Durch eine 1:2-Niederlage beim VfL Wolfsburg hat Borussia Mönchengladbach am Sonntag die Tabellenführung in der Bundesliga verloren. Mit einem sehenswerten Siegtreffer sorgte Maxi Arnold in der Schlussminute für ein dramatisches Ende einer durchgehend spektakulären Partie. Für Gladbach war es die zweite Last-Minute-Pleite in drei Tagen. Schon am Donnerstag war man gegen Basaksehir Istsanbul durch ein spätes Tor aus der Europa League ausgeschieden. Gladbach liegt nun auf dem zweiten Tabellenplatz - während Wolfsburg Richtung oberes Tabellendrittel kletterte. Die Ouvertüre der Partie geriet bereits so furios wie die gesamte chancenreiche Partie am Mittellandkanal: Wolfsburgs Angreifer João Víctor sorgte in der fünften Minute für einen Pfostentreffer aus 17 Metern, den sie noch in seiner brasilianischen Heimat gehört haben dürften. Der Knall entfaltete Wirkung. Denn er bestärkte den VfL in seiner Idee, ohne Blick in den Rückspiegel aufs Tempo zu drücken.
Zudem bestätigte sich eine weit verbreitete Vermutung: Wolfsburg ist eine andere Mannschaft, wenn Xaver Schlager mitspielt. Der 22-jährige strohblonde Österreicher gehört zu der Sorte Spieler, die jeden Mitspieler in seinem Umfeld besser machen - sogar einen Verteidiger wie Robin Knoche, der phasenweise und für seine Verhältnisse so wirkte wie ein Nachfahre von Katsche Schwarzenbeck.
Rührende Züge hatte aber etwas Anderes: dass Schlager den 1:0-Führungstreffer erzielte - bei seinem ersten Startelfeinsatz in der Bundesliga seit Ende August, damals hatte er sich den Knöchel gebrochen. "Wahnsinn, dass er im Kalenderjahr 2019 überhaupt ein Spiel machen kann", sagte VfL-Trainer Oliver Glasner. Es war zudem ein sehr ansehnliches Tor, Schlager traf per Direktabnahme unter die Querlatte (13.). Es trug allein den Makel, dass der Videoschiedsrichter wegen Abseits hätte eingreifen müssen. "Kein Kommentar", sagte Gladbachs Trainer Marco Rose, dessen Mannschaft kaum 60 Sekunden brauchte, um durch Breel Embolo auszugleichen.
Der Rhythmus der Partie blieb auch danach fiebrig; es wurde allenfalls langsamer, wenn Schlager nach Luft schnappte. Die besseren Chancen hatten zunächst die Wolfsburger. Unter der Leitung von Schiedsrichter Felix Brych, der oft die lange Leine mit Permissivität verwechselte, scheiterten VfL-Kapitän Josuha Guilavogui und Knoche mit Kopfball nach Schlager-Flanke an Torwart Sommer.
Auch nach der Pause blieben Wimpernschläge weitgehend untersagt. Erst vereitelte VfL-Keeper Casteels mit einer Großtat einen Treffer von Marcus Thuram (53.), dann rettete der belgische Torwart des VfL bei einem Distanzschuss von Plea. Das wiederum ließ der VfL nicht auf sich sitzen: João Víctor setzte den Ball knapp neben das Tor (59.); Mbabu prüfte nach einem Freistoß von Maxi Arnold erneut die Reflexe von Sommer. Der erschöpfte Schlager ging unter dem Beifall der Zuschauer (77.), die Partie schien ihren Sinn zu verlieren. Und niemand schien mehr auf der Rechnung zu haben, dass der Borussia die eigene Medizin verabreicht werden könnte; sie hatte ja in der Saison so einige Last-Minute-Siege. Doch dann traf Arnold per Volleyschuss zum Sieg.