Vierschanzentournee vor dem Start:Hunger auf Skispringen

Deutsche und Norweger glauben, bei der Vierschanzentournee den übermächtigen Österreichern Paroli bieten zu können. Ein Hannawald-Nachfolger wird Millionär und in Garmisch haben die Organisatoren den Kampf gegen den Wind aufgenommen. Zehn Dinge, die Sie vor der 60. Vierschanzentournee wissen sollten.

Matthias Kohlmaier

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Vierschanzentournee vor dem Start:Wer wird Millionär?

Skispringer spielen 'Wer wird Millionaer?'

Quelle: dapd

Zehn Dinge, die Sie vor der 60. Vierschanzentournee wissen sollten.

Wer wird Millionär?

Am Donnerstag startet die 60. Vierschanzentournee, es ist aber nicht das einzige Jubiläum bei der wichtigsten Veranstaltung des internationalen Skispringens. Vor genau zehn Jahren gewann Sven Hannawald als einziger Springer alle vier Wettbewerbe am Stück. Nun haben die Organisatoren eine Sonderprämie ausgelobt: Wiederholt ein Springer Hannawalds Siegesserie, ist er um eine Million Schweizer Franken reicher.

Davon sind jedoch nicht alle begeistert - DSV-Trainer Werner Schuster bezeichnete es als "gelungene Marketingmaßnahme" und fügte an: "Es wäre besser, das Gesamtlevel beim Preisgeld anzuheben." Schuster bezieht sich dabei auf die vergleichsweise geringen Preisgelder im Weltcup: Für einen Sieg bekommt der Springer hier 8.000 Euro.

Und Sven Hannawald? Der wünscht sich, dass sein Rekord trotz der Aussicht auf einen siebenstelligen Bonus unangetastet bleibt: "Ich hoffe natürlich, dass das keiner mehr schafft!"

Texte: Matthias Kohlmaier

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Vierschanzentournee vor dem Start:Wind

Olympiaschanze in Garmisch vor der Vierschanzentournee.

Quelle: imago sportfotodienst

Skispringen ist eine Freiluftsportart und als solche den Bedingungen unterworfen, die die Natur bereitstellt. Durch die veränderte Punktewertung hat die Fis versucht, Chancengleichheit herzustellen: Seit dem vergangenen Winter bekommen die Springer je nach Rücken- oder Aufwind Plus- oder Minuspunkte, ebenso falls die Anlauflänge während eines Durchgangs verändert wird.

Um die Bedingungen für alle Teilnehmer noch fairer zu gestalten, haben die Verantwortlichen in Garmisch auf die sehr speziellen Windbedingungen reagiert: mit einem 1.500 m² großen Windnetz. Das soll den thermischen Nachmittagswind, der an der Olympiaschanze traditionell gegen 14 Uhr einsetzt, dämpfen. Das Neujahrsspringen 2011 musste noch windbedingt nach einem Durchgang abgebrochen werden.

Alfons Schranz, Präsident der Vierschanzentournee: "Es freut mich, dass wir jetzt in Garmisch-Partenkirchen die zweite Tourneeschanze mit einem Windnetz belegen." Bei der dritten Tourneestation in Innsbruck arbeiten die Organisatoren seit Jahren mit einem Windschutz.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Richard Freitag und die Deutschen

Germany's Freitag soars through the air during the ski jumping World Cup event in Harrachov

Quelle: Reuters

Der Deutsche Skiverband geht mit zwei potenziellen Siegspringern in die Vierschanzentournee. Richard Freitag und Severin Freund standen in der laufenden Saison bereits auf dem Podium, der 20-jährige Freitag in Harrachov sogar ganz oben.

"Sie können alle Springer der Welt schlagen, nicht nur die Österreicher", freut sich Bundestrainer Werner Schuster, selbst in Österreich geboren. Die Erfolge der DSV-Springer schlagen sich auch wirtschaftlich nieder: Eintrittskarten für die Wettbewerbe in Oberstdorf und Garmisch verkauften sich deutlich besser als in den Vorjahren. "Deutschland ist hungrig auf Skispringen", meint Schuster.

In Oberstdorf und Garmisch starten für den DSV neben Freitag und Freund Martin Schmitt, Stephan Hocke, Maximilian Mechler, Andreas Wank, Michael Neumayer, Felix Schoft und Pascal Bodmer. Aus dem B-Kader kommen Daniel Wenig, Markus Eisenbichler und David Winkler dazu. Die sechs stärksten Springer werden für die Wettbewerbe in Innsbruck und Bischofshofen nominiert.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Martin Schmitt

Martin Schmitt

Quelle: dpa

Ob Martin Schmitt dann noch dabei ist, scheint fraglich. Der 33-Jährige kann nicht an die Leistungen längst vergangener Tage anknüpfen und steht derzeit im Gesamtweltcup auf Rang 49. Im internen DSV-Ranking liegt er auf dem siebten Platz.

Schmitt, der von Werner Schuster zwischenzeitlich schon aus dem Weltcup-Team gestrichen worden war, freut sich trotzdem auf seine 16. Tournee: "Die Faszination ist ungebrochen, die Stimmung in den Stadien ist fantastisch." An eine Leistungsexplosion Schmitts mag indes auch Deutschlands Cheftrainer nicht glauben: "Es wird eine heikle Aufgabe für ihn. Nach Garmisch wissen wir mehr."

Trotz des unbefriedigenden Saisonverlaufs verschwendet Schmitt "momentan keinen Gedanken daran", seine Laufbahn zeitnah zu beenden. Seine 16. Vierschanzentournee könnte trotzdem seine letzte sein.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Die Österreicher

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Quelle: AFP

Skispringen, das hieß in den vergangenen Jahren meistens: Österreich gegen den Rest der Welt. So auch bei der Vierschanzentournee: Mit Wolfgang Loitzl, Andreas Kofler und Thomas Morgenstern triumphierte Österreich bei den vergangenen drei Auflagen, bei neun der vergangenen zwölf Tourneespringen siegte ein Österreicher.

Auch 2011/12 spricht fast alles für einen österreichischen Sieg. Andreas Kofler (links im Bild) reist als Führender im Gesamtweltcup an, Gregor Schlierenzauer (rechts im Bild) und Thomas Morgenstern (Zweiter von links) liegen auf den Plätzen drei und fünf. Cheftrainer Alexander Pointner ist sich offenbar siegessicher und verpasste den Nachbarn einen kleinen Seitenhieb: "Ich glaube nicht, dass die Deutschen auf den Kampf um den Gesamtsieg mental auch nur im Entferntesten so gut vorbereitet sind wie wir."

Besonders Schlierenzauer, Kofler und Morgenstern sind es gewöhnt, um die vorderen Plätze zu springen und kennen die Situation, im zweiten Durchgang als Letzter vom Bakken zu gehen. Bei der psychisch sehr anstrengenden Tournee könnte das ein entscheidender Vorteil sein.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Gregor Schlierenzauer

Schlierenzauer Wett-Favorit auf Tournee-Sieg

Quelle: dapd

Die österreichischen Skispringer wähnten sich bereits in einem Déjà-vu: Gregor Schlierenzauer war im zweiten Durchgang von Engelberg im dichten Schneetreiben bei der Landung gestürzt. Muss er wieder auf die Tournee verzichten? Wie 2010 - damals stürzte Schlierenzauer bei einem Trainingssprung in Seefeld, verpasste die beiden ersten Tourneestationen. Diesmal gab das österreichische Team Entwarnung, die Tournee sei nicht in Gefahr.

Dort zählt für Schlierenzauer nur eins: der Titel. Olympiagold, WM-Titel und den Gesamtweltcup hat er bereits geholt, nur der Sieg bei der Tournee fehlt noch. Vor der Saison hatte der 21-Jährige erklärt: "Mein großes Ziel ist die Vierschanzentournee. Alles andere habe ich ja schon gewonnen."

Bei den Wettanbietern ist er jedenfalls Favorit: Wer auf einen Gesamtsieg Schlierenzauers tippt, bekommt für seinen Einsatz gerade mal eine Quote von 2,75:1.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Simon Ammann

Ammann of Switzerland reacts after taking ninth place in the individual large hill ski jumping World Cup in Engelberg

Quelle: REUTERS

Noch einer, der schon alles gewonnen hat - außer dem Titel beim prestigeträchtigsten Event im Skispringen. Simon Ammann war zweimal Zweiter und einmal Dritter im Endklassement der Tournee, zum ersten Sieg eines Schweizers reichte es nie.

Soll der gelingen, wird es langsam Zeit, denn Ammann ist 30 Jahre alt und damit einer der älteren Teilnehmer im Feld. Dazu kommt, dass mit Andreas Küttel sein langjähriger Weggefährte und Trainingspartner im Schweizer Team seine Karriere vor der Saison beendet hat, an Nachwuchs von Weltcup-Format mangelt es den Eidgenossen.

Ob Ammann die Form für einen Tourneesieg hat, ist jedoch nach dem bisherigen Saisonverlauf fraglich. Bei bisher sechs Starts im Weltcup schaffte der vierfache Olympiasieger noch keine Podiumsplatzierung.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Die Norweger um Anders Bardal

Bardal of Norway celebrates after winning the individual large hill ski jumping World Cup in Engelberg

Quelle: REUTERS

Bei den Norwegern hieß es vor der Saison: Alles auf Anfang! Die Ära von Cheftrainer Mika Kojonkoski ging nach neun Jahren zu Ende, für ihn übernahm der Österreicher Alexander Stöckl - mit großem Erfolg. Stöckl (links im Bild) änderte die Philosophie im norwegischen Team: Standen unter Kojonkoski noch die Fliegertypen à la Björn Einar Romören im Mittelpunkt, legte Stöckl den Fokus auf die Verbesserung der Absprungleistung.

Und brachte damit besonders Anders Bardal (rechts im Bild) ganz weit nach vorne. Der zählt zu den athletischeren Springern und hat sich  - im fortgeschrittenen Skispringeralter von 29 Jahren - durch Stöckls Trainingsschwerpunkte zum Siegspringer entwickelt. Bei den vergangenen fünf Weltcups belegte Bardal immer einen Platz unter den Top vier. Dank dieser beeindruckenden Konstanz gilt er plötzlich als echter Herausforderer der Österreicher.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Gewichtsproblematik

Thomas Morgenstern und Kamil Stoch posieren.

Quelle: imago sportfotodienst

Wer im Skispringen Erfolg haben will, der muss sein Gewicht in der Nähe der Magersuchtsgrenze halten - so die lange Zeit gültige Maxime. Um dem sukzessiven Herunterhungern der Athleten entgegenzutreten, führte die Fis bereits 2004 die sogenannte BMI-Regel ein und verschärfte diese im Vorfeld der laufenden Saison noch einmal. Wer mit einem Ski springen will, der die maximal erlaubte Länge und damit den besten Auftrieb besitzt, muss einen BMI von mindestens 21 aufweisen. In der Vorsaison hatte noch ein Wert von 20,5 gereicht.

Heißt: Ein 1,80 Meter großer Springer muss mindestens 68,04 Kilogramm wiegen, sonst muss er kürzere Ski nehmen. Die Regel wird jedoch nicht von allen Seiten für gut befunden, Ex-Springer Andreas Goldberger übte harsche Kritik: "Derzeit ist es so - darauf würde ich wetten -, dass von den 30 Topspringern im Weltcup höchstens fünf mit der maximalen Skilänge springen. Diese Situation müsste einem zu denken geben."

Richard Freitag hat beispielsweise nur einen BMI von etwa 19,4 (58 Kilo bei 1,73 Metern; Angaben laut Homepage des DSV) - und ist trotzdem sehr erfolgreich.

Im Bild: Thomas Morgenstern, r., und Kamil Stoch beim Sommer-Grand-Prix in Einsiedeln im August 2011.

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Vierschanzentournee vor dem Start:Generationenwechsel

Adam Malysz und Janne Ahonen beenden ihre Karriere.

Quelle: imago sportfotodienst

Die Alten gehen, die Jungen rücken nach: Einige arrivierte Springer haben ihre Karrieren beendet - Janne Ahonen (Bild, rechts), Adam Malysz (Mitte) und Andreas Küttel sind die prominentesten Beispiele. Mit teilweise weitreichenden Folgen für ihre Verbände.

Besonders gravierend sind die Probleme in Finnland - dass der derzeit im Gesamtweltcup bestplatzierte Finne auf Rang 18 mit Anssi Koivuranta ein ehemaliger Nordischer Kombinierer ist, sagt alles. Die Skisprung-Nation Finnland muss sich damit abfinden, mit Tschechien, Slowenien und Japan um Plätze im Mittelfeld zu kämpfen.

Bei den Polen ist der Übergang in die Post-Malysz-Ära etwas besser geglückt. Kamil Stoch schaffte immerhin zwei Podestplätze in dieser Saison. In der Schweiz ist die Situation dramatischer: Sollte Simon Ammann bald aufhören, wäre das wohl das Ende des Schweizer Weltcup-Teams.

© sueddeutsche.de/mkoh/hum
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