Videobeweis in der Bundesliga:War das jetzt eine klare Fehlentscheidung?

Wann der Video-Assistent in ein Spiel eingreifen darf, ist oft schwer zu sagen. Diese sechs umstrittenen Szenen sollen Klarheit schaffen.

Von Johannes Aumüller

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Videoassistcenter für die Bundesliga

Quelle: dpa

Zwölf Spieltage hat die Bundesliga bisher absolviert - und keiner verging ohne Aufregung um den Videoassistenten. Eine Kernfrage lautet: Wann darf der Assistent eingreifen, der das Spiel parallel auf einem Monitor in einem Schaltraum in Köln verfolgt? Die formale Vorgabe klingt recht klar. Demnach ist es nur in vier Situationen (Tor, Elfmeter, Rote Karte, Spielerverwechslung) der Fall - und nur nach "klaren Fehlern". Doch was ist das, ein "klarer Fehler"? Gemäß dem offiziellen Protokoll liegt ein "klarer Fehler" vor, wenn der Schiedsrichter "seine Entscheidung nach Betrachtung des Bildmaterials unverzüglich ändern würde", heißt es inzwischen beim DFB. Lutz-Michael Fröhlich, Schiedsrichter-Chef und Leiter des Video-Projektes, ist sich aber im Klaren, dass diese Frage Liga und Beobachter bisweilen verunsichert. Aber er wirbt auch um Verständnis, dass sie in manchen Szenen eben nur schwer zu beantworten sei. Deswegen versucht der Verband gerade, Verständnis dafür zu schaffen, wann der Assistent eingreifen soll und wann nicht. Unter der Woche lud er zu einer Pressekonferenz ein, in der nächsten Woche gibt es einen Termin mit den Vereinen. Aus den Beispielen, die Fröhlich dort vorträgt, ergeben sich für die folgenden Spieltage Anhaltspunkte, was für die Schiedsrichter-Bosse ein "klarer Fehler" ist.

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2. Spieltag: Hannover 96 gegen Schalke 04

27 08 2017 HDI Arena Hannover Ligaspiel 1 Liga Hannover 96 vs FC Schalke 04 im Bild Salif San; Videobeweis

Quelle: imago/Joachim Sielski

Handspiele erhitzen wegen der manchmal schwer begreiflichen Regelauslegung oft die Gemüter, ob mit Videobeweis oder ohne. Am zweiten Spieltag bekam Hannovers Salif Sané bei einer Flanke den Ball an die Hand. Der Schiedsrichter griff ein und entschied auf Eckball. Dann meldete sich der Assistent zu Wort. Durfte er das? Ja, sagt Fröhlich. Für die Schiedsrichter-Kommission war es eine klare Fehlentscheidung, die Hand habe über dem Kopf nichts verloren, es hätte Elfmeter geben müssen. Kurios: Der Assistent schaltete sich damals zwar ein, bestätigte dann aber nur die (falsche) Entscheidung des Schiedsrichters. Doppelt kurios: Der damalige Video-Projektleiter Hellmut Krug hatte kurz nach dem Spiel zu dieser Szene noch gesagt, sie sei nicht "klar falsch". Da haben also auch die Schiri-Bosse ihre Meinung geändert.

Die strittige Szene kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit sehen Sie hier im Video.

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10. Spieltag: VfB Stuttgart gegen SC Freiburg

VfB Stuttgart SC Freiburg Deutschland Stuttgart 29 10 2017 Fussball Bundesliga Saison 2017 20; Videobeweis

Quelle: imago/Sportfoto Rudel

Die Empörung der Freiburger war immens. Ihr Abwehrspieler Caglar Söyüncü war beim Lauf Richtung eigenes Tor vom Stuttgarter Daniel Ginczek bedrängt worden und hatte dabei den Ball mit der Hand berührt. Der Schiedsrichter pfiff zunächst nicht, doch nach einer knappen Minute unterbrach er das Spiel - auf Zuruf seines Video-Assistenten. Er ging zur Seitenlinie an den Monitor, prüfte die Szene - und gab wegen des Handspiels dann Freistoß für Stuttgart sowie Rot für Söyüncü, weil der letzter Mann gewesen war. Laut Schiri-Boss Fröhlich war die Intervention aber nicht angebracht, weil keine klare Fehlentscheidung vorgelegen habe.

Die strittige Szene in der 12. Minute sehen Sie hier im Video.

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10. Spieltag: Schalke 04 gegen VfL Wolfsburg

1 Fussball Bundesliga FC Schalke 04 VfL Wolfsburg 28 Spieltag Thilo Kehrer S04 1 Fussball Bund; Videobeweis

Quelle: imago/siwe

Es ist eine Szene, über die in den vergangenen Wochen besonders viel diskutiert wurde. Schalkes Abwehrspieler Thilo Kehrer stoppte den Ball mit einer aktiven Armbewegung und drosch ihn dann weg, selbst Schalkes Manager Christian Heidel sprach von einem "klaren Elfmeter". Doch gemäß der bisher veröffentlichten Meinung des DFB hätte der Videoassistent in diesem Moment nicht eingreifen dürfen. So stellte es der Verbandspräsident Reinhard Grindel vor knapp zwei Wochen erst bei einem Fernseh-Auftritt und dann auch noch in einem Interview auf der DFB-eigenen Internetseite dar. "Das hat der Schiedsrichter der Partie gesehen und sofort darauf entschieden, dass es für ihn kein absichtliches Handspiel gewesen ist. Es gab auch Indizien, die dafür gesprochen haben. Auch wenn der Video-Assistent und vielleicht viele andere Schiedsrichter diese Szene anders bewertet hätten, so sollte der Video-Assistent da nicht einschreiten, weil das eben offensichtlich nicht klar falsch gewesen ist", sagte er da.

Doch das sieht die Elite-Kommission der Schiedsrichter inzwischen anders. Hier nicht Elfmeter zu geben, sei eine klare Fehlentscheidung gewesen, sagt Fröhlich. Der Videoassistent hätte eingreifen sollen.

Die strittige Szene sehen Sie hier im Video.

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3. Spieltag: Hamburger SV gegen RB Leipzig

GER 1 FBL RasenBallsport Leipzig vs Hamburger SV 11 02 17 Leipzig Red Bull Arena GER 1 FBL; Videobeweis

Quelle: imago/Karina Hessland

Timo Werner fiel - und schnell ertönte der Pfiff: Elfmeter. Doch in der Wiederholung zeigte sich eindeutig, dass Hamburgs Albin Ekdal zuerst den Ball gespielt hatte und erst danach Werner am Fuß traf. Also: kein elfmeterwürdiger Vorgang, aber auch keine Schwalbe. Der Schiedsrichter besprach sich kurz mit seinem Videoassistenten, dann nahm er den Elfmeter zurück und gab Eckball. Klarer Fehler, zu Recht korrigiert, alles richtig gemacht, findet Fröhlich.

Den zurückgenommenen Elfmeter am Ende der ersten Hälfte sehen Sie hier im Video.

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5. Spieltag: FSV Mainz gegen Hertha BSC

Yoshinori MUTO MZ Mi ruecklings auf dem Rasen kommt gegen Karim REKIK B Mi Nr 4 im Zweikam; Videobeweis

Quelle: imago/Sven Simon

54 Minuten waren gespielt, da stieß Berlins Karim Rekik im Strafraum den Mainzer Yoshinori Muto zu Boden. Die Mainzer protestierten, aber der Schiedsrichter Tobias Stieler pfiff zunächst nicht. Doch in der nächsten Unterbrechung bekam er vom Video-Assistenten einen Hinweis. Also ging Stieler selbst zum TV-Monitor, schaute sich die Szene noch einmal an - und befand auf Strafstoß. "An dieser Szene sehen wir die Schnittstelle zur klaren Fehlentscheidung. Da wollen wir auch Feedback von Medien, Spielern und Verantwortlichen", sagt Fröhlich, aber die allermeisten empfänden es als Elfmeter. Auch für ihn und die Schiedsrichter-Kommission fällt die Szene letztlich in die Rubrik "klarer Fehler", der Assistent sollte also eingreifen.

Die Szene können Sie hier noch einmal im Video anschauen.

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2. Spieltag: FSV Mainz gegen VfB Stuttgart

26 08 2017 Deutschland Stuttgart Fußball Bundesliga 2 Spieltag Saison 2017 2018 VfB Stuttgar; Videobeweis

Quelle: imago/Pressefoto Baumann

Es war eine doppelte Attacke, derer sich Simon Terodde zehn Minuten vor dem Abpfiff erwehren musste. Der Stuttgarter dribbelte in den Strafraum, erst grätschte von der Seite Giulio Donati heran und berührte ihn, dann warf sich Rene Adler in die Laufbahn und berührte ihn ebenfalls. Der Schiedsrichter pfiff zunächst nicht, doch dann kam aus Köln ein Signal - und es gab doch den Strafstoß. Für Fröhlich war der Eingriff des Videoassistenten nicht korrekt. Die Aktion nicht als Elfmeter zu werten, sei keine klare Fehlentscheidung gewesen, sagt der Schiri-Boss.

Die Szene können Sie hier noch einmal im Video anschauen.

© SZ.de/sonn/jab
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