Alexander Zorniger begann seine Analyse dieses grauslichen Rumpelfestivals zwischen der TSG Hoffenheim und dem VfB Stuttgart während der obligatorischen Pressekonferenz mit einem Versprecher. Der Trainer des VfB sagte: "Es war aufgrund des Zeitpunktes ein verdienter, aber glücklicher Sieg."
Natürlich wusste der Trainer des VfB, dass am Ende ein 2:2 in der Statistik stand. Zumal er sich noch kurz zuvor in der ARD und bei Sky sogar noch richtig geärgert hatte, dass Stürmer Timo Werner dem Ausgleichstreffer in der 90. Minute nicht noch das Siegtor hatte folgen lassen. "Den hat er nicht machen können, da war er noch so mit Küsschen verteilen nach dem 2:2 beschäftigt. So ist das bei jungen Spielern", hatte er bei Sky noch einigermaßen schmunzelnd gesagt. In der ARD hatte der Küsschen-Spruch dann gar nicht mehr witzig geklungen. Das mit den Küsschen hätte er mal lieber gelassen, befand Zorniger, denn: "Wenn er den macht, ist er ein Großer. So ist er nur ein Toptalent", lautete der Nachsatz.
Beim VfB war die Erleichterung zwar zu spüren, nicht auch das siebte von bisher acht Spielen verloren zu haben. Aber: Der VfB ist weiter Letzter, nun mit vier Pünktchen. Sportdirektor Robin Dutt konstatierte dann auch zu Recht: "Der Punkt hat uns in der Tabelle nicht geholfen, wir nehmen ihn aber als einen der Moral und als Strohhalm."
Situation fast noch alarmierender als in den Vorjahren
Es ist eher ein Strohhälmle, wenn man sich die Gesamtsituation des VfB im Herbst 2015 anschaut. Alles sollte ja besser werden, seit der energische Alexander Zorniger den VfB nach zwei Jahren im Abstiegskampf übernommen hat. Doch nach drei Monaten im Amt ist die Situation fast noch alarmierender als in den vergangenen Spielzeiten. Am 11. Oktober steht dem Klub eine unangenehme Mitgliederversammlung ins Haus. Eine Ausgliederung der Profiabteilung ist längst kein Thema mehr, weil die sportliche Situation auch in diesem Herbst desolat ist. "Der VfB steckt seit Jahren in einer schwierigen Situation, da ist es klar, dass man Rede und Antwort stehen muss", sagte Dutt.
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Wie die Mannschaft und ihr Trainer aus diesem Schlamassel herauskommen wollen, ist eine gute Frage. Der einzige Mittelstürmer im Kader, Daniel Ginczek, wird im Kalenderjahr "wahrscheinlich kein Spiel mehr für den VfB bestreiten", wie Zorniger erklärte. Das Risiko sei zu groß für Ginczek, den ein Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule quält. Die Entscheidung, ob Ginczek operiert wird, ist noch nicht gefallen.
Das Strohhälmle glüht auch deswegen, weil wenigstens die ungewöhnlichen Einwechslungen von gleich allen drei Ersatzspielern in Minute 63 zählbaren Erfolg brachten: Jan Kliment (eingewechselt für Maxim) köpfte nur eine Minute später den 1:1-Ausgleich und Daniel Ferati (eingewechselt für Rupp) flankte Werner den Ball auf den Kopf. "Die Mannschaft brauchte einen Impuls von außen", erklärte Zorniger die ungewöhnliche Dreier-Auswechslung.
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Es bleiben viele Fragen über das Verhältnis des Trainers zur Mannschaft. Seit zwei Wochen wird wieder heftig spekuliert, ob Spieler wie Daniel Didavi, Martin Harnik oder Kostic den VfB spätestens zur neuen Saison verlassen. Im Sommer hatte der VfB den Verkauf dieser Spieler aus nachvollziehbaren Gründen nicht gebilligt. Nicht unschuldig an der Diskussion derzeit ist Manager Robin Dutt, der ohne Zwang eine Erklärung von Harnik und Didavi, deren Verträge im nächsten Jahr auslaufen, zu ihrer Zukunft bis Ende September gefordert hatte. Nach dem Fehlstart kommt die Debatte nun zur Unzeit.
Zornigers Verhältnis zu einigen Spielern belastet
Der Berater des nicht mehr eingesetzten Georg Niedermeier beschwerte sich vergangene Woche öffentlich über die Degradierung seines Schützlings. Und Martin Harnik gegen Hoffenheim spielte nur wieder von Anfang an, weil andere verletzt waren. Zu den ganzen Debatten und der kommenden Mitgliederversammlung erklärte Sportvorstand Dutt: "Wenn du acht Spiele solche Ergebnisse hast, dann ist das in der Regel keine grüne Oase."
Punkte fehlen, das Binnenverhältnis von Trainer zu einigen Spielern ist belastet, Wechseldebatten und tendenziell schwächere Leistungen wie zu Saisonbeginn belasten den VfB. In Hoffenheim wollte Alexander Zorniger aufgrund des Spielverlaufs einen ergebnismäßigen Fortschritt und einen in den Comeback-Qualitäten der Mannschaft erkannt haben. Ob der angesichts der Gesamtlage nachhaltig ist, ist eine spannende Frage.