Die deutschen Skispringer haben beim Neujahrsspringen der Vierschanzentournee einen großen Dämpfer hinnehmen müssen und sind schon vor der zweiten Hälfte des Traditionsevents abgeschlagen. Hoffnungsträger Karl Geiger (131,5 und 131 Meter) kam am Sonntag bei frühlingshaften Temperaturen und herrlichem Sonnenschein in Garmisch-Partenkirchen nicht über Rang elf hinaus.
Olympiasieger Andreas Wellinger zeigte bei der nächsten Machtdemonstration des Norwegers Halvor Egner Granerud (140 und 142 Meter) als Achter eine ordentliche Leistung, verlor auf die Tournee-Spitze aber auch viele weitere Punkte. 21 Jahre nach dem bislang letzten deutschen Triumph durch Sven Hannawald dürfte das Warten auf den goldenen Adler wohl mindestens ein weiteres Jahr andauern. Geiger hatte sowohl in der Quali an Silvester als auch im Wettbewerb an Neujahr große Probleme in der Anlaufspur.
An seinen konkurrenzfähigen Oberstdorf-Auftritt als Vierter konnte der 29 Jahre alte Topathlet des Teams von Bundestrainer Stefan Horngacher nicht anknüpfen. Die Topfavoriten um Tagessieger Granerud und sein polnischer Rivale Dawid Kubacki als Dritter boten den 20 000 Zuschauern, die teilweise im T-Shirt kamen, bei prächtigem Wetter und bis zu 15 Grad eine großartige Flugshow zum Start in das Jahr 2023.
Der Slowene Anze Lanisek legte nach einem schwächeren Start in Oberstdorf diesmal los und wurde hinter Granerud Zweiter. Deutschlands Chefcoach Horngacher hatte trotz großer Probleme in den Trainingssprüngen noch Optimismus geäußert. "Wir haben noch Reserven. Ich hoffe, dass die Jungs aufs Pedal steigen. Ich bin eigentlich sehr zuversichtlich. Ich sehe starke Reserven beim Karl", sagte der 53-Jährige in der ARD.
Im Wettbewerb sah es dann anders aus. Immerhin die Fans ließen sich die Stimmung vom durchwachsenen deutschen Resultat nicht vermiesen. Die Laola lief durch das ausverkaufte Stadion, nach zwei Jahren coronabedingter Zuschauer-Pause hatten einige Fans offensichtlich vieles nachzuholen. Vor dem dritten Springen am Mittwoch (13.30 Uhr/ARD und Eurosport) am Bergisel in Innsbruck dürfte es für das deutsche Team nun maximal noch um das Gesamtpodest gehen - wenn überhaupt.
Denn selbst das wird bei der Konkurrenz um Granerud, Kubacki, Lanisek und den Polen Piotr Zyla zu einer schwierigen Aufgabe. Geiger und Wellinger liegen umgerechnet mehr als 30 Meter hinter Granerud, der zielsicher in Richtung Titel springt. In vier der vergangenen fünf Jahre hatte es ein deutscher Athlet bei dem berühmten Wettbewerb am 1. Januar aufs Podest geschafft. Für einen solchen Erfolg herrschte bei den Experten diesmal nach dürftigen Weltcup-Wochen nur bedingt Zuversicht.
"Die Chancen aufs Podium sind da. Sieg würde ich jetzt mal weglegen, aber die Chancen aufs Podium sind da", sagte Hannawald mehr als zwei Jahrzehnte nach seinem Sieg auf der Großen Olympiaschanze in seiner heutigen Funktion als TV-Experte. Anders als Wellinger und Geiger, die beim Großereignis zur erweiterten Weltspitze zählen, läuft es beim deutschen Rekord-Weltmeister Markus Eisenbichler weiter schlecht.
Wie zum Start am Schattenberg gab es auch diesmal keine Punkte für "Eisei". "Es war schon ein bisschen schwieriger. Der Wind zieht von rechts nach links. Ich bin durchgesackt. Ich lasse mich da nicht herunterziehen, weil ich hier auch gute Sprünge gezeigt habe", sagte der 31-Jährige. Diesmal äußerte er aber keinerlei Absichten, die Tournee vorzeitig zu verlassen. Stattdessen wolle er in Innsbruck weiter machen und sich "Stabilität erarbeiten".