VfL Wolfsburg:Draxler will runter vom "Sprungbrett"

Julian Draxler Wolfsburg Moskau Champions League

Hat keine Lust mehr auf Wolfsburg: Julian Draxler.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Nationalspieler drängt auf seinen Abschied vom VfL Wolfsburg - trotz Fünfjahresvertrags. Wer gewinnt den Machtkampf?

Von Carsten Scheele

Der Machtkampf läuft, anders lässt sich die Situation beim VfL Wolfsburg kaum beschreiben. Einer wird ihn verlieren, Nationalspieler Julian Draxler oder Geschäftsführer Klaus Allofs - nur wer?

Draxler, für viele die Positivüberraschung im DFB-Team bei der EM in Frankreich, will Wolfsburg verlassen. Dazu hat er sich am Dienstagabend markig geäußert. Der Wechsel sei ihm "mündlich zugesichert" worden, erklärte Draxler gegenüber der Bild: "Es war immer klar zwischen allen Beteiligten, dass ich zu einem internationalen Top-Klub gehen möchte, wenn sich die Chance ergibt."

Sein Berater soll beim Interview dabei gewesen sein. Es wirkt wie eine geplante Aktion, um den Wechsel zu forcieren.

Allofs und Hecking wollen Draxler halten

Aus dem Mund von Allofs und auch Trainer Dieter Hecking klingt das anders. Sie lehnen einen Wechsel Draxlers ab, kategorisch, wie es so schön heißt. "Kein Spieler darf ohne unser Okay gehen", hatte Allofs vor einigen Wochen verkündet. "Wir haben klar besprochen, dass Julian bei uns bleibt", sagt auch Hecking. Es könne ja nicht alles immer so laufen, wie die Spieler es wünschten.

Die Wolfsburger sind derzeit nicht zu beneiden. Sie haben schon etliche Weggänge in diesem Sommer zu verzeichnen, angefangen bei André Schürrle (Dortmund) über Max Kruse (Bremen) und Naldo (Schalke). Draxler soll nicht auch noch folgen - um ihn herum soll der neue VfL aufgebaut werden. Kann das funktionieren, wenn der Spieler so gar keine Lust hat?

Klar merkt Draxler, dass sein Marktwert bei der EM und in den Wochen danach gestiegen ist. Der FC Arsenal soll ernsthaft interessiert sein, dort könnte Draxler um die englische Meisterschaft mitspielen, sich auch in der Champions League zeigen. Anders als beim VfL Wolfsburg, der das internationale Geschäft verpasst hat (woran Draxler natürlich beteiligt war). Sollte sich Draxler ernsthaft auf dem Markt befinden, dürften noch mehrere Angebote eintrudeln.

Vieles scheint zerrüttet

Deshalb will er nun gehen. Er habe Wolfsburg immer als "gute Perspektive", als Sprungbrett" betrachtet, erklärt Draxler, was einiges aussagt über dieses Fußball-Geschäft, wenn ein Spieler trotz solcher Absichten einen Fünfjahresvertrag abschließt. Der Vereinsführung wirft er gewissermaßen Wortbruch vor.

Vieles scheint zerrüttet. Draxler beklagt die spärliche Kommunikation mit der Vereinsspitze: "Mich überrascht doch sehr, dass seit Wochen rund um meine Person in den Medien kommuniziert wird. Das habe ich anders erwartet, zum Beispiel, dass mal jemand auf mich zukommt und fragt, wie sieht es bei Dir aus?" Zu Allofs habe er nur per SMS Kontakt gehabt. Mit Trainer Hecking habe er nach der EM immerhin kurz telefoniert - und ihm bereits da seinen Wechselwunsch mitgeteilt.

Draxler trainierte am Mittwoch

Noch scheint der Ausgang dieses kleinen Dramas offen. Fest steht, dass Wolfsburg auf die Draxler-Millionen in letzter Konsequenz nicht angewiesen sein wird, sich aber trotzdem Gedanken machen muss, ob der Mannschaft ein völlig uneinsichtiger, demotivierter Schlüsselspieler weiterhilft.

Am Mittwoch erschien Draxler zwar brav zum Training, verließ nach der 90-minütigen Einheit aber als Erster wieder den Platz. Im Anschluss war ein Termin mit Allofs und Hecking anberaumt. Der Machtkampf läuft.

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