VfB Stuttgart:Drei Weise fürs Ländle von morgen

VfB Stuttgart: Fünf für den VfB: Präsident Claus Vogt, Sami Khedira, Vorstandvorsitzender Alexander Wehrle, Philipp Lahm und Christian Gentner (v.l.).

Fünf für den VfB: Präsident Claus Vogt, Sami Khedira, Vorstandvorsitzender Alexander Wehrle, Philipp Lahm und Christian Gentner (v.l.).

(Foto: Robin Rudel/Sportfoto Rudel/Imago)

Die ehemaligen Nationalspieler Khedira, Lahm und Gentner werden künftig dem VfB beratend zur Seite stehen. Während Geschäftsführer Wehrle über die geballte Kompetenz strahlt, wirkt Sportdirektor Mislintat verblüfft.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Alexander Wehrle ist kein Mensch, in dessen Mienenspiel man lange nach Gefühlsregungen suchen müsste. Dass der Geschäftsführer des VfB Stuttgart am Montag bei der einstündigen Pressekonferenz etwa 58 Minuten lang lächelte oder lachte, war dann auch ein untrügliches Zeichen für extrem gute Laune über die Verpflichtung der drei recht prominenten Herren, die da neben ihm saßen: Sami Khedira, Philipp Lahm und Christian Gentner - als einziger mit Shirt statt Hemd unter gedecktem Sakko - werden sich also künftig bei den Schwaben um das verdient machen, was in Pressemeldungen "sportliche Kompetenz" heißt. "Ein starkes Signal" sei das, so Wehrle. Zumal angesichts der nicht ganz so großen sportlichen Erfolge in den vergangenen Jahren.

Auch die drei prominenten Ex-Nationalspieler wirkten am Montag bestens gelaunt, als sie in noch sehr groben Zügen umrissen, was genau sie künftig beim VfB tun werden. Khedira und Lahm, so viel steht fest, sollen direkt Wehrle zuarbeiten, während Gentner in Vollzeit im operativen sportlichen Geschäft tätig werden soll.

Er werde "nah an der Mannschaft sein", kündigte Gentner an, den auch die Schnittstelle zwischen Nachwuchsleistungszentrum und Profis reizt. Genaueres über die künftige Aufgabenverteilung werde er "in den kommenden Wochen und Monaten" mit Sven Mislintat besprechen, sagte Gentner, noch habe es keine Gespräche mit dem Sportdirektor gegeben. Was man durchaus seltsam finden kann.

Khedira und Lahm, um die Wehrle zunächst allein und dann zusammen mit Präsident und Aufsichtsratschef Claus Vogt warb, sollen den Geschäftsführer künftig in sportlichen Dingen wie der Kaderplanung direkt beraten, die strategische Ausrichtung des Vereins mitbestimmen und ihre jeweiligen Netzwerke aktivieren. Khedira, der noch bei der Uefa einen Master-Studienkurs für Fußball-Administration absolviert, sagte, er hätte nach seinem Karriereende vor 15 Monaten bei anderen Vereinen auch direkt als Sportvorstand anfangen können. Doch dafür sei es zu früh. In Stuttgart könne er nun von "Top-Leuten" lernen und "aus der Adlerperspektive unsere Erfahrungen weitergeben".

Während Khedira und Gentner VfB-Eigengewächse und Herzens-Stuttgarter sind, verbindet man in der öffentlichen Wahrnehmung den gebürtigen Münchner Lahm eher mit dem FC Bayern, bei dem er seine gesamte Karriere verbrachte. Bis auf die zwei Jahre beim VfB eben, in denen er unter Giovanni Trapattoni und Armin Veh 53 Ligaspiele bestritt.

Sein Engagement für den VfB begründete der heutige Direktor des Organisationskomitees für die EM 2024 dann auch mit pragmatischen und mit emotionalen Komponenten: "Mich reizt das Modell", sagt Lahm, "es ist nicht alltäglich, dass ein Vorstand Beratung zulässt." Zudem fühle er sich Verein und Stadt verbunden. In Stuttgart sei er zum Nationalspieler geworden. Und, fast noch wichtiger: "Hier war ich das erste Mal weg von zu Hause und hatte meine erste eigene Wohnung."

Nach der Präsentation des prominenten Trios verlässt Mislintat in beachtlichem Tempo den Raum

Gentner, der zuletzt recht lautstark gegrübelt hatte, ob seine Knochen wohl noch eine ganze Spielzeit als Aktiver des FC Luzern mitmachen, begründete seine Entscheidung, die Karriere schon im Dezember zu beenden, dann auch mit seiner emotionalen Verbundenheit zum VfB. Er fängt nach Silvester als "Leiter Lizenzspielerabteilung" in Bad Cannstatt an. Ob das zu Verwerfungen innerhalb des Organigramms führt, wurde am Montag auch diskutiert.

Am Rand der Mitgliederversammlung am Sonntag hatte Mislintat jedenfalls erklärt, er freue sich auf Gentner. Das Gerücht, Mislintat habe von den Gesprächen mit dem 37-Jährigen erst erfahren, als die künftige Zusammenarbeit bereits fixiert war, hielt sich am Wasen dennoch hartnäckig - was daran liegen könnte, dass es zutrifft. Dabei müsste man ja eigentlich Vorgespräche erwarten, wenn der Chef im sportlichen Bereich eine weitere Fachkraft zur Seite gestellt bekommen soll.

Auf dreifache Nachfrage umschiffte Wehrle am Montag zwar zunächst eine klare Aussage, ob die Personalie mit Mislintat abgesprochen sei. Sein Satz, er sei "sehr zuversichtlich, dass er sich freut, wenn andere Perspektiven einfließen", bestätigte indirekt aber wohl, dass das nicht so war. Ob es stimmt, dass Mislintat, der die Pressekonferenz am anderen Ende des Saals verfolgte, "wohl jetzt nicht hier wäre", wenn er die Personalie als problematisch empfände, wie Wehrle meinte, ließ sich dann nicht mehr überprüfen. Kaum war die Veranstaltung zu Ende, verließ er in beachtlichem Tempo den Raum.

Doch "Interpretationen und Spekulationen" sind wohl auch da fehl am Platze. Findet zumindest Wehrle, der den Journalisten riet, sich "ein bisschen zu entspannen". Er freue sich auf die Verhandlungen mit Mislintat, dessen Vertrag im kommenden Sommer ausläuft. "Wir werden in intensive Gespräche gehen", sagte Wehrle. "Wir sind beide keine angenehmen Gesprächspartner, wenn es um Verträge geht."

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