergleichsweise sparsamen Klub.

Eine neue Höchstsumme für einen Defensivspieler

Um van Dijk aus seinem Vertrag beim FC Southampton während der Saison herauszukaufen, überweist Liverpool geschätzte 84,5 Millionen Euro, eine globale Rekordmarke für einen Defensivspieler. Bislang hielt Manchester City im Preistreiben der europäischen Spitzenvereine den inoffiziellen Weltrekord. Für Rechtsverteidiger Kyle Walker zahlte City im Juli circa 60 Millionen Euro an Tottenham Hotspur. Der neue Richtwert lässt sich vorwiegend mit dem Handlungszwang Liverpools erklären, in der Tabelle mindestens Platz vier für die Qualifikation zur Champions League erreichen zu müssen. Auch die günstige Verhandlungsposition des Ligarivalen spielte eine Rolle. Van Dijk hatte erst vor anderthalb Jahren einen bis Sommer 2022 gültigen Vertrag unterschrieben.

Nun ist es für den FC Liverpool beinahe schon so etwas wie ein Trend, sich in Southampton zu bedienen. Der Klub aus der Hafenstadt im Süden der Insel ist bekannt für seine Spielerausbildung und Marktkenntnis. Ihre Expertisen ließen sich die Saints seit Sommer 2014 mit mehr als 200 Millionen Euro vergüten - allein aus Liverpool. Im Gegenzug verlor der Klub in Sadio Mané, Adam Lallana und Dejan Lovren einige seiner wertvollsten Akteure.

Umso erstaunlicher war deshalb das Vorgehen der Reds, zunächst regelwidrig vor der Saison um van Dijk zu werben. Der Versuch endete in einer Entschuldigung an Southampton und erhöhte nochmals den Preis für van Dijk, der bislang lediglich mit dem schottischen Serienmeister Celtic Glasgow zwei Ligatitel und einen Erfolg im Ligapokal vorzuweisen hat. Für die Niederlande, die an der Qualifikation für die EM 2016 sowie für die WM 2018 scheiterten, kam der Innenverteidiger bislang nur 16 Mal zum Einsatz. Van Dijks Gehalt, kolportiert werden rund 200 000 Euro pro Woche bei einem Vertrag bis 2023, könnte die Hierarchie im Team auf die Probe stellen. "Er ist dieses Geld nicht wert", sagte der frühere Stürmer und Englands Fußball-Meinungsführer Alan Shearer: "Southampton hätte jeden Preis aufrufen können. Sie wussten, dass Liverpool verzweifelt nach einem Innenverteidiger gesucht hat."

Acht Monate lang kein Pflichtspiel gemacht

Von van Dijk, 1,93 Meter groß, erhofft sich Jürgen Klopp endlich eine seriösere Ausstrahlung in der Abwehr. Seine körperliche Wucht und Resistenz, verbunden mit einem guten Kopfballspiel, soll in beiden Strafräumen helfen, die Durchsetzungskraft zu erhöhen. Dabei kam van Dijk auf all seinen Stationen, in Groningen, Glasgow und auch in Southampton, fast immer ohne Verwarnungen aus. Neben der Fähigkeit, das Spiel strukturiert aus der Abwehr eröffnen zu können, besitzt er auch das technische Vermögen, mit diagonalen Pässen die Sprinter der Reds auf den Außenbahnen in Position zu bringen.

Aber: 84,5 Millionen Euro?

Nach einer schweren Knöchelverletzung zu Beginn des Jahres und der zeitweisen Degradierung bei Southampton aufgrund seiner öffentlich kundgetanen Wechselabsicht, bestritt van Dijk acht Monate lang kein Pflichtspiel. Erst im September begnadigte ihn sein Klub. Doch nach Verwerfungen mit Trainer Mauricio Pellegrino und dem Verlust des Kapitänsamtes isolierte sich van Dijk im Team. Bei seinem letzten Spiel für Southampton, einem 1:4 zu Hause gegen Leicester City vor zwei Wochen, fand das Massenblatt Sun, dass er ausgesehen habe wie ein Pub-Spieler.

Barcelona wirbt um Coutinho

Ob der Rekordtransfer einen Angriff Liverpools auf den derzeit um 20 Punkte besseren Tabellenführer Manchester City darstellen kann, wird auch der Ausgang einer anderen Transferposse zeigen. Der FC Barcelona buhlt weiter um die Dienste des heftig umworbenen Spielmachers Philippe Coutinho. Bislang lehnte Liverpool selbst Angebote ab, die an 150 Millionen Euro heranreichen. Ein Verkauf würde die Substanz in der Offensive massiv verringern.

Mustafi auf Platz elf: Die teuersten Abwehrspieler der Geschichte

1. Virgil van Dijk (Niederlande), 84,5 Millionen*

2017 von FC Southampton zum FC Liverpool

2. Benjamin Mendy (Frankreich) 57,5 Millionen

2017 von AS Monaco zu Manchester City

3. John Stones (England) 55,6 Millionen

2016 vom FC Everton zu Manchester City

4. Kyle Walker (England) 51,0 Millionen

2017 von Tottenham Hotsp. zu Manchester City

5. David Luiz (Brasilien) 49,5 Millionen

2014 vom FC Chelsea zu Paris St. Germain

6. Rio Ferdinand (England) 46,0 Millionen

2002 von Leeds United zu Manchester United

7. Nicolas Otamendi (Argentinien) 44,6 Mio.

2015 vom FC Valencia zu Manchester City

8. Leonardo Bonucci (Italien) 42,0 Millionen

2017 von Juventus Turin zum AC Mailand

9. Thiago Silva (Brasilien) 42,0 Millionen

2012 vom AC Mailand zu Paris St. Germain

10. Lilian Thuram (Frankreich) 41,5 Millionen

2001 vom AC Parma zu Juventus Turin

11. Shkodran Mustafi (Deutschland) 41,0 Mio.

2016 vom FC Valencia zum FC Arsenal

*Angaben in Euro

Das Ausarten der Ablösesummen hatte Jürgen Klopp persönlich noch im Vorjahr scharf kritisiert. "An dem Tag, an dem das Fußball ist, werde ich meinen Job nicht mehr machen", hatte Klopp im Sommer 2016 über den Wechsel von Paul Pogba zu Manchester United für 105 Millionen Euro gesagt: "Wenn ich Geld ausgebe, dann nur, um ein echtes Team aufzubauen."

Der Druck, der nun auf Virgil van Dijk lastet, ist also ziemlich groß.

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