VfL Wolfsburg:Falschnachrichten in der Kabine

VfL Wolfsburg vs Borussia Moenchengladbach, Germany - 13 May 2017

Jäger im Starkregen: Wolfsburgs Mario Gomez erzielte vor dem Guss den Ausgleich gegen Mönchengladbach, insgesamt sein 16. Saisontor.

(Foto: Felipe Trueba/EPA)

Eine Regenunterbrechung bringt Wolfsburg gegen Mönchengladbach aus dem Konzept. Und beschert dem Werksklub ein Endspiel.

Von JÖRG MARWEDEL, Wolfsburg

Ob er sich zuweilen in der VfL-Kapelle aufhält, die sie in der in der Wolfsburger Arena eingerichtet haben, hat Mario Gomez nicht verraten. Aber er war sich später ziemlich sicher, dass es mal wieder der "Fußballgott" oder eine ähnliche Macht war, die für dieses Endspiel sorgte. In diesem sogenannten Finale geht es am kommenden Samstag beim Hamburger SV darum, ob der VfL Wolfsburg oder der HSV die Relegation noch vermeiden können, was aus Sicht der Niedersachsen mit einem Remis geschafft wäre. Diese Partie mit dieser Dramatik hätten "sich wohl 99 Prozent der Deutschen gewünscht, nur wir nicht", sagte Gomez.

Vielleicht war es aber auch nur der Wettergott, der für dieses 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach sorgte. Es brach jedenfalls über Wolfsburg ein solches Gewitter herein - mit Blitz, Donner, Regen und Hagel -, dass dieses Spiel in der 78. Minute für eine halbe Stunde unterbrochen werden musste. Das war einerseits gut, weil etwa der VfL-Trainer Andries Jonker einen "Riesenschiss vor Gewitter" hat, wie er später zugab. Aber es unterbrach auch die Wolfsburger bei ihren Bemühungen, nach dem Ausgleich durch Gomez' 16. Saisontor (58.) die "bodenlose erste Halbzeit" (so der Torjäger) vergessen zu machen. Danach pressten sie die bis dahin deutlich bessere Elf vom Niederrhein zunehmend in deren Hälfte. Gomez nahm die Gladbacher zu diesem Zeitpunkt als "stehend k.o." wahr.

Doch dann folgte die Regenpause. Irgendwann in der Wartezeit zeigte der Sky-Reporter Rolf Fuhrmann dem Schiedsrichter Christian Dingert seine Wetter-App, auf der ein weiteres Gewitter aus Hannover im Anflug war. In jedem Fall wartete der Referee noch länger, um das Spiel wieder anzupfeifen. Und während sich die ausgelaugten Gladbacher ein wenig erholten, vollzog sich in der Kabine der Wolfsburger eine emotionale Achterbahnfahrt.

Für den erst kürzlich geschassten Hecking gibt es jetzt noch mal Applaus

Erst hörten sie, der HSV liege 0:1 auf Schalke hinten. Das wäre die definitive Rettung des VfL gewesen, falls man selber das Unentschieden halten würde. Dann "sickerte durch", wie Abwehrspieler Sebastian Jung sagte, dass die Hamburger in der Nachspielzeit das 1:1 erzielt hätten. Wenig später kam die Nachricht, Schalke habe das 2:1 geschossen. Kurz darauf wurde das zur Fake News, weil der Schiedsrichter das Tor nicht anerkannte. Und in dieser Gemengelage musste sich Jonker kurzerhand entscheiden, ob er durch die Einwechselung einer weiteren Offensivkraft alles für ein 2:1 riskieren wollte - denn ein Sieg hätte sicher den Klassenerhalt bedeutet. Oder ob er vorsichtiger zu Werke gehen wollte, um einen Gladbacher Konter zu verhindern. Dann hätte dem VfL im schlimmsten Fall gedroht, hinter die punktgleichen Augsburger mehr als jenes eine Tor zurückzufallen, das er jetzt zurückliegt. Das Torverhältnis kann ja noch den Ausschlag geben, sollten die Wolfsburger in Hamburg knapp und die Augsburger in Hoffenheim höher verlieren. Jonker entschied sich jedenfalls für die vorsichtigere Variante.

Kaum hatte Gomez zumindest verbal noch einmal Zuversicht verströmt ("ich weiß, dass wir nicht absteigen werden"), wurde er vom Coach entführt. Nicht, weil dieser in der Kabine schon einmal auf das Hamburger Finale einstimmen wollte, sondern weil sein Vorvorgänger Dieter Hecking, bei dem er in Wolfsburg einst Assistent war, sich noch einmal vom Team verabschieden wollte. Der heutige Borussen-Trainer war ja erst im Oktober beim VfL entlassen worden. Vor dem Anpfiff bekam Hecking von VfL-Sportdirektor Olaf Rebbe sogar einen Blumenstrauß überreicht und vom Publikum eine Menge Beifall. Und so wünschte Hecking seinen "alten Freunden" nur das Beste fürs Hamburg-Spiel.

Sein neues Team hatte die Wolfsburger vor einem böseren Nachmittag bewahrt. Schon in der neunten Minute verpasste Jonas Hofmann nach einem unverständlichen Fehlpass von Joshua Guilavogui mit einem Pfostenschuss das 0:1, das eine Viertelstunde später dann aber Jannik Vestergaard mit einem Kopfball erzielte. In der 51. Minute verhinderte VfL-Keeper Koen Casteels das 0:2 gegen André Hahn. Erst dann wachten die Wolfsburger auf und kamen durch Gomez zum Ausgleich.

Das Ergebnis dieser missratenen Wolfsburger Saison könnten immer noch zwei Relegationsspiele gegen Nachbarn sein - entweder gegen Hannover 96 oder Eintracht Braunschweig. Die Landeshauptstadt liegt nur knapp 90, die sogenannte Löwenstadt sogar gerade mal 37 Kilometer um die Ecke.

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