Champions League:Die Beste spielt sich warm

Champions League: Erzielte vier Tore beim 9:1 des VfL Wolfsburg gegen Glasgow City: Pernille Harder (mitte).

Erzielte vier Tore beim 9:1 des VfL Wolfsburg gegen Glasgow City: Pernille Harder (mitte).

(Foto: AFP)

Die Dänin Pernille Harder ist die überragende Akteurin beim VfL Wolfsburg und macht den Klub erneut zu einem Anwärter aufs Europapokal-Finale. Dass sie noch in der Bundesliga spielt, ist durchaus bemerkenswert.

Von Anna Dreher

Dieses erste Tor war ganz nach dem Geschmack von Pernille Harder. Sie konnte sich frei bewegen, erst die rechte Seite entlang, nah an der Tribüne, wo in diesem Jahr niemand jubelte oder sie anfeuerte in Erwartung dessen, was gleich passieren würde. Dann zog sie Richtung Mitte, den Ball hatte sie kurz an Alexandra Popp abgegeben, um ihn wieder zu bekommen, am Sechzehner tänzelte sie noch kurz, um schließlich abgezockt vorbei an der Abwehr ins rechte untere Toreck zu schießen. Eine Viertelstunde war da vorbei im Viertelfinale des Champions-League-Finalturniers zwischen dem VfL Wolfsburg und Glasgow City. Und Harder hatte sich nun warmgespielt.

Es war ein ungewöhnlicher Auftakt in den Abschluss des wichtigsten europäischen Klub-Wettbewerbs am Freitagabend. Wie die Männer in Lissabon haben nun auch die Frauen in San Sebastián und Bilbao ihr Finalturnier begonnen, aufgrund der Coronavirus-Pandemie ohne Zuschauer, mit strengen Hygienemaßnahmen und im K.o.-Modus. Innerhalb von neun Tagen wird ohne Hin- und Rückspiel der Sieger ermittelt. Wer gewinnt, ist weiter. In kurzer Zeit möglichst viel frisches Selbstbewusstsein aufzubauen, kann also nicht schaden. Erst recht nicht mit dem Titel als ausgegebenem Ziel - wie im Falle des VfL Wolfsburg. Wenn dann auch noch die beste Torschützin eine Menge davon abbekommt: Umso besser.

Einzig Vivianne Miedema hat diese Saison in der Champions League öfter getroffen als Pernille Harder

Dass Wolfsburg gegen Glasgow City gewinnen würde, war zu erwarten, die Schottinnen konnten nur dank einer Spende eines Mäzens überhaupt nach Spanien reisen. Das Team von Trainer Stephan Lerch nutzte den ersten Auftritt auf dieser Bühne im Estadio Anoeta von San Sebastián, um seine Spielfreude und Offensivkraft zu zeigen. Das 9:1 (4:0) war auch ein Zeichen an den Halbfinalgegner FC Barcelona, der am Dienstag mehr Gegenwehr leisten wird, als es den Schottinnen möglich war. Ingrid Syrstad Engen (20./45. Minute) und Felicitas Rauch (67.) trafen, an einem ohnehin frustrierenden Abend für Glasgow kamen bittere Eigentore von Kapitänin Leanne Ross (81.) und Jenna Clark hinzu, die einen Schuss von Lena Oberdorf über die Linie lenkte (90.+5). Die herausragende Spielerin an diesem Abend aber war eindeutig Harder.

SAN SEBASTIAN, SPAIN, AUG 21: Pernille Harder ( 22 Wolfsburg) shoots during the UEFA Women'!s Champions League football

Nur schwer zu stoppen: Wolfsburgs Pernille Harder traf im Viertelfinale der Champions League gegen Glasgow City vier Mal.

(Foto: Daniela Porcelli/SPP/imago)

Kurz vor der Pause knallte die 27 Jahre alte dänische Nationalspielerin den Ball aus 18 Metern ins Tor (45.+2), köpfelte dann zum 5:0 rechts an der bemühten, aber letztlich überforderten City-Keeperin Lee Alexander vorbei (56.) und nickte in der 71. Minute zum Abschluss noch ihr neuntes Tor im fünften Champions-League-Saisonspiel ein. Damit zog sie gleich mit der norwegischen Weltfußballerin Ada Hegerberg von Olympique Lyon, die nach einem Kreuzbandriss wohl nicht beim Finalturnier eingesetzt werden wird. Einzig die Niederländerin Vivianne Miedema von Arsenal WFC hat bisher einen Treffer mehr erzielt als die beiden.

Harder saß also höchst zufrieden nach dem gewonnenen Viertelfinale bei der Pressekonferenz neben Lerch, der die Bundesliga-Torschützenkönigin (27 Tore) lobte. "Pernille ist eine großartige Spielerin", sagte er. "Sie ist der Typ, der sich immer für die Mannschaft und deren Ziele einsetzt und sehr uneigennützig auf dem Platz spielt." Die angesprochene Harder lächelte und gab dann das Lob ihres Trainers direkt an ihre Mitspielerinnen weiter. "Ja, ich habe vier Tore geschossen, aber die Mannschaft hat es gut gemacht", sagte sie. "Vor allem die eingewechselten Spielerinnen haben Energie reingebracht und uns geholfen, unser Niveau und Tempo zu halten."

Der größte Gegner ist in der Champions League für den VfL Wolfsburg der gleiche geblieben

Dass der VfL es geschafft hat, in Harder eine der weltweit besten Spielerinnen zu halten, ist durchaus bemerkenswert. An ihr sind viele internationale Top-Klubs interessiert. Und andere Ligen werden durch die zunehmende Professionalisierung für Bundesliga-Spielerinnen interessanter, für Harder aus privaten Gründen vor allem die englische: Beim Meister Chelsea LFC spielt ihre Freundin, die schwedische Nationalspielerin Magdalena Eriksson. Harders Vertrag beim VfL läuft noch bis zum Sommer 2021, dass sie darüber hinaus bleibt, hat Wolfsburgs sportlicher Leiter Ralf Kellermann jüngst ausgeschlossen. Umso größer dürfte ihr Bestreben sein, in den nächsten Tagen noch möglichst oft zu treffen.

Das Champions-League-Finalturnier der Frauen

Viertelfinale

Freitag, 21. August, 18 Uhr

Glasgow City - VfL Wolfsburg 1:9 (in San Sebastián)

Atlético Madrid - FC Barcelona 0:1 (in Bilbao)

Samstag, 22. August, 20 Uhr

Olympique Lyon - FC Bayern (in Bilbao)

Arsenal WFC - Paris SG (in San Sebastián)

Halbfinale

Dienstag, 25. August, 20 Uhr Sieger

VfL Wolfsburg - FC Barcelona (in San Sebastián)

Mittwoch, 26. August, 20 Uhr Sieger

VF 3 - Sieger VF 4 (in San Sebastián)

Finale

Sonntag, 30. August, 20 Uhr (in San Sebastián).

Der VfL Wolfsburg hat die Champions League 2013 und 2014 gewonnen. 2016 und 2018 stand das Team im Finale. Das große Ziel ist es, in dieser Saison aus dem Double zum zweiten Mal nach 2013 ein Triple zu machen und sich wieder an die Spitze des europäischen Frauenfußballs zu setzen. Harder wechselte im Januar 2017 vom schwedischen FC Linköping nach Wolfsburg. Seitdem hat sie in 112 Pflichtspielen 105 Tore erzielt, vier Mal Meisterschaft und Pokal gewonnen - aber der Titel in der Champions League fehlt ihr noch.

Die Aufgabe, das weiß auch Harder, ist nicht leicht. Denn der größte Gegner, der die Königsklassenreise der Wolfsburgerinnen schon in den vergangenen Jahren beendete, ist der gleiche geblieben: Olympique Lyon. Der Viertelfinalgegner des FC Bayern München (20 Uhr, Sport 1) triumphierte bereits sechs Mal, davon die vergangenen vier Jahre in Serie. Beim Turnier in Spanien können sich die beiden Favoriten erst im Finale begegnen. Dass sie dieses erreichen, steht für die Wolfsburgerinnen außer Frage. "Wir werden das Selbstvertrauen aus diesem Spiel mit in das nächste nehmen", sagte Pernille Harder nach dem 9:1. "Wir wissen, was wir können."

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21.06.2020, xemx, Fussball 1.Bundesliga Damen, FC Bayern Muenchen - VfL Wolfsburg emspor, v.l. Muenchen *** 21 06 2020,; Bayern Wolfsburg

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