VfL Wolfsburg:Schuld und Sühne

06.03.2021, xtvx, Fussball 1.Bundesliga, TSG 1899 Hoffenheim - VfL Wolfsburg emspor, v.l. Foul Paulo Otavio (VfL Wolfsb

Ein schlimmes Foul: Wolfsburgs Paulo Otavio springt TSG-Stürmer Munas Dabbur von hinten in die Beine.

(Foto: Thomas Voelker/Imago)

Wolfsburg verliert gegen die TSG Hoffenheim erstmals seit langer Zeit ein Bundesliga-Spiel - gesprochen wurde hinterher aber vor allem über ein brutales Foul von VfL-Spieler Paulo Otavio.

Von Thomas Hürner, Sinsheim/Hamburg

Wenn man sich schlechter Angewohnheiten entledigt glaubt, wiegt deren unverhoffte Rückkehr umso schwerer. Egal, ob bei der ersten Zigarette nach jener, die mal die letzte sein sollte, oder beim Gläschen Rotwein, dem man im Fastenmonat einfach nicht widerstehen konnte: Es fühlt sich hinterher selten gut an.

Nun sind Niederlagen für einen Fußballtrainer zwar sicher nicht mit den ungesunden Genussmitteln Nikotin und Alkohol gleichzusetzen, weil das Verlieren ja immer eine ziemlich freudlose Sünde darstellt. Aber nach langer Zeit der rigorosen Entwöhnung war die vergangene Woche für den VfL Wolfsburg eines der fast vergessen geglaubten Negativerlebnisse: Am Mittwoch die 0:2-Niederlage in Leipzig, die gleichbedeutend mit dem Aus im DFB-Pokal war. Und am Samstag nun mit 1:2 bei der TSG Hoffenheim verloren, nach neun ungeschlagenen Bundesliga-Spielen und bis dahin 673 gegentorlosen Minuten in Serie.

Torwart Casteels ist das Ende seiner gegentorlosen Serie "egal"

"Ich bin sowieso ein ganz schlechter Verlierer", berichtete der VfL-Coach Oliver Glasner, der sich vom Gefühl des Verlierens natürlich gerne weiter entfremdet hätte: "Ich hatte angenehme zwei Monate. Da nagt es jetzt in mir." Dass die Wolfsburger trotz der Niederlage weiter auf Tabellenplatz drei stehen, dürfte ihm ein kleiner Trost gewesen sein.

Der VfL-Torwart Koen Casteels konnte jedenfalls noch mit einer gewissen Coolness die Fragen nach seiner blütenweißen Weste parieren, die nach etwas mehr als elf Stunden mit dem ersten TSG-Treffer durch Christoph Baumgartner (8.) ihr Ende nahm. "Egal" sei ihm diese Statistik, sagte der Belgier, der in der ewigen Bundesliga-Bestenliste der gegentorlosen Torhüter-Serien nun offiziell Platz sechs einnimmt, hinter Timo Hildebrand, zweimal Oliver Kahn und zweimal Manuel Neuer. Letztlich, fügte Casteels an, sei nur eines bedauerlich: Die Chance zu gewinnen sei nun mal "größer, wenn man zu Null spielt."

Dass daraus am Samstag nichts wurde, lag aber auch an fehlender Präzision im Angriff. Nachdem VfL-Stürmer Wout Weghorst zum 1:1 ausgeglichen (23.) und TSG-Angreifer Andrej Kramaric die Hoffenheimer wieder in Führung gebracht hatte (41.), machten die Wolfsburger aus der zweiten Hälfte eine Sturm- und Drangperiode, in der sie jedoch sämtliche Chancen ungenutzt ließen.

Der Sündiger Otavio entschuldigt sich hinterher auf Instagram

Von besonderer Akkuratesse war hingegen eine Grätsche, die dem Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung ziemlich nahe kam. Nach einer Wolfsburger Ecke, für die auch Torwart Casteels in den Schlussminuten nach vorne gerückt war, nahm der TSG-Stürmer Munas Dabbur Kurs aufs leere Tor - dicht gefolgt vom Verteidiger Paulo Otavio. "Ich habe mir kurz vorher noch gedacht: Bitte mach es nicht", erzählte der VfL-Manager Jörg Schmadtke. Er machte es doch. Otavio setzte zu einer gewaltigen Beinschere an, von hinten brachte er Dabbur in vollem Tempo zu Fall. Ein schlimmes Foul, für das dem Brasilianer zu Recht die rote Karte gezeigt wurde.

Der Sündiger selbst war sich hinterher immerhin seiner Schuld bewusst. "Gott sei Dank", schrieb Otavio auf Instagram, "habe ich ihn nicht verletzt." Die Chancen stehen also gut, dass bei ihm derlei Aktionen nicht zur schlechten Angewohnheit werden.

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