Süddeutsche Zeitung

VfB Stuttgart:Fast jedes Spiel ein Platzverweis

Die Stuttgarter sehen die meisten Karten in dieser Saison - und verhindern so, dass sich der Klub ein Polster auf die Abstiegsränge aufbauen kann. Zudem muss sich der VfB im Angriff neu erfinden.

Von Felix Haselsteiner, Stuttgart

Beruhigt hatte sich Sven Mislintat wieder, was allerdings nicht bedeutete, dass er seine Meinung geändert hatte. "Ich persönliche finde, dass beide gelbe Karten für Josh eher ein Witz sind", sagte der Sportdirektor des VfB Stuttgart nach dem 1:1 gegen Schalke, bei dem Außenverteidiger "Josh" Vagnoman in der 67. Minute eine gelb-rote-Karte gesehen hatte, was wiederum Mislintat mit einem ausgeprägten Wutanfall quittiert hatte: "Ach komm, hört auf mit dem Scheiß", sollen die Worte gegenüber Schiedsrichter Florian Badstübner gewesen sein, die Mislintat seinerseits eine gelbe Karte einbrachten.

Es ist auch nach diesem 1:1 im Heimspiel gegen Schalke 04 augenscheinlich, dass zwar längst nicht alles falsch läuft beim VfB Stuttgart, aber zum Erfolg doch einige Details fehlen. Vier Unentschieden und eine Niederlage, so lautet die Bilanz nach fünf Spielen, in denen die Stuttgarter mehrmals die Möglichkeit hatten, sich ein etwas komfortableres Polster auf die Abstiegsränge aufzubauen.

Wie schon in der Vorwoche, beim 0:0 gegen den 1. FC Köln, hatten die Schwaben anfangs mehr vom Spiel und waren die etwas bestimmendere Mannschaft. Gegen Schalke reichte es gar zur Führung durch Chris Führich (18. Minute), die allerdings in der 21. Minute Simon Terodde mit seinem ersten Saisontor schnell ausglich - und damit den Stuttgartern ihren Mut zur spielerischen Lösung raubte.

Kalajdzic verletzt sich im ersten Spiel für Wolverhampton schwer

"Nach dem 1:1 haben wir nicht mehr richtig Fußball gespielt, so wie wir es können und wie wir es wollten. Und dann haben wir nie zurückgefunden in klare Strukturen", sagte Mislintat und war damit der eigenen Mannschaft gegenüber ähnlich kritisch wie dem Schiedsrichter. Wie auch Trainer Pellegrino Matarazzo sah er das schwächste Saisonspiel, in dem sich der VfB dann in Person von Vagnoman in der Schlussphase noch einmal in echte Schwierigkeiten brachte: Zweimal hatte Schalke in Überzahl gute Chancen auf den Sieg.

Die Stuttgarter haben in dieser Saison bislang die meisten Karten gesehen, einen Erfolg in Köln hatte Luca Pfeiffer mit seiner roten Karte in der zweiten Halbzeit verhindert, nun war es Vagnomans harte, aber eben auch unnötige zweite gelbe. Matarazzo selbst fehlte ebenfalls gesperrt und verfolgte das Spiel von der Tribüne aus, wollte das allerdings nicht als Ausrede gelten lassen: "Wir haben uns vor dem Spiel eigentlich gut gefühlt." Auch Mislintat sah die Mannschaft "top eingestellt", es habe aber an der Umsetzung gemangelt - und offenbar auch ein wenig an der Disziplin.

Matarazzo wird in der kommenden Woche, auswärts in München, wieder auf der Trainerbank sitzen. Ein anderer, der bei der enttäuschenden Leistung gegen Schalke vermisst wurde, wird vorerst gar nicht auf den Platz zurückkehren: Sasa Kalajdzic gab am Samstag sein Debüt für die Wolverhampton Wanderers in der Premier League, bei dem er sich allerdings einen Kreuzbandriss zuzog. Kalajdzics tragische Verletzungsgeschichte setzt sich damit fort, auch in Stuttgart hatte er schon mehrmals monatelang passen müssen.

Schon damals hatte der VfB Probleme gehabt ihn zu ersetzen, am Samstag war es ebenfalls offensichtlich: Der junge Lilian Egloff bemühte sich zwar, funktionierte allerdings neben dem schnellen Silas nicht in der Rolle als Anspielstation, die Kalajdzic eingenommen hatte, von Führich kamen nach seinem Tor kaum noch Impulse. Auch Borna Sosa hatte kaum Erfolg in der gegnerischen Hälfte, ihm fehlte allerdings auch der Partner, der gefährliche Flanken verwerten könnte.

"Das Offensivspiel war nicht stattfindend", sagte Matarazzo kritisch: "So kann man kein Spiel gewinnen." Es wird vonseiten des Trainers ein wenig Einfallsreichtum benötigen, um den VfB in der Spitze neu zu erfinden. Immerhin aber konnte Matarazzo eine mögliche Lösung schon mal aus der Ferne beobachten, sollte er doch beim alten Muster bleiben wollen: Sieben Minuten vor Schluss kam Serhou Guirassy auf das Feld, den Mislintat kurzfristig aus Rennes verpflichtet hatte - mit 187 Zentimetern Körpergröße böte er sich zumindest als Station am anderen Ende von Sosa-Flanken an.

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