Erst einige Wochen ist es her, dass sich der VfB Stuttgart in der Relegation den Verbleib in der Bundesliga sicherte, weshalb es durchaus überraschend war, dass jetzt bereits die Champions League zur Sprache kam. Zu einer Pressekonferenz mit dem Betreff "Weltmarken-Bündnis" hatte der VfB am Dienstagvormittag geladen - und dort verkündete der Klub den Einstieg eines neuen Investors: Die Porsche AG und ihre Tochterfirma MHP werden Anteile am VfB übernehmen, verbunden mit üppigen Sponsorenzahlungen und in einem Gesamtvolumen von bis zu 100 Millionen Euro. Dies sei, sagte Präsident Claus Vogt, im Paket mit dem bereits langjährigen Anteilseigner Mercedes Benz "die Champions League der Investoren".
Drei Weltmarken aus Zuffenhausen, Untertürkheim und Ludwigsburg also sollen in den kommenden Jahren das finanzielle Rückgrat für den VfB bilden, was in dieser Form tatsächlich einzigartig ist: Konkurrierende Autofirmen als Investoren unter einem Dach zusammenzubekommen, das war außerhalb Württembergs im Fußball noch nicht möglich, nicht einmal in München, wo BMW sich neben dem FC-Bayern-Anteilsinhaber Audi lediglich das Sponsoring der Basketballmannschaft sichern konnte.
Bei Porsche und MHP verhält es sich anders. Fünf Prozent der VfB-Anteile werden in einer ersten Tranche übernommen, weitere fünf Prozent in den kommenden zwölf Monaten. Neben den 11,75 Prozent Anteilen von Mercedes-Benz und den 1,16 Prozent des Sportartikelherstellers Jako (ebenfalls regional in Mulfingen im Hohenlohekreis angesiedelt) ist Porsche damit der Investor, den der VfB in den vergangenen Jahren dem Vernehmen nach stets gesucht hatte.
In der neuen Saison spielt der VfB nicht mehr in der Mercedes-Benz-Arena, sondern in der MHP-Arena
"Das größte Paket in der Geschichte des VfB Stuttgart", hieß es, sei dieser Einstieg, den der Klub-Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle in den vergangenen Wochen aushandelte - in Abstimmung mit Mercedes-Benz. Der Autokonzern "schenkte" dem Verein auch die Namensrechte am Stadion zurück, was den plakativsten Teil des neuen Deals ermöglicht. Denn in der kommenden Saison wird der VfB nicht mehr in der Mercedes-Benz-Arena spielen, sondern in der MHP-Arena. Mercedes hatte sich die Rechte ursprünglich auf einen Zeitraum von 30 Jahren gesichert, allerdings für die damals geringe Summe von 0,7 Millionen Euro pro Saison.
Die Einnahmen aus dem Stadion-Sponsoring sollen nun deutlich steigen, genauso wie jene aus dem Fußball-Nachwuchsleistungszentrum, das in Zukunft von Porsche gesponsert wird. Die von Wehrle genannten 100 Millionen Euro sind daher eine Summe, die sich erst in den kommenden Jahren aufsummieren wird - weshalb der Einstieg zwar eine finanzielle Absicherung darstellt, aber nicht direkt zu deutlich mehr Investments in den sportlichen Bereich führen wird.
"Wir werden weiterhin konsolidieren und das Eigenkapital stärken müssen", betonte Wehrle. Der VfB musste wie viele Bundesligisten in den vergangenen Jahren einen massiven Einbruch wegen der Corona-Pandemie verbuchen, Ende 2022 blieben 11,2 Millionen Euro übrig - gegenüber 46,1 Millionen im Jahr 2019. Wehrle sieht den Porsche-Einstieg daher als Investition in Infrastruktur, Digitalisierung und Internationalisierung - aber die "sportliche Wettbewerbsfähigkeit" solle dennoch nicht auf der Strecke bleiben. Eine Eigenkapitalerhöhung könnte kurzfristig dazu beitragen, den Kaderetat zu erhöhen. Verkaufskandidaten wie die Spieler Borna Sosa oder Konstantinos Mavropanos könnten nun womöglich doch neue Vertragsangebote erhalten.
Wehrles Aussagen stehen trotzdem in einem klaren Kontrast zu jenen des einstigen Präsidenten Wolfgang Dietrich, der 2017 nach dem Einstieg von Mercedes-Benz den Angriff auf die "Top-Sechs" der Bundesliga verkündet hatte, im Mai 2019 jedoch den Abstieg in die 2. Bundesliga erlebte. Die Sponsoren-Champions-League wird also wohl nicht direkt in die sportlichen europäischen Elite-Sphären führen.
Offen ist zudem noch, wer in der kommenden Saison das Trikot des VfB als Sponsor zieren wird. Die bisherige Vereinbarung mit der Mercedes-Benz-Bank auf dem Brustgürtel und der E-Mobilitätssparte Mercedes EQ auf dem Ärmel lief zum Saisonende aus. Elf Millionen Euro sollen die Sponsorenplätze wert sein. Wehrle berichtete von "guten Gesprächen" und sagte, man suche nach einem Partner, der "zu unserer Strategie" passt. Angesichts der Tatsache, dass der stolze Vorstandschef gerade zwei konkurrierende Automobilkonzerne aus dem Umland in Cannstatt vereint hat, ist ihm auch eine Lösung in der Trikotbrust-Frage zuzutrauen.