Videobeweis im Montagsspiel:Wie es zum kuriosen Elfer in Mainz kam

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Guido Winkmann und der Mainzer Pablo de Blasis: Protagonisten eines viel diskutierten Fußballabends in Mainz. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Fußballschiedsrichter Winkmann pfeift im Montagsspiel einen Strafstoß, der die Debatte um den Videobeweis befeuert. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der umstrittenen Szene.

Von Jonas Beckenkamp und Christopher Gerards

Das Spiel zwischen Mainz 05 und dem SC Freiburg hatte eigentlich viele Geschichten zu erzählen. Da war die von Pablo de Blasis, der beide Tore beim Mainzer 2:0 schoss. Da waren die deutlich vernehmbaren Fan-Proteste gegen die Montagsspiele im Allgemeinen. Da war die Tatsache, dass Mainz in der Tabelle der Bundesliga nun Freiburg überholt hat (beide haben 30 Punkte). Aber die Geschichte, die die meisten Menschen hinterher umtrieb, hat es so noch nicht gegeben in der Bundesliga. Sie taucht tief ein in die modernen Regeln des Fußball. Es geht um den Videobeweis und die Frage, wann genau er angewendet werden darf und wo der Schiedsrichter dabei zu stehen hat.

1) Was war los?

Zur Pause stand es 0:0. Das dachten zumindest alle, Schiedsrichter Guido Winkmann hatte ja die erste Hälfte abgepfiffen. Doch er bekam den Hinweis von Video-Assistentin Bibiana Steinhaus, sich eine Szene noch mal anzuschauen. Es ging um eine Flanke des Mainzers Daniel Brosinski, die der Freiburger Marc-Oliver Kempf im eigenen Strafraum mit der linken Hand berührt hatte, kurz vor der Pause. Winkmann hatte das zunächst nicht geahndet. Nach dem Hinweis prüfte er die Szene und entschied auf Elfmeter. De Blasis traf zum 1:0.

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2) War es ein Elfmeter für Mainz?

Ja, in dieser Situation ist ein Elfer-Pfiff sicherlich vertretbar. Freiburgs Verteidiger Kempf steht bei der Hereingabe im Strafraum, er hat seinen Arm weit vom Körper gestreckt und berührt den Ball mit demselben - wenngleich nicht unbedingt absichtlich. Trotzdem: An sich wäre die Szene mit Strafstoß korrekt bewertet.

3) Wo ist das Problem?

Die Problematik der Szene besteht darin, dass nicht klar ist, ob es den Elfmeter nach diesem Hergang eigentlich geben darf. Das Handspiel an sich dürfte unstrittig sein, jedoch hatte es der Schiedsrichter in seiner ursprünglichen Wahrnehmung übersehen. Das Spiel lief weiter und kurz danach pfiff er zur Pause. Entscheidend ist, wie es dann zum Elfmeterpfiff kam und wann die Kontaktaufnahme zwischen Winkmann und der Videoassistentin erfolgte: Klar ist, Winkmann zeigte erst auf den Punkt, nachdem er sich die Szene auf Hinweis von Steinhaus auf dem Bildschirm angeschaut hatte. Das wäre an sich regelkonform, schließlich muss der Spielleiter zur Begutachtung der Szene auf einem Screen ja neben das Feld.

Nun könnte die Sache in diesem speziellen Fall aber durch den Halbzeitpfiff und seine Folgen (den Gang Richtung Kabinen) zum Dilemma werden. Die Regeln des IFAB (International Football Association Board) besagen: "Wenn das Spiel fortgesetzt wurde oder der Schiedsrichter die erste oder zweite Halbzeit (einschließlich Nachspielzeit) beendet und das Spielfeld verlassen oder das Spiel beendet hat, darf der Schiedsrichter eine Entscheidung nicht ändern, wenn er feststellt, dass diese nicht korrekt ist oder von einem anderen Spieloffiziellen einen Hinweis erhalten hat."

Fernsehbilder zeigen klar, dass Referee Winkmann sich im Moment seiner Entscheidung außerhalb des Feldes aufhielt. Andererseits hatte sein Gespräch mit den Aufpassern in Köln über sein Headset womöglich bereits früher begonnen. So berichtet es der Sport-Informations-Dienst. In dem Bericht heißt es, die Entscheidung "war in jeder Hinsicht regelkonform", schließlich würden "Video- und Tonaufzeichnung aus dem Kontrollcenter in Köln belegen, dass die Videoassistentin den Kontakt zu Winkmann aufgenommen hat, als dieser noch auf dem Platz stand."

4) Was sagt Schiedsrichter Winkmann?

Er erklärte nach dem Spiel um Mitternacht seine Entscheidung mit Blick auf die Videobilder vor Journalisten. "Ich habe den weit abgespreizten Arm des Abwehrspielers gesehen, und der Ball geht unzweifelhaft an die Hand", zitiert ihn das Magazin Kicker zum verspätet gepfiffenen Elfmeter. Und: "Das Spiel war nur unterbrochen. Ich habe dann die Anweisung gegeben, dass es weitergeht mit Strafstoß." Ein weiteres Detail hatte Winkmann nach eigener Aussage noch auf dem Platz angesprochen: Bei der Ausführung des Strafstoßes habe er den Spielern schließlich erläutert, dass es keinen Nachschuss geben werde.

5) Wie wahrscheinlich ist jetzt ein Wiederholungsspiel?

Die Frage stellt sich, weil beide Teams um den Klassenverbleib spielen. Durch das 0:2 ist Freiburg hinter die punktgleichen Mainzer auf den Relegationsplatz gerutscht. Einen offiziellen Protest beim DFB hat bislang kein Freiburger angekündigt. Sportvorstand Jochen Saier sagte bei Eurosport über den nachträglichen Elfmeterpfiff: "Das müssen wir akzeptieren. Es wird immer kurioser." Es sei aber "schon regelkonform". Sollten sie sich in Freiburg für einen Einspruch entscheiden oder entschieden haben, hätten sie bis einschließlich Mittwoch Zeit, ihn schriftlich zu addressieren. So sieht es die Rechts- und Verfahrensordnung des Verbandes vor.

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