Süddeutsche Zeitung

Trainer beim VfB Stuttgart:Es kann steinig werden mit Korkut

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Von Christof Kneer, München

Am Sonntag war Tayfun Korkut gerade in Istanbul, als sein Telefon klingelte. Am Apparat war Michael Reschke, der Sportvorstand des VfB Stuttgart, und der druckste gar nicht lang herum. Reschke hatte vor allem zwei Fragen: Ob er, Korkut, mal eben umbuchen und nach Deutschland kommen könne? Und ob man sich dann am Montagfrüh in Stuttgart treffen könne? Wie man inzwischen weiß, wurde die erste Frage mit "ja" und die zweite ebenfalls mit "ja" beantwortet. Korkut flog über Frankfurt zurück, er saß am nächsten Morgen schon heimlich neben Reschke und am frühen Abend dann noch mal, da aber gar nicht mehr heimlich und vor deutlich größerem Publikum: Da wurde er bereits als neuer Trainer des VfB Stuttgart vorgestellt.

"Es kann steinig werden, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das Ziel, das sich der VfB gesetzt hat, gemeinsam erreichen können", sagte Korkut, 43, und das Ziel ist natürlich: der Klassenverbleib.

Der schwäbische Deutsch-Türke Korkut, der beim VfB einen Vertrag bis 2019 unterschrieb, galt einst als großes Versprechen auf dem Trainermarkt, man traute ihm eine Karriere zu, wie sie gerade der schwäbische Deutsch-Italiener Domenico Tedesco macht. Wie Tedesco ist Korkut ein stets verbindlicher, taktisch versierter Coach, dessen Analysen die Spieler schätzen. Zu einer Karriere, die den Prognosen entspricht, hat es bisher aber keinesfalls gereicht, weshalb am Montag folgende Frage über Stuttgart hing: Muss man wirklich einen Trainer wie Hannes Wolf entlassen, um dann einen wie Korkut zu holen?

Reschke weiß, dass er und der sehr tatkräftige Präsident Wolfgang Dietrich nun im Zentrum heftiger Kritik stehen, beide verantworten ja diese verblüffende Trainerentlassung, der nicht mal eine richtige Trainerdebatte vorausgegangen war. Beim Publikum galt Wolf bis zuletzt als der pfiffige Aufstiegsheld, nur leise wurden seine defensiven Aufstellungen hinterfragt.

Reschke findet aber, dass die Frage "Warum Korkut statt Wolf?" falsch gestellt ist, denn so, wie sie die Geschichte im Klub erzählen, hat der offenbar von leichteren Resignationstendenzen geplagten Wolf bei der eigenen Entlassung zumindest mitgeholfen. Die Bilanz von nur einem Sieg in den letzten acht Pflichtspielen habe "Spuren bei dem jungen Trainer hinterlassen", heißt es, weshalb die Bosse sich angeblich gezwungen sahen, die Pläne zu ändern. Offenbar war geplant gewesen, mit Wolf noch zum nächsten Auswärtsspiel nach Wolfsburg aufzubrechen.

"Die sinnvollste und schlüssigste Lösung" sei Korkut, sagt Reschke, beim Gespräch am Montagfrüh habe der Kandidat "gleich die richtigen Themen angesprochen". Korkut ist in Stuttgart geboren und aufgewachsen, und seit einiger Zeit wohnt er auch wieder in der Stadt, er hat in dieser Saison einige VfB-Heimspiele im Stadion verfolgt. Auf seinen bisherigen Stationen in Hannover, Kaiserslautern sowie beim Zwölf-Spiele-Intermezzo in der vergangenen Rückrunde in Leverkusen war Korkut zwar höchstens ein bisschen erfolgreich, aber was der langjährige Leverkusener Funktionär Reschke aus der alten Heimat übermittelt bekam, überzeugte ihn offenbar. Auch Torwart Ron-Robert Zieler, der in Hannover einst unter Korkut spielte, stellte dem Trainer ein gutes Zeugnis aus.

Nur mit zwei, drei Kandidaten haben sich die Stuttgarter ernsthaft befasst, einer davon war Markus Weinzierl, der angeblich abgesagt hat. Angeboten wurden dem VfB seit Sonntag mehr als 50 Trainer - nur leider nicht der Wunschkandidat und ehemalige VfB-Jugendtrainer Thomas Tuchel, dem der Klub deutlich zu klein geworden ist.

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Quelle:
SZ vom 30.01.2018
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