VfB Stuttgart:Rohe Festtage

Marbella , Fußball Trainingslager VfB Stuttgart , von links: Claus Vogt ( Präsident ) / Thomas Hitzlsperger ( Vorstands

Fehde im Verein: Präsident Claus Vogt (li.) und der Vorstandsvorsitzende Thomas Hitzlsperger streiten beim VfB Stuttgart um Deutungen und Macht.

(Foto: Hansjo¼rgen Britsch via www.imago-images.de/imago images/Pressefoto Baumann)

Der Machtkampf zwischen Präsident Vogt und Sportvorstand Hitzlsperger eskaliert. Der angezählte Klubchef antwortet seinem Widersacher scharf.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Der VfB Stuttgart belegt einen beachtlichen siebten Tabellenplatz. Landauf, landab wird die mutige Spielweise des Aufsteigers gelobt, das Samstagsspiel gegen Leipzig dürfte attraktive Fußball-Unterhaltung liefern. Bei einer solchen Ausgangslage hätten sich die Verantwortlichen anderswo zu Weihnachten dankbar in die Augen geblickt und auf die Fortsetzung des erfolgreichen Weges angestoßen. Beim VfB hingegen wurden die Festtage dazu genutzt, die Messer zu wetzen. Der Konflikt zwischen dem Präsidenten des Gesamtvereins, Claus Vogt, und dem Sportvorstand des Profibereichs, Thomas Hitzlsperger, ist endgültig eskaliert.

Den Anfang machte Hitzlsperger, der Vogt in einem "offenen Brief" scharf anging und ankündigte, er werde im März gegen ihn als Präsident kandidieren: "In der Gremienarbeit verliert er sich in Details. Er führt nicht, er informiert zu wenig, er fällt selten Entscheidungen, er pflegt keinen offenen Austausch und keinerlei Streitkultur", schrieb Hitzlsperger. Vogt habe im Klub eine Front aus "dem gesamten Vorstand der AG und zahlreichen Gremienmitgliedern aus Präsidium, Aufsichtsrat und Vereinsbeirat sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern" gegen sich. Vogts Antwort ließ nicht lange auf sich warten: "Wenn mir vorgeworfen wird, ich würde bei gewissen Dingen nachfragen, dann behindere ich niemanden, dann verzögere ich nichts", schrieb der Präsident 22 Stunden später, "dann mache ich nichts anderes als meinen Job, nämlich die Kontrollfunktion für den e.V. auszuführen."

Tatsächlich dürften ein Grund für die Eskalation unterschiedliche Vorstellungen über das Tempo bei Entscheidungen sein. Während Hitzlsperger und Sportdirektor Sven Mislintat etwa im Mai den Vertrag mit Trainer Pellegrino Matarazzo zügig bis 2022 verlängern wollten, hinterfragte Vogt, ob das angesichts der bestehenden Laufzeit bis 2021 nötig sei, bevor er einwilligte. In Zeiten, in denen Angestellte auf Kurzarbeit gesetzt werden, fand er, müssten Millionen-Ausgaben hinterfragt werden. Es bleibt jedoch die Frage, warum solche nicht unüblichen Abwägungen zwischen wirtschaftlichen und sportlichen Erwägungen beim VfB nicht mehr sachlich diskutiert werden können. Vogt benennt in seinem offenen Brief einen möglichen Hintergrund: "Ich sage Ihnen offen, was dahintersteckt: die Aufklärung des Datenskandals."

Im Herbst hatte der Kicker aufgedeckt, dass zwei leitende VfB-Angestellte einer vermeintlich unabhängigen Fan-Homepage die Daten von 35 000 Klubmitgliedern zur Verfügung gestellt haben sollen, um die Stimmung zugunsten der später auch erfolgten Ausgliederung der Profiabteilung zu beeinflussen. Dass die beiden aus eigenem Antrieb gehandelt haben, glaubt niemand, der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg ermittelt. Lagerunabhängig gibt es im Verein viele, die sich freuen würden, wenn die damals Verantwortlichen zur Aufklärung beitragen würden statt sie zu torpedieren. Dass Vogt keine Stuttgarter Kanzlei, sondern in Berlin ansässige externe Juristen mit der Aufklärung befasst hat, machte ihm dennoch nicht nur Freunde, glaubt er. Es sei "versucht worden, die Arbeit der Kanzlei zu torpedieren, ihren Auftrag einzugrenzen und schließlich sogar ohne Endergebnis (...) zu beenden."

Auch Hitzlsperger hatte sich zuvor für eine gründliche Aufarbeitung eingesetzt. Er fürchtet allerdings, dass die Kosten für die Aufklärung explodieren, je länger sie sich hinzieht. Was er tun will, wenn die externen Ermittler weiter gegen Wände laufen, dürfte eines der bestimmenden Themen der nächsten Wochen sein. Bis zur Wahl Ende März steht dem VfB nun ein Machtkampf zwischen zwei Männern bevor, deren Briefe eine einzige Gemeinsamkeit aufwiesen. Beide warnen vor einem "Riss", der den VfB zu entzweien drohe. Der dürfte erst mal noch tiefer werden.

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