VfL Wolfsburg:"Durch nichts aufzuwiegen"

VW-Vorstandschef Martin Winterkorn sieht sich bestätigt, dass die Konzern-Millionen im Fußball gut angelegt sind. Das gelte auch für andere Engagements.

Von Javier Cáceres, Berlin

In der Stunde der Euphorie war es für Francisco Javier García Sanz ein Leichtes, die freundlichen Frotzeleien der Feierrunde zu ertragen. "Das Foto schicken wir Florentino!", schallte es dem Spanier entgegen, als er sich beim Siegerbankett in einem Berliner Club-Restaurant vom nobel besetzten "Tisch 1" erhob, um mit seinem Bruder und ein paar Freunden aus der Heimat mit dem soeben errungenen DFB-Pokal zu posieren.

In der Tat hätte Florentino Pérez, der mit García Sanz befreundete Präsident von Real Madrid, wohl einiges dafür gegeben, in diesem Jahr einen Cup hochhalten zu können; ob Pérez dann wie García Sanz, immerhin Vorstand der Volkswagen AG für den Geschäftsbereich "Beschaffung" sowie Aufsichtsratsvorsitzender der VfL Wolfsburg-Fußball GmbH, durch den Saal gerockt wäre und die Tische reihenweise zum Singen animiert hätte ("So seh'n Sieger aus, Schalalala!"), steht auf einem anderen Papier. Womöglich hätte Pérez dem Treiben eher so genussvoll zugeschaut wie VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, der sich Rotwein aus dem Burgenland schmecken ließ. "Dieses Sponsoring ist durch nichts aufzuwiegen", sagte Winterkorn der SZ. Nur auf eine Frage wollte er nicht eingehen: ob ihm der Wein besonders gut schmecke, nach all den Schwierigkeiten zuletzt; sein einstiger Förderer Ferdinand Piëch hatte ihn absägen wollen, den Machtkampf aber verloren. "Die letzten Wochen haben mit heute nichts zu tun, heute reden wir über Fußball!"

Darüber lässt sich in der Chef-Etage des VW-Konzerns aktuell besonders gut und gerne reden; die Erfolge wirken nun einmal Urbi et Orbi. Der 3:1-Pokaltriumph gegen Borussia Dortmund sei ein Erfolg für den VfL Wolfsburg und die Stadt Wolfsburg, heißt es, aber eben auch: für den Konzern. "Das Spiel ist heute in 163 Länder übertragen worden. Alle haben das Volkswagen-Zeichen gesehen", rechnete Winterkorn vor, ehe sich an seinem Tisch auch DFB-Boss Wolfgang Niersbach niederließ. Mindestens ebenso groß war Winterkorns Genugtuung über das Auftreten der Anhänger des VfL, die sich über den Hohn der traditionsreicheren Dortmunder geärgert hatten, im Berliner Olympiastadion aber eine überaus ansprechende Choreografie inszenierten und sich später, sofern sie zu den etwa 1000 geladenen Bankettgästen zählten, daran freuen durften, dass die Corporate Identity selbst bis ins Pissoir abstrahlte; die Eiswürfel in den Urinalen waren mit viel Sinn für Details grün und weiß ausgeleuchtet.

"Unter disziplinierten und trotzdem emotionalen Fans, die Sie heute in Berlin gesehen haben, sind viele, die bei VW arbeiten, und ihre Familien. Für mich ist es wichtig, dass sie in ihrer Region einen Verein haben, mit dem sie sich identifizieren", sagte Winterkorn, der sich mit seinem Engagement für den Profifußball nicht nur Freunde im Unternehmen gemacht hat. Nun kann er Triumphe ohne Ende vorweisen. Der FC Bayern München, an dem Volkswagen beteiligt ist und in dessen Aufsichtsrat Winterkorn sitzt, konnte die Männer- und Frauen-Meisterschaft gewinnen, der VfL Wolfsburg erreichte ebenfalls ein Double: Sowohl der Männer- wie auch der Frauenpokal wanderten nach Niedersachsen. Der FC Ingolstadt, von der VW-Tochter Audi gefördert, ist in die Bundesliga aufgestiegen. Dies alles zeige, so sagte es Winterkorn, "dass wir unser Engagement richtig eingeschätzt haben" - und es wirke mithin als Bestärkung. "Wir im Volkswagen-Konzern stehen zu Fußball, auch bei Audi und den anderen Marken." Der Grund: "Wir glauben, dass unsere Kunden nicht nur autointeressiert, sondern auch fußballinteressiert sind. Wenn sie nach München kommen, finden Sie viele Audi-Kunden, und wenn Sie nach Wolfsburg kommen, finden Sie viele VW-Kunden."

Für die Emotionen war freilich García Sanz zuständig, "unser Spanier", wie sie ihn an Tisch 1 nannten. García Sanz hatte nicht nur anstandslos eine Bierdusche über sich ergehen lassen, er hatte nach eigenen Angaben sowohl mit Manager Klaus Allofs als auch mit diversen Spielern in der Kabine getanzt. Auch er freute sich über den Image-Gewinn, den der erste Pokaltriumph für den VfL bedeute. Fast noch wichtiger dürfte ihm sein, dass der Meister von 2009 sich direkt für die nächste Champions League qualifiziert hat, denn der Madrilene hofft inständig, dass Wolfsburg in der Gruppenphase zu seinem Lieblingsverein gelost wird. "Jetzt gegen Real Madrid, und dass beide weiterkommen: Das wär's", sagte García Sanz.

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