Skispringen-Coach Horngacher:Besser abheben mit Metallica

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Ruhepol auf dem Trainerturm: Skisprung-Trainer Stefan Horngacher macht auch in schweren Zeiten einen ausgeglichenen Eindruck. (Foto: Wagner/Imago)

Skisprungtrainer müssen auch einfühlsame Psychologen sein - der deutsche Chefcoach Stefan Horngacher spielt deshalb Gitarre, zum Ausgleich. Ein Grundmodell, das sich auf verlockende Weise ausbauen ließe.

Glosse von Volker Kreisl, Innsbruck

Alle reden über die Skispringer, wie sie anfahren und abspringen, wie sie fliegen und sich dann feiern oder ärgern. Alle fühlen mit den armen Helden, die wieder einmal dem tückischen Rückenwind oder den Sichtverhältnissen zum Opfer gefallen sind. Den Skispringern gilt also die volle Empathie der Nation, aber was ist eigentlich mit ihren Trainern?

Die haben keine Wärmestube wie die Springer oben im Schanzenturm. Die Trainer stehen den ganzen Abend auf einem zugigen Stahlpodest neben dem Schanzentisch und zittern mit ihren Schülern. Denen dürfen sie mit einer Fahne den Wink zum Start geben, dann können sie nur noch zuschauen - wie jene zu tief in der Spur hocken, wieder mal zu früh vom Schanzentisch wegspringen und dann unter der berechneten Optimalkurve durchhüpfen. Als habe man ihnen nicht hundert Mal vorgepredigt, wie es geht.

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Da staut sich einiges an in der Seele. Weil Skisprungtrainer aber auch immer irgendwie Psychologen sein müssen, dürfen sie ihre Schüler nie rundmachen, erst recht nicht - wie jetzt - mitten in der prominentesten Kurz-Serie des Winters, der Vierschanzentournee. Manche Coaches joggen daher abends, andere laden ihre Sorgen vielleicht beim Physiotherapeuten ab, wieder andere arbeiten einfach weiter, und Stefan Horngacher, der österreichische Coach der Deutschen, spielt Gitarre.

Lief der Tag schlecht, packt Horngacher die harten Jungs aus: Black Sabbath, Metallica, Guns'n'Roses

Horngachers Freuden sind die schärferen, jaulenden Töne. Wenn er sich im Hotelzimmer zurückzieht, dann stöpselt er die E-Gitarre an seinen Verstärker und legt los. Wobei, es gibt Unterschiede. Lief der Tag gut, bleibt es noch eher harmonisch, manchmal spielt er im Duett mit einem Verbandskollegen. Lief der Tag aber schlecht, musste er sich vielleicht sogar über jemanden ärgern, so erzählte er einmal, dann packt er anderes aus. Black Sabbath, Metallica, Guns'n'Roses, die harten Jungs. Horngacher stellt sein Licht nicht unter den Scheffel, andererseits bleibt er auch bescheiden und gibt nicht etwa damit an, Mark Knopflers elegische Soli zu beherrschen. Insgesamt dürfte es also für alle nützlich sein, dass er beim Spielen auf Reisen immer einen Kopfhörer trägt.

Dennoch, das Grundmodell, seinen Ärger über nervende Kollegen per Klampfe abzubauen, dürfte sehr verlockend werden, wenn man es weiterentwickelt. Es könnte eine Art musikalisches Voodoo werden. Zunächst müsste man mit harmlosen Harmonien einsteigen, lässt diese dann immer chaotischer ineinanderfließen, und schrammelt alles schließlich zu einem hässlichen Klangbrei zusammen, der dann in immer höheren spitzen, stechenden, klirrenden Tönen den Gegner ins Mark trifft.

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Das soll nicht funktionieren? Natürlich tut es das, denn worauf es ankommt, ist die eigene Fantasie. Beim Skisprungtrainer Horngacher klappt es ja auch, er macht, auch in schweren Zeiten, stets einen ausgeglichenen Eindruck.

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