Videobeweis im Fußball:Bundesliga: Schiedsrichter überwachen aus dem Auto

Video referee

Big Referee is watching you: Ein Schiedsrichter beobachtet das Spiel zwischen Feyernoord Rotterdam und FC Utrecht in einem Van.

(Foto: dpa)
  • Der DFB und die deutschen Schiedsrichter sperrten sich lange Zeit gegen den Videobeweis.
  • Nach mehreren Fehlentscheidungen in der Hinrunde der Bundesliga ändert sich diese Meinung.
  • Der DFB will sich nun an die Spitze der Entwicklung setzen und an einem Versuchsprogramm in den Niederlanden teilnehmen.

Von Johannes Aumüller

Der vierte Spieltag war ein Tag, der den Befürwortern des Videobeweises mal wieder ein prächtiges Argument lieferte: Das war jener Moment, als Knut Kircher einen höchst fragwürdigen Elfmeter für den FC Bayern gegen Augsburg pfiff. Der neunte Spieltag war auch nicht schlechter, da erzielte Hannovers Leon Andreasen in Köln ein Tor per Hand - was bis auf das Unparteiischen-Team alle im Stadion sahen. Bemerkenswert auch Spieltag elf, als Manuel Gräfe bei Wolfsburg gegen Leverkusen ein Abseits-Tor falsch deutete, weil er nicht erkannte, von welchem Bein das Zuspiel erfolgt war.

Bis zum Sommer galten Deutschlands Spitzen in Verband und Schiedsrichterwesen nicht gerade als glühende Befürworter eines Video-Einsatzes, aber einen Kircher, einen Dankert, einen Gräfe und manch andere Situation später ist das anders. Die Referees sind dem Ganzen jetzt nicht nur aufgeschlossen, sondern wollen sich "an die Spitze der Entwicklung setzen", wie das Herbert Fandel, Schiedsrichterchef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), formuliert.

In den Niederlanden laufen Tests

Rein formal sieht es so aus: In den Niederlanden läuft seit Längerem ein Experiment. Im März wollen die einst so technikfeindlichen Regelhüter vom International Football Association Board (Ifab) sowie der Exekutive des Weltverbandes die nächste Phase beschließen - vorausgesetzt, der neue Fifa-Chef erweist sich nicht als eingefleischter Video-Gegner. Im Sommer sollen die Tests beginnen, zunächst begrenzt auf zwei Jahre.

Das ist in Teilen zwar noch vage, aber die deutschen Schiedsrichter haben beschlossen, dabei zu sein. Ganz grundsätzlich wären zwar mehrere Videohilfe-Modelle denkbar, etwa das sogenannte "Challenging", wie es diverse Sportarten von Tennis bis American Football praktizieren. Dabei können die Kontrahenten auf dem Platz mit einem Einspruch eine Schiedsrichter-Entscheidung hinterfragen. Aber das kommt für die Fußballer eher nicht infrage. Sie fürchten aufgeheizte Szenen am Spielfeldrand und taktischen Missbrauch - und orientieren sich am niederländischen Modell, wie Fandel am Donnerstag mitteilte.

In einem Van sitzt ein fünfter Offizieller

Das funktioniert grob gesagt so: Neben dem Stadion sitzen in einem Van ein fünfter Offizieller und ein "Operator", der aus einer Fülle an Kameraaufnahmen schnell die richtigen Bilder heraussuchen kann. Wenn dem fünften Offiziellen etwas auffällt, teilt er das dem Haupt-Schiedsrichter auf dem Platz mit. Möglich ist das aber nur in bestimmten Situationen: bei unmittelbaren Torszenen, bei Platzverweisen und bei Elfmeter-Entscheidungen - und das nur, wenn das Spiel unterbrochen ist. Es ist zu hören, dass die DFB-Schiedsrichter das gerne etwas modifizieren würden und der fünfte Offizielle von außen auch ein ungeahndetes Strafraum-Foul zurufen kann.

Ab Sommer wollen der DFB und die Schiedsrichter-Führung das Modell in ausgewählten Spielen testen. Noch manches Detail ist zu regeln, zum Beispiel die Zeitspanne, in der der Videobeweis gilt. Wenn der Torschütze kurz vor dem Treffer im Abseits stand, kann der Video-Mann eingreifen; doch was ist, wenn der vorletzte Passgeber 15 Sekunden vor dem Tor im Abseits war?

Im ersten Jahr würde der fünfte Mann ohnehin nur im Hintergrund in seinem Van oder sonstwo mitwirken, um Erfahrungen zu sammeln. Bis es einen offiziellen Video-Assistenten gibt, dank dessen Hilfe sich solche Fehler wie in München, Köln oder Wolfsburg vermeiden lassen, kann also noch einige Zeit vergehen.

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