VfL Bochum nun Letzter:Wie Schafe im Schafspelz

Lesezeit: 3 Min.

Inhaltlich sieht Bochums Trainer Peter Zeidler Fortschritte - zufrieden kann das noch niemanden machen. (Foto: Ulrich Hufnagel/Imago)

Wölfe, die heulen, beißen nicht? Oh, doch. Der VfL Bochum lässt sich vom VfL Wolfsburg auskontern, ist nun Tabellenletzter und wartet seit fünf Monaten auf einen Heimsieg. Eine Trainerdiskussion will er trotzdem nicht führen.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Marc Lettau klang streng – etwas überraschend aber vor allem im Umgang mit den Journalisten. Im Mediensaal des Ruhrstadions stand der Sportdirektor des VfL Bochum am Samstagabend im Kreise eines Dutzends Berichterstatter und erwartete nach einer 1:3-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg und dem Abrutschen auf den letzten Tabellenplatz die unangenehme Frage nach der Zukunft des Trainers Peter Zeidler. Und sie kam. „Ich werde diese Frage jetzt genau ein Mal beantworten“, sagte Lettau daraufhin so kategorisch, als habe er es mit ungebührlichen Fünfjährigen zu tun. Und dann beantwortete er diese Frage auch wirklich nur genau ein Mal: „Wir führen heute keine Trainerdiskussion – und morgen und übermorgen auch nicht.“

Solch ein Satz bedarf der Auslegung: Der Schwabe Peter Zeidler, 62, seit gerade mal drei Monaten im Amt, darf vorerst Trainer bleiben – aber die Geduld des VfL-Vorstands erscheint endlich. Das weitere Programm spielt dem Trainer nicht gerade in die Karten. Nach einer Auswärtspartie bei der TSG Hoffenheim heißen die folgenden Gegner: Bayern (H), Frankfurt (A), Leverkusen (H) und Stuttgart (A). Es handelt sich dabei um vier starke Europapokal-Mannschaften. Vermutlich muss Lettau in dieser Zeit die eine Frage doch noch mehrmals beantworten.

„Wölfe, die heulen, beißen nicht“, hatte auf dem Plakat gestanden, mit dem der VfL Bochum sein Heimspiel gegen Wolfsburg beworben hatte. Diese Behauptung bewahrheitete sich allerdings nicht. Die kaltblütigen Wölfe aus Wolfsburg bissen dreimal schmerzhaft zu bei ihrem 3:1 (2:0)-Sieg im Ruhrstadion. Geheult haben hinterher die Bochumer. Sie spielten phasenweise wie Schafe im Schafspelz, ließen sich auskontern, sind mit nur einem Pünktchen Tabellenletzter und warten saisonübergreifend schon länger als fünf Monate auf einen Heimsieg an der Castroper Straße. Doch da will irgendwie nichts mehr gelingen. Gegen Wolfsburg gab es im Laufe des Spiels Pfiffe und Geraune. Nach dem Spiel herrschte unter vielen zunächst verbliebenen Zuschauern eine seltsame Stille. Ende Oktober gegen die Bayern und im November gegen Leverkusen dürfte es kaum euphorischer werden.

Als in der vergangenen Saison – Anfang April nach sechs sieglosen Spielen mit nur einem Punkt – der Bochumer Trainer Thomas Letsch freigestellt worden war, erklärte der VfL-Boss Hans-Peter Villis später, Letsch habe „ratlos“ gewirkt. So einen Eindruck vermeidet Zeidler tunlichst. Er verwahrt sich wiederholt gegen den Vorwurf, Kontergegentreffer hätten primär mit dem offensiven Pressing zu tun, das er der Mannschaft beibringen will. Nach der Niederlage gegen Wolfsburg betonte er, die Mannschaft mache „inhaltlich“ absolut Fortschritte – „nur vom Ergebnis her halt leider nicht“.

Acht Spiele ohne Sieg waren es zum Start vor zwei Jahren, sogar neun vor einem Jahr

Da klangen vereinzelte Analysen aus dem Kader nach dem Spiel allerdings etwas kritischer. Der Außenverteidiger Maximilian Wittek betonte zunächst, man arbeite täglich sehr gut und „als Einheit“ mit dem Trainer Zeidler zusammen – im Spiel dann aber „funktioniert es leider noch nicht so gut“. Der Torwart Patrick Drewes sagte gar: „Wenn wir so weiterspielen, wird es nicht dafür reichen, genug Punkte zu holen.“ Den Saisonstart, sagte Drewes, „haben wir uns alle anders vorgestellt“.

Nun ist ein Start mit sechs sieglosen Spielen für Bochumer Verhältnisse noch lange kein Grund zur Panik. Acht Spiele ohne Sieg vor zwei Jahren und neun Spiele ohne Sieg vor einem Jahr absolvierten die Bochumer zum Auftakt. „Wir kennen dieses Gefühl schon“, sagt entsprechend der Stürmer Philipp Hofmann, aber er mag sich nicht darauf verlassen, dass das jedes Mal am Ende noch gutgeht: „Jetzt laufen wir wieder hinterher, und das ist extrem ärgerlich.“ Hofmann monierte, es genüge halt nicht, wenn man eine Halbzeit lang ein gutes Spiel mache. Diesmal war es die zweite, in die man allerdings bereits mit einem 0:2-Rückstand hineingegangen war. Eine Woche zuvor hatte das Team bei Borussia Dortmund mit 2:0 geführt, das klare dritte Tor verpasst und am Ende 2:4 verloren.

Da lassen sie die Köpfe hängen: Die Bochumer Dani de Wit, Maximilian Wittek, Ibrahima Sissoko und Anthony Losilla (von links) reagieren nach dem Wolfsburger Tor zum 0:2. (Foto: David Inderlied/dpa)

Der Sportchef Lettau erkennt trotz der fünf Niederlagen (bei einem 2:2 gegen Holstein Kiel) in der Mannschaft den Willen zum Kampf und zum Erfolg, und dies, betont er, sei für ihn dann auch das entscheidende Kriterium in der Bewertung der Arbeit des neuen Trainers. „In dem Moment, in dem die Mannschaft sich hängen lässt und nicht mehr als Kollektiv auftritt, in dem würden wir uns ernsthaft Gedanken machen“, sagte Lettau.

Zwei Wochen haben die Bochumer nun in der Länderspielpause, um des Trainers erwünschte Automatismen weiter einzustudieren. Mit Ibrahima Sissoko (Mali), Matus Bero (Slowakei), Tim Oermann (deutsche U21) und Aliou Baldé (Guinea) fehlen bloß vier Spieler aus dem Kreis der regelmäßig Spielenden. Daraus ergeben sich Möglichkeiten zu weiteren inhaltlichen Fortschritten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBorussia Dortmund
:„Wie wir uns teilweise verhalten haben, das geht einfach nicht“

Beim Dortmunder 1:2 an der Alten Försterei reichen Union einfache Mittel, um die Abwehrschwäche des BVB bloßzulegen. Trainer Sahin und Sportdirektor Kehl urteilen besonders über die erste Halbzeit scharf.

Von Javier Cáceres

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: