VfL Wolfsburg:Schmadtke droht mit "Mount Magath"

VfL Wolfsburg - Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke

Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke.

(Foto: dpa)
  • Jörg Schmadtke wird beim VfL Wolfsburg als neuer Sport-Geschäftsführer vorgestellt.
  • Er soll den Klub, der zweimal in die Relegation musste, mittelfristig wieder nach Europa führen.
  • Schmadtke deutet einen größeren Kader-Umbruch an.

Von Carsten Scheele, Wolfsburg

Die China-Reise abgesagt, stattdessen Trainingslager daheim in der Autostadt: Die erste Amtshandlung von Jörg Schmadtke als Sport-Geschäftsführer beim VfL Wolfsburg ist für die Spieler nicht unbedingt eine tolle Nachricht. Schmadtke lachte, er hat sich schon umgesehen, auf dem Trainingsgelände steht immer noch der "Mount Magath" genannte Trainingsberg, den einst Felix Magath errichten ließ, um seine Spieler hinauf und hinab zu hetzen. Der Verein habe vor der Haustüre die besten Bedingungen, so Schmadtke, ja, sogar einen Berg. "Den werden wir wieder aktivieren", kündigte der neue Sportchef am Mittwoch an. Gelächter im Raum, Scherz geglückt.

Schmadtke, 54, hat nach siebenmonatiger Pause wieder einen Bundesliga-Klub übernommen. Sogar einen, den manch einer - freundlich formuliert - als ziemlich fordernde Aufgabe bezeichnet. Der VfL hat es binnen drei Jahren geschafft, vom Bayern-Jäger (Platz zwei in der Saison 2014/15) zum Relegations-Stammgast zu schrumpfen. Zu einem Klub, den die besten Spieler immer wieder eilig verlassen haben, erinnert sei an Kevin De Bruyne oder Julian Draxler, zuletzt Mario Gomez.

Als Bruno Labbadia als neuer Trainer im Frühjahr mit Schmähgesängen empfangen ("Wir steigen ab und kommen nie wieder, wir haben Bruno Labbadia") und die Mannschaft offen angefeindet wurde, merkten auch die letzten, dass im Wolfsburger Umfeld einiges nicht stimmt. Die logische Konsequenz, der Abstieg, konnte in der Relegation gegen Holstein Kiel knapp abgewendet werden, bereits zum zweiten Mal, nach der Extrarunde im Jahr zuvor gegen Eintracht Braunschweig. Labbadia sagte, es sei die schwierigste Zeit seiner bewegten Karriere gewesen.

"Man darf die Dinge nicht dramatisieren", sagt Schmadtke

Zum Glück ist Schmadtke ein Experte für aufgewühlte Milieus, nach Aachen (2001-2008), Hannover (2009-2013) und Köln ist Wolfsburg die vierte Manager-Station für den langjährigen Bundesligatorwart, und Wolfsburg schneide auf den ersten Blick gar nicht so schlecht ab. Es gäbe ja Klubs, "da fängt man an zu gucken, wo man trainieren kann", sagte Schmadtke. Da sei der VfL mit seinem professionellen Trainingszentrum eine andere Nummer. "Man darf die Dinge nicht dramatisieren", sagte Schmadtke, der in der vergangenen Woche seine Auflösungsvertrag mit dem 1. FC Köln modifiziert hat, also auf Geld verzichtete, um einen Monat eher in Wolfsburg anfangen zu können.

Die Entscheidung pro Schmadtke ist für Wolfsburg der Versuch, die Geschicke wieder in prominente Hände zu legen. Schmadtke ist, gleichsam als Macher und Querkopf bekannt, ein anderes Kaliber als der junge Olaf Rebbe, der zuvor als Nachfolger von Klaus Allofs anderthalb Jahre als Sportchef-Novize werkeln durfte, der Mannschaft aber trotz großer Investitionen kein erfolgreicheres Gesicht verpassen konnte.

Noch in der laufenden Saison wurde der Vertrag mit Rebbe aufgelöst, führungslos taumelte die Mannschaft in die Relegation. Trainer Bruno Labbadia hat scherzhaft gesagt, er sei sich selbst in wichtigen Fragen der erste Ansprechpartner gewesen. Weil sonst keiner da war.

Unverkäufliche Spieler gibt es für Schmadtke nicht

Jetzt ist Schmadtke da, nach eigenen Angaben "sehr erholt". Als die Gespräche mit Hannovers Horst Heldt im Frühjahr gescheitert waren, habe Schmadtke bei den Wolfsburger "ganz oben" auf der Liste gestanden, erklärte Aufsichtsratschef Frank Witter, selbst erst seit sechs Wochen im Amt. Beide Männer scheinen sich zu verstehen, sie wollen dort ansetzen, wo es dem VfL zuletzt besonders fehlte. Personell, aber auch zwischenmenschlich soll sich einiges ändern.

"Emotionen und Leidenschaft waren nicht immer spürbar", mahnte Witter, penibel darauf bedacht, den neuen Mann nicht gleich mit großen Erwartungen zu beladen. Natürlich soll Schmadtke den von VW kräftigst subventionierten Klub mittelfristig wieder ins europäische Geschäft führen, wie es ihm in Hannover und Köln gelungen ist. Doch die Relegation steckt allen noch in den Knochen. "Wir sind die letzten, die dicke Backen machen sollten", sagte Witter. Schmadtke pflichtete bei: "Geben Sie uns ein bisschen Zeit, lassen Sie uns Luft."

Schmadtke hat dabei genaue Vorstellungen, wie es weitergehen wird. Mit Labbadia als Trainer, jedoch ohne einen großen Teil der Mannschaft. Unverkäufliche Spieler sehe er nicht, ließ Schmadtke nach einem ersten Kaderrundgang verlauten, wobei es natürlich schon Profis gibt, die er lieber zum Bleiben überreden würde als andere. Spielmacher Yunus Malli dürfte nach einer enttäuschenden Spielzeit wohl gehen, ebenso Landry Dimata und Victor Osimhen.

Viel hält Schmadtke von Joshua Guilavogui, der aber über eine Ausstiegsklausel verfügt. Linksverteidiger Bernardo könnte von RB Leipzig kommen. Geld für weitere Transfers ist vorhanden, trotz schwieriger Zeiten beim Autobauer Volkswagen, dessen hundertprozentige Tochter der VfL ist. Aufsichtsratsboss Witter stellte klar: "Zwischen den VfL Wolfsburg und die Volkswagen AG passt kein Blatt." Angeblich rund 50 Millionen Euro sollen Schmadtke zur Verfügung stehen, um der Mannschaft ein Gesicht zu geben.

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