Der Trainer Dieter Hecking ist sich nicht sicher, dass sein VfL Bochum die vollen drei Punkte aus dem sportgerichtlich umkämpften Spiel bei Union Berlin letztlich auch wirklich zugesprochen bekommt. Eigentlich spricht der 60-Jährige über dieses Thema nicht, weil die Berufung Union Berlins vor dem DFB-Bundesgericht anhängig ist. Am Mittwoch nach dem 1:0-Sieg gegen St. Pauli aber erklärte Hecking erleichtert, sein kürzlich noch klar abgeschlagener VfL habe nun tabellarischen Anschluss geschafft, und er sagte in dem Zusammenhang: „Das Urteil mit Union Berlin steht ja noch aus, aber selbst wenn wir die Punkte nicht kriegen, sind wir bis auf zwei Punkte an Kiel dran, und die anderen Mannschaften sind auch nur noch fünf Punkte weg.“
Hecking hat am Mittwoch sein 426. Spiel als Bundesligatrainer bestritten und damit die Top Ten der Bundesligatrainer erklommen. Es ist diese Erfahrung, die dem mit einem Punkt aus den ersten neun Spielen unter dem Trainer Peter Zeidler in die Saison gestarteten VfL geholfen hat, in den seither acht Spielen unter Hecking acht Punkte zu holen. Womöglich kommen zwei weitere noch hinzu, weil das DFB-Sportgericht bekanntlich in erster Instanz entschieden hat, das 1:1 bei Union Berlin mit 2:0 für Bochum zu werten.
„Wir waren auf der Intensivstation“, sagt Hecking über jene eigentlich entmutigende Tabellenlage, als Bochum Anfang Dezember zehn Punkte Rückstand zum Relegationsplatz hatte. Jetzt sind es nur noch fünf. Von den fünf Klubs im Tabellenkeller hat der VfL binnen vier Spielen mit sieben Punkten die meisten geholt.
Die Wiederbelebung des Patienten VfL basiert auf einer strikten taktischen Diät durch Hecking. Unter Zeidler hatte der VfL mit vogelwildem Fußball in neun Spielen nur ein einziges Pünktchen geholt und war dabei auf ein Torverhältnis von 9:29 gekommen. Unter Hecking holten die nun viel disziplinierteren Bochumer in acht Spielen acht Punkte bei einem Torverhältnis von 5:8. Dafür fühlt sich der VfL-Fußball jetzt allerdings auch so an, als verzichte ein zügelloser Genussmensch fortan strikt auf Fleisch, Schokolade, Alkohol und Zigaretten. Über den recht drögen Sieg gegen St. Pauli sagte Hecking: „Es war klar, dass das kein Champagner-Fußball wird.“ Sein Abwehrspieler Bernardo, ein Brasilianer, sagte lachend: „Das war kein Fußballspiel, das war ein Kampf!“
Bochum erspielte sich in der Hinrunde von allen Bundesligisten die wenigsten Chancen (60) und nutzte von diesen auch nur jede vierte. Der Mittelstürmer Philipp Hofmann hatte vor dem St.-Pauli-Spiel fast neun Stunden lang nicht getroffen. Doch tatsächlich: Hofmann erzielte in der 67. Minute das goldene Tor.
Nach dem Sieg und dem Anschluss an die Konkurrenzteams forderte Hecking prophylaktisch Mut auch fürs Heimspiel am Samstag gegen RB Leipzig. Leicht werde das nicht, warnte er und zählte die Sturmreihe der Leipziger auf: „Sesko, Openda, Xavi, Nusa.“ Kurz darauf aber geschah in Stuttgart ein Wunder, als sich Benjamin Sesko und Lois Openda Gelb-Rot einhandelten und somit am Samstag gesperrt sind. Bochum hofft.