Videobeweis in der Bundesliga:Selbst Ex-Schiedsrichter Stark ist irritiert

Bayern München - 1899 Hoffenheim

Schiedsrichter Bastian Dankert betrachtet die Videoaufzeichnung in der Münchner Arena.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Gleich im Eröffnungsspiel dieser Bundesliga-Saison offenbart sich, wie viel Konfliktpotenzial nach wie vor in dem digitalen Schiedsrichter-Hilfsmittel steckt.
  • Die Situationen, die die Bayern auf die Siegerstraße bringen, bleiben umstritten.
  • Hoffenheims Cheftrainer Julian Nagelsmann wundert sich: "Ich weiß nicht, wo die Videoassistenten in Köln da gerade waren."

Von Leon Wohlleben

Sogar Wolfgang Stark, zweifacher Schiedsrichter des Jahres und seit einem Jahr im schiedsrichterlichen Ruhestand, war für einen Moment irritiert, als Bastian Dankert am Freitagabend den Elfmeter des Bayern-Profis Robert Lewandowski beim Stand von 1:1 wiederholen ließ. "Ich habe jetzt nicht gesehen, ob ein Hoffenheimer in den Strafraum gelaufen ist, wenn nicht hätte es keine Wiederholung des Elfmeters geben dürfen", sagte Stark, der das Hin und Her von seinem Sitzplatz hinter der Bayern-Bank aus verfolgte.

Was war passiert? Noch bevor Robert Lewandowski schoss, hatte Arjen Robben die Strafraumlinie überquert. Hoffenheims Torwart Oliver Baumann konnte anschließend den Schuss von Lewandowski zwar abwehren, aber nur so unzureichend, dass er vor den Füßen des heraneilenden Robben landete, der den Ball nur noch zum vermeintlichen 2:1 für den FC Bayern einzuschieben brauchte. Dass Robben - und auch drei Hoffenheimer Profis - zu früh in den Strafraum geeilt waren, konnten die Zuschauer im Stadion nur erahnen. Selbst für die geschulten Augen von Wolfgang Stark war es nicht ersichtlich. Eine Aufklärung der Szene an den Videoleinwänden gab es nicht.

Dabei hatten die Verantwortlichen der Deutschen Fußball Liga (DFL) genau das als Neuerung angekündigt. Der Saisonstart zwischen dem FC Bayern und 1899 Hoffenheim (3:1) sollte so etwas wie ein Neuanfang in der konfliktreichen Beziehung zwischen der Bundesliga und dem Videobeweis werden. Die DFL hatte der Technik ein Update verpasst. Diese Verbesserung umfasste einerseits die Einblendungen "Situation", "Überprüfung" und "Entscheidung" über die Stadionbildschirme. Zum anderen hatte man die lange schon geforderten kalibrierten Abseitslinien installiert. Es hätte ein harmonischer Start werden können. Aber die Ironie des Schicksals offenbarte gleich im Eröffnungsspiel dieser Saison, wie viel Konfliktpotenzial nach wie vor in dem digitalen Schiedsrichter-Hilfsmittel steckt - es blieb nach einem unterhaltsamen und temporeichen Spiel mal wieder nur der Ärger über den Videobeweis hängen.

Schon der Elfmeterpfiff ist umstritten

Es herrschte nicht nur in dieser Szene Ratlosigkeit auf den Rängen, die zunächst gute Stimmung kippte und die Fanlager beider Vereine stimmten Schmähgesänge auf den Deutschen Fußball-Bund (DFB) an. Schon den Elfmeterpfiff hatten nicht nur Hoffenheimer für umstritten gehalten. Franck Ribéry war mehr in die Grätsche von Havard Nordtveit reingehüpft, als das er von ihr umgerissen wurde. Nordtveit selbst gab Ribéry nach dem Spiel den Rat, er solle sich die Szene doch selbst noch einmal selber anschauen. "Dann muss er zugeben, dass es kein Elfmeter war", erklärte der Norweger.

Hoffenheims Sportdirektor Alexander Rosen machte dagegen einen anderen Schuldigen aus. "Ich greife da niemanden persönlich an, aber das war einfach eine schlechte Leistung", sagte er in Richtung der Videoschiedsrichter, die bei der Elfmeterentscheidung still blieben. Auch Cheftrainer Julian Nagelsmann wunderte sich: "Ich weiß nicht, wo die Videoassistenten in Köln da gerade waren." Joshua Kimmich attestierte dem Teamkollegen Ribéry in der Situation zumindest eine gewisse Cleverness. "Franck will den Elfmeter." Sein Trainer Niko Kovac war da schon ehrlicher und gab zu: "Ich hätte ihn nicht gegeben."

Zumindest einmal gelang die Choreographie des Videobeweises an diesem Abend vollständig. In der 86. Minute feuerte Leon Goretzka einen Ball Richtung Strafraum, den Thomas Müllers halb-angelegter Arm in das Tor der Hoffenheimer ablenkte. Schiedsrichter Dankert gab den Treffer zunächst, ehe sich wieder seine Kollegen aus Köln meldeten und ihn auf das Handspiel hinwiesen. Während Bastian Dankert die Szene begutachtete, flimmerten parallel endlich die erwarteten Schriftzüge "Situation", "Überprüfung" und "Entscheidung" über die Stadionbildschirme. Das Tor wurde entsprechend aberkannt - und alle im Stadion konnten die Entscheidung nachvollziehen. Inklusive Wolfgang Stark.

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