Vor einem halben Jahr hat der VfL Bochum mitten in der Rückrunde nach sechs Spielen mit nur einem Punkt panikartig seinen Trainer Thomas Letsch entlassen. „Er wirkte ratlos, er hatte keine Lösungen mehr“, erklärte die Freistellung einige Wochen später der Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Villis. Viele VfL-Beobachter glauben nach wie vor, dass diese Entlassung ein Fehler war. Der Klassenverbleib unter dem Interimscoach Heiko Butscher gelang mit viel Glück im Elfmeterschießen der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf. Besser oder konstanter geworden ist der VfL seit dem Letsch-Aus nicht.
Am Samstag verlor Bochum unter seinem neuen Trainer Peter Zeidler im siebten Saisonspiel zum sechsten Mal und bleibt mit nur einem Punkt Tabellenletzter. Zeidler sagte in der Pressekonferenz nach der 1:3-Niederlage bei Hoffenheim: „Dass ich mich voll identifiziere, dass ich fleißig und auch sehr kompetent bin, das weiß man – sonst wäre ich vielleicht schon weg.“
Diese Aussage hatte allerdings keine sehr lange Halbwertszeit – nur etwa 26 Stunden. Am Sonntagabend meldete der VfL Bochum: Nicht nur der Cheftrainer Peter Zeidler, sondern auch der Sportdirektor Marc Lettau wird mit sofortiger Wirkung freigestellt. Trotz vieler Gespräche und Bemühungen in den vergangenen Wochen sei es nicht gelungen, „signifikante Verbesserungen in sportlicher oder tabellarischer Hinsicht zu erzielen“, hieß es in einer Mitteilung. „Es fehlt die Überzeugung, dass der VfL in der bisherigen personellen Konstellation das Ziel Klassenerhalt schaffen kann.“ Wie es weitergeht und wer die Positionen übernimmt, darüber will der Klub zeitnah informieren.
In den kommenden Wochen – zunächst am Sonntag gegen Bayern München, danach in Frankfurt, gegen Leverkusen und in Stuttgart – sind die Chancen für Bochums ersten Saisonsieg nicht besonders gut, aber daran wird auch ein neuer Trainer nichts ändern. Die Schwankungsbreite der Bochumer Leistungen drückt die Qualität des Kaders aus; nur in guten Phasen hat Bochum Erstliganiveau. Und so wird es für die Bochumer vor allem darauf ankommen, wenn es für sie von Ende November an in den letzten sechs Hinrundenspielen gegen leistungsmäßig vergleichbare Kontrahenten geht.
„Schon größere Spieler haben Elfmeter verschossen“, sagt der Trainer nach Daschners Fehlschuss
Im Gastspiel bei der TSG Hoffenheim zeigten die Bochumer in der ersten Hälfte ihre bislang schlechteste Halbzeit dieser Saison. Das empfand auch Zeidler so. Nach der Pause allerdings wurden seine Spieler wehrhafter, kamen auf 1:2 heran und erhielten plötzlich die Chance auf den Ausgleich. In der 89. Minute allerdings vergab Lukas Daschner mit einem schlecht geschossenen Elfmeter die Chance auf den Ausgleich. Zeidler monierte subtil die Art der Ausführung – flach, schwach und nahe am Torwart –, doch er fügte versöhnlich hinzu: „Schon größere Spieler haben Elfmeter verschossen.“
Wie sicher er sich in seinem Amt jetzt noch fühle, wurde Zeidler konkret gefragt und antwortete scheinbar vollkommen ernst: „Natürlich fühle ich mich sehr sicher.“
Nun wartet die Öffentlichkeit auf Signale, wie es in Bochum weitergeht. Am Samstag hatte sich zunächst niemand der Verantwortlichen zum Ernst der Lage geäußert, auch am Sonntag gab es zunächst keine Nachrichten. Allerdings ist die Situation, so apokalyptisch sie anderswo auch wahrgenommen würde, für die Menschen beim VfL Bochum nichts Neues. Schon in der dritten Saison in Serie ist der Klub nach sieben Saisonspielen noch sieglos. Vor zwei Jahren war das unter dem damaligen Trainer Thomas Reis so, vor einem Jahr unter Thomas Letsch und nun unter Peter Zeidler.
Aktuell vermeldet der Verein nur einen Erfolg: Von der European Club Association (ECA) wurde der VfL mit einem Preis namens Karl-Heinz-Rummenigge-Award ausgezeichnet für sein Projekt „Beirat Zukunft“. Darin diskutieren junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren innovative Ansätze etwa zu den Themen Umweltschutz, Fanbeteiligung und Stadionerlebnis. „Das soll den Verein nachhaltig voranbringen“, wünscht man sich beim VfL.
Was das Bundesliga-Schlusslicht sportlich voranbringt? Einen Rummenigge-Award gibt es hier nicht. Die nicht allzu beliebte Dekorierung am Tabellenende heißt im Volksmund: rote Laterne.