VfL Bochum:Gesucht wird Trainer Nummer fünf

Trainerwechsel bei Bochum

Heiko Butscher war einst Profi beim VfL Bochum, beim SC Freiburg und bei der Frankfurter Eintracht – jetzt ist er schon der vierte Bochumer Trainer in dieser Saison.

(Foto: dpa)

Der Fußball-Zweitligist entlässt Coach Jens Rasiejewski sowie nach langem und lautem Protest auch Sportdirektor Christian Hochstätter.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Medienvertreter waren nicht zugelassen, als sich Christian Hochstätter, der umstrittene Sportdirektor des Fußball-Zweitligisten VfL Bochum, am Montag zum "Fan-Talk" mit Anhängern traf. Aber geheim bleibt in Zeiten der sozialen Netzwerke sowieso nichts mehr. Die Aussprache war kaum vorbei, da kursierte im Internet ein Video, auf dem Hochstätter sagt: "Wenn ich morgen zuhause bleibe, dann ist dieser Verein nicht handlungsfähig."

Diese Provokation erwies sich als i-Tüpfelchen auf einer für Hochstätter verheerenden Saisonbilanz. Nach zwei Trainerentlassungen, einer miserablen Tabellensituation, dem Abschied des beliebten Kapitäns Felix Bastians, dem Rücktritt zweier Aufsichtsratsmitglieder und dem Affront gegen den öffentlich nicht minder umstrittenen Aufsichtsratsboss Hans-Peter Villis wurde am Mittwochabend verkündet, dass Hochstätter entlassen ist - und mit ihm gleich der Trainer Jens Rasiejewski.

Interimstrainer Butscher besitzt keinen Fußballlehrerschein

Der bisherige Assistenztrainer Heiko Butscher, der die Mannschaft an diesem Freitag im Abstiegsduell gegen Darmstadt betreut, ist damit der vierte Übungsleiter in dieser Spielzeit; ein fünfter wird sicher kommen, denn Butcher besitzt keinen Fußballlehrerschein. Nachdem Gertjan Verbeek 17 Tage vorm Saisonstart von Hochstätter entlassen worden war, feuerte der Sportdirektor den aus Lotte losgeeisten Ismail Atalan nur 91 Tage später. Der daraufhin installierte U 19-Trainer Jens Rasiejewski kam mit 13 Punkten in zwölf Spielen auch nicht auf eine bessere Bilanz als Atalan (neun Spiele, zehn Punkte).

Wenn Hochstätter jetzt zuhause bleibt, dann wird sich tatsächlich zeigen müssen, wie handlungsfähig der VfL Bochum noch ist. Der frühere VfL-Profi Butscher, 37, als Interimstrainer und der frühere VfL-Profi Sebastian Schindzielorz, 39, als offenbar langfristig vorgesehener neuer Sportdirektor sind von ihren Stellvertreterposten aufgerückt. Wer jetzt wieder Ruhe in den Verein bringt, wer Trainersuche, sportliche Planung und perspektivische Spielertransfers koordiniert - das ist die entscheidende Frage. Diese Verantwortungen fallen auch zurück auf den ehemals als Manager in der Energiebranche tätigen Aufsichtsratsboss Villis, dessen Fußballfachkenntnisse intern allerdings nicht allzu hoch eingeschätzt werden. "Wir trauen Heiko Butscher zu, zumindest das nächste Spiel erfolgreich zu gestalten", sagt Villis. Für die langfristige Lösung gelten der vormalige Gladbacher Trainer André Schubert und auch der zuletzt in Karlsruhe tätige Mirko Slomka als Kandidaten.

Doch während Vakanzen im sportlichen Bereich stets schnell besetzt werden können, steht im administrativen Bereich ein weiterer Verlust bereits fest. Der fürs Finanzielle zuständige Geschäftsführer Wilken Engelbracht hatte bereits vor Weihnachten seinen Rückzug für den kommenden Sommer angekündigt. Zur gleichen Zeit waren aus dem Aufsichtsrat der Schriftsteller Frank Goosen und der Unternehmer Matthias Knälmann zurückgetreten. Rund um Villis lichten sich die Reihen. Beim Spiel gegen Darmstadt wird interessant sein zu beobachten, ob sich die Proteste gegen Hochstätter auf den Aufsichtsratsvorsitzenden übertragen. Fangruppen proben seit Wochen den Aufstand und sammeln Unterschriften, um auf einer angestrebten außerordentlichen Mitgliederversammlung einen neuen Aufsichtsrat zu wählen. Der zurückgetretene Knälmann bringt sich medial bereits in Position.

Wie sich die Entzweiung in der Führungsetage auf die Fußballer auswirkt, haben zuletzt vier Niederlagen in Serie gezeigt. "Das Ganze wird auf dem Rücken der Mannschaft ausgetragen", klagte bereits der Verteidiger Patrick Fabian. Nur ein Treffer ist den Bochumern in diesen vier Spielen gelungen, bei sieben Gegentoren. Kapitän Bastians wechselte nach China, Stürmer Dimitrios Diamantakos nach St. Pauli, Verteidiger Nico Rieble zu Hansa Rostock und Mittelfeldspieler Alexander Merkel zu Admira Wacker Mödling. Bei einer Niederlage gegen Darmstadt droht Bochum der Sturz auf die Abstiegsränge.

"Wir haben so lange an Hochstätter festgehalten, weil wir von ihm überzeugt waren", sagte Villis am Donnerstag und lenkte den Fokus nur zu gerne gleich weiter auf die Mannschaft. "Von unserer Entscheidung erhoffen wir uns einen Impuls", sagte er, "jetzt müssen es die Jungs auf dem Platz zeigen."

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