VfB Stuttgart:Dem VfB bleiben nur Durchhalteparolen

TSG 1899 Hoffenheim v VfB Stuttgart - Bundesliga

Schwaben-Kollaps im Kraichgau: Mit dem 1:0 für Hoffenheim (im Bild) begannen zwölf rabenschwarze Minuten für den VfB Stuttgart.

(Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)
  • Der VfB Stittgart kassiert gegen Hoffenheim eine 0:4-Niederlage. Das gleiche Ergebnis gab es schon eine Woche zuvor gegen Borussia Dormtund.
  • Eine niederschmetternde Bilanz für den neuen Trainer Markus Weinzierl.
  • Der VfB muss sich die Frage gefallen lassen, ob die Ergebnisse mit Vorgänger Tayfun Korkut nicht besser gewesen wären.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Beim Erklingen des Badnerlieds vor dem Anpfiff begannen die rund 5000 Schwaben sofort zu pfeifen, und sie trällerten, so laut sie konnten, gegen den Gesang von 25 000 Fans der Heimelf an. Es war im Grunde ein ungleiches Duell, aber der Lärmpegel hielt sich die Waage. Man darf sagen: Die Fans des VfB Stuttgart erreichten in großer Unterzahl im Wettstreit der Stimmen ein Unentschieden gegen die Anhänger der TSG Hoffenheim.

In Unterzahl geriet dann schon nach acht Minuten Spielzeit auch die Stuttgarter Mannschaft: Linksverteidiger Emiliano Insua wurde nach einem Kung-Fu-Tritt gegen Pavel Kaderabek - nach Intervention des Videoassistenten - von Schiedsrichter Frank Willenborg vom Platz gestellt. Den "Knackpunkt des Spiels" erkannte der neue VfB-Trainer Markus Weinzierl in dieser Entscheidung. Er klagte: "Es hat uns brutal getroffen, dass wir 82 Minuten in Unterzahl spielen mussten."

Ein 0:4, das noch in die Kategorie "schmeichelhaft" fällt

Das war nach einem am Ende bitteren 0:4 (0:0) aber nur eine verkürzte Sicht der Ereignisse. Bis zur Pause hielten die Stuttgarter gegen unpräzise spielende Hoffenheimer durchaus verdient ein 0:0. Das war zwar ein Kraftakt, aber ein Punkt lag im Bereich des Möglichen für den VfB. Doch innerhalb von zwölf Minuten ließen sich die dezimierten Gäste dann nach Wiederanpfiff vier Tore einschenken.

Als wäre mit dem ersten Gegentor durch Joshua Brenet (48.) schon alles verloren gewesen, ergaben sich die Schwaben verzagt dem nun beherzt nachsetzenden Hoffenheimer Team, das Treffer durch Joelinton (51.) und Ishak Belfodil (57./59.) folgen ließ. Am Ende wirkte das 0:4 sogar schmeichelhaft für den demoralisierten VfB Stuttgart.

Auch Weinzierl gab zu: "Wir dürfen nicht immer nach dem ersten Tor gleich ein zweites und drittes kriegen." Dieses Muster hatte Weinzierl bereits bei seinem Debüt in der vergangenen Woche gegen Dortmund erlebt. Seit drei Wochen ist der ehemalige Augsburger und Schalker Trainer nun in Stuttgart. Doch statt Aufbruchstimmung zu erzeugen, katapultierten seitdem zwei 0:4-Pleiten den Tabellenletzten noch tiefer in die Krise. Mit Vorgänger Tayfun Korkut, der den VfB in der Vorsaison aus dem Tabellenkeller heraus fast in den Europapokal geführt hatte, hätte die Ausbeute nicht schlechter sein können.

Sportvorstand Michael Reschke hebt den "Mumm" seines Trainers hervor

Es stellt sich daher die Frage, ob der Zeitpunkt des Trainerwechsels vor den Spielen gegen zwei Top-Mannschaften der Liga glücklich gewählt war. Sportvorstand Michael Reschke steht wegen der Art und Weise der Ablösung Korkuts bei vielen VfB-Fans ohnehin in der Kritik. Reschke hatte Korkut nach der Niederlage in Hannover zunächst Rückendeckung versichert, dennoch musste der Coach am nächsten Tag gehen. Später verteidigte Reschke seine Lüge als Strategie im Sinne des VfB.

Am Samstag hielt der Rheinländer nun ein Plädoyer für Weinzierl. Reschke lobte den "Mumm" des Trainers, angesichts des "brutal schweren Auftaktprogramms" das Amt übernommen zu haben: "Ich bin mir total sicher, dass wir mit Markus Weinzierl den Klassenerhalt schaffen. Er ist sehr fokussiert, hat eine klare Ansprache und einen sehr guten Umgang mit der Mannschaft. Da gibt es im Moment keinen Zweifel", betonte Reschke. Derlei Durchhalteparolen sind in der Regel nicht schon zu Beginn einer Trainer-Amtszeit zu hören, aber in Stuttgart herrscht Ratlosigkeit. Klassenverbleib lautet nun offiziell das neue Saisonziel. Torwart Ron-Robert Zieler sprach am Samstag von "Abstiegskampf" und einer "sehr ernsten Situation".

Den VfB plagen wichtige Ausfälle und eine gedanklich zerstreute Abwehr

Die neue Zielsetzung mag angesichts der aktuellen Leistungen realistisch sein. Betrachtet man aber die Investitionen potenter Firmen aus dem Ländle nach der Ausgliederung der VfB-Profiabteilung sowie die vollmundige Ankündigung von Präsident Wolfgang Dietrich, perspektivisch die dritte Kraft der Liga hinter Bayern und Dortmund werden zu wollen, dann ist das Ziel Nichtabstieg eher ein Armutszeugnis. Die Frage ist, ob dieser Absturz nur eine Momentaufnahme sein wird - oder ob dem VfB eine lange, schwere Saison bevorsteht. Er wolle nicht jammern, erklärte Reschke, aber drei von sechs Zugängen (Didavi, Kempf, Sosa) sowie der wichtige Spieler Donis seien ja leider verletzt.

Angst machen muss die Form der Abwehrspieler: Holger Badstuber gab in der Zentrale einer Dreierkette ein Bild des Jammers ab, Timo Baumgartl bleibt ein Talent, und auch Weltmeister Benjamin Pavard wirkt aktuell wie ein gewöhnlicher Spieler ohne Führungsqualitäten. Michael Reschke weiß: "Für uns ist es unheimlich wichtig, dass wir wieder den Schulterschluss mit den Fans schaffen. Ich kann nur appellieren: Gebt noch mal Gas, schenkt der Mannschaft das Vertrauen."

In Hoffenheim waren nach dem Abpfiff aus der VfB-Kurve Pfiffe zu hören. Sie ertönten aber verhaltener als vor dem Anpfiff beim Badnerlied. Dennoch: Die Stimmung in Stuttgart droht zu kippen.

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