Trainersuche beim VfB Stuttgart:Verein für Bewegungslosigkeit

VfB Stuttgart: Trainer Michael Wimmer und Sportdirektor Sven Mislintat

Vorerst weiterhin Kollegen beim VfB Stuttgart: Trainer Michael Wimmer und Sportdirektor Sven Mislintat (v.l.).

(Foto: Herbert Rudel/Pressefoto Rudel/Imago)

Der VfB Stuttgart belässt den Interimscoach Michael Wimmer bis zur WM-Pause im Amt. Das verschafft dem Klub etwas Zeit bei der Trainersuche - zeigt aber auch, wie sich die Verantwortlichen gerade selbst blockieren.

Kommentar von Christof Kneer

Als zum bisher letzten Mal die Amtszeit eines Trainer mit dem Wörtchen "mindestens" verlängert wurde, entpuppte sich das nachträglich als glänzende Idee. Klub und Trainer hätten "sich darauf verständigt, dass Hansi Flick mindestens bis zum Ende der laufenden Saison Cheftrainer beim deutschen Rekordmeister bleibt", verkündete der FC Bayern im Dezember 2019, inklusive eines demonstrativen Zusatzes: Dass Flick über den Sommer 2020 hinaus Cheftrainer bleibe, sei für den FC Bayern "ausdrücklich eine gut vorstellbare Option".

Auf den Zusatz vom Hansi haben sie beim VfB Stuttgart am Wochenende verzichtet, als es um den Michi ging, oder zumindest haben sie ihn etwas anders formuliert. Man habe sich "dafür entschieden, mit Michi Wimmer mindestens bis zur Winterpause zu gehen", sagte Stuttgarts Sportchef Sven Mislintat, und danach sei der Michi Wimmer dann "einer von drei Kandidaten" für den Posten des neuen Cheftrainers (offenbar neben dem Dänen Jess Thorup und dem Niederländer Alfred Schreuder). Ob der VfB mit dieser Münchner Strategie nun ebenfalls das Triple gewinnt wie damals der FC Bayern, ist allerdings noch nicht ganz sicher, zumal der direkte Vergleich mit dem Champions-League-Klub Borussia Dortmund am Wochenende 0:5 endete.

Es war eine gewagte Entscheidung des Klubs, den eigenen Sportchef zu überfallen

Abgesehen vom unterschiedlichen Qualitätsniveau des FC Bayern und des VfB Stuttgart steckt in den Modellen aber derselbe Grundgedanke: Es geht darum, Zeit zu gewinnen - Zeit, die sich nutzen lässt, um die Entwicklung der Mannschaft unter Michi/Hansi mit jener auf dem Trainermarkt abzugleichen. Wobei im Falle des VfB Stuttgart fraglich ist, ob es außer Zeit überhaupt so viel zu gewinnen gibt - diese Trainer-Entscheidung ist im Grunde eine Nicht-Entscheidung. Und so könnte es in der WM-Pause zu einem Szenario kommen, das man sich gerne bildlich vorstellen würde: wie im einen Stockwerk der Stuttgarter Geschäftsstelle eine Runde um Sven Mislintat und Vorstandschef Alex Wehrle mit Trainerkandidaten verhandelt - während zuvor in einem anderen Stockwerk der Vorstandschef Wehrle mit seinem Berater Sami Khedira über die Zukunft des Sportchefs Mislintat debattiert.

Immer mehr zeigt sich, wie gewagt die Entscheidung der neuen Klubführung war, den eigenen Sportdirektor zu überfallen. Die hinter dem Rücken von Mislintat betriebene Installierung der prominenten Sami Khedira (Berater des Vorstands), Philipp Lahm (auch irgendwie Berater von irgendwem) und Christian Gentner (demnächst Mitglied in Mislintats Sportressort) fällt dem Klub nun bei der Trainersuche auf die Füße: Selbstverständlich möchte jeder Trainerkandidat wissen, ob der Sportdirektor, mit dem er da gerade Pläne entwirft, auch in Zukunft Sportdirektor bleibt - und Mislintat wiederum könnte zu der Auffassung kommen, dass er nur dann einen Trainer holen sollte, wenn er zuvor das Signal zur Verlängerung seines eigenen Vertrages bekommen hat. Sonst müsste sinnvollerweise jemand anderes die Trainer-Entscheidung treffen, der Klubchef, ein Berater oder gar ein neuer Sportdirektor.

4:1 gewonnen, 6:0 gewonnen, 0:5 verloren - spektakulär aktiv hat der VfB in der vergangenen Woche gewirkt, in beide Richtungen. Aber das täuscht. In Wahrheit ist aus dem Verein für Bewegungsspiele vorübergehend ein Verein für Bewegungslosigkeit geworden, der sich bei der Trainersuche selbst blockiert. Der Michi Wimmer kann da allerdings gar nix dafür.

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