Trainerfrage beim VfB Stuttgart:Labbadia? Meyer? Daum?

Einiges spricht dafür, dass Jens Keller nach dem Freitagspiel bei Hannover 96 nicht mehr Trainer beim VfB Stuttgart ist. Über die möglichen Kandidaten wird bereits heftig spekuliert.

Christof Kneer

Die Nachrichten der letzten Tage hörten sich nicht gut an für Jens Keller. Am Montag wurde bekannt, dass der Trainer Martin Jol bei Ajax Amsterdam seinen Rücktritt eingereicht hat. Am Dienstag folgte die Meldung, dass der bulgarische Klub Tschernomorez Burgas den Trainer Krassimir Balakow in die Freiheit entlässt.

Hamburger SV - VfB Stuttgart

"Wir konzentrieren uns voll auf Hannover": Stuttgarts Trainer Jens Keller hat auch keine andere Wahl.

(Foto: dapd)

Die Nachricht aus Amsterdam stellt ein Bedrohungsszenario für alle gefährdeten Bundesligatrainer dar, weil der einstige HSV-Coach Jol seine Mittelsmänner wieder diskret den deutschen Markt sondieren lässt. Die Meldung aus Burgas taugt dagegen vor allem dazu, aktuelle Trainer des VfB Stuttgart zu beunruhigen. In Stuttgart war Balakow ein Held, Teil des legendären Magischen Dreiecks, ebenso wie der einstige Stürmer Fredi Bobic, der inzwischen praktischerweise als Manager amtiert.

Was Jol und Balakow betrifft, darf Keller aber unbesorgt sein. Der Holländer scheint im Klub nicht auf Gegenliebe zu stoßen, und seinen alten Kumpel Balakow wird Bobic schon deshalb nicht holen, weil er sein alter Kumpel ist. Entspannen wird sich Keller deshalb aber nicht: Er weiß, es ist Gefahr im Verzug. "Tatsache ist, dass wir Punkte brauchen, nichts anderes", sagt Bobic, der zur Trainerfrage verständlicherweise nichts Konkreteres beisteuern kann.

Am Freitag spielt sein VfB bei Hannover 96, soll er da etwa vorher den Trainer in Frage stellen? "Wenn man das Gefühl hat, dass etwas nicht mehr funktioniert, muss man handeln", sagt er nur ganz allgemein - ganz speziell kann man sich aber schon denken, was damit gemeint ist.

Jens Keller hat den VfB nicht schlecht gecoacht bislang, mit kleinen Eingriffen hat er das Immunsystem der kränkelnden Elf vorübergehend gestärkt, aber inzwischen wirken Team und Trainer wieder ziemlich angegriffen. Noch wollen sie sich im Klub nicht vom Ursprungsplan verabschieden, wonach Keller den VfB durch eine Übergangssaison steuern soll, um im Sommer womöglich einem neuen Trainer wie Freiburgs Robin Dutt Platz zu machen.

Nach jüngsten Eindrücken darf man es aber für wahrscheinlich halten, dass ein anderer Coach den Kader ins Winter-Trainingslager nach Belek führt. Es gebe keine Fristen, sagte Bobic am Mittwoch, "wir konzentrieren uns voll auf Hannover, diesem Spiel unterliegt alles".

Eine Niederlage am Freitag könnte reichen, um im Klub wieder das Notprogramm zu aktivieren: Pressemitteilung verfassen, in die Veh/Babbel/Gross-Spalte den nächsten Namen (Keller) eintragen, Pressekonferenz anberaumen, Nachfolger vorstellen. Alles längst Routine, wäre da nicht jedesmal die lästige Frage: Wer macht's diesmal?

Favorit Labbadia

Diesmal ist die Lage selbst recht verzwickt, weil der Klub im Fall der Fälle entscheiden müsste, ob er einen Perspektiv- oder noch einmal einen Übergangstrainer sucht.

Einiges deutet darauf hin, dass der Verein sich entgegen erster Planungen doch eine Perspektivlösung zutraut: Bruno Labbadia gilt offenbar als Favorit - ein Coach, der dafür bekannt ist, dass er Profis mit Akribie, Detailversessenheit und langen Taktikpredigten schnell für sich einnehmen kann - und dass sie ihn nach einem halben Jahr am liebsten wieder loswerden würden, wegen Akribie, Detailversessenheit und langen Taktikpredigten.

Labbadia, derzeit ohne Job, wäre aber gewiss zu fähig und zu ambitioniert, um sich im Sommer wieder verabschieden zu lassen - im Gegensatz zum bekennenden Haudegen Hans Meyer, der bereitwillig auf anspruchsvolle Rettungseinsätze wartet und, anders als die Nothelfer früherer Jahre, deutlich mehr zu bieten hat als einen schlichten Notarztkoffer. Er ist 68 Jahre alt, taktisch aber auf der Höhe der Zeit.

Scheitert Keller, könnte es auf ein Stechen Labbadia/Meyer hinauslaufen, womöglich mit Christoph Daum als magischem Drittem im Hintergrund. Mit Eduardo Garcia, Chef des Hauptsponsors, ist Daum geschäftlich verbunden, auch Aufsichtsratschef Dieter Hundt schätzt ihn.

Am Dienstag musste Jens Keller ein Trainingsspiel abbrechen, wegen zu großer Aggressivität seiner Profis, die rangelten, rauften und schimpften. Ob das ein gutes Zeichen war oder nicht, werden Bruno Labbadia und Hans Meyer mit Interesse verfolgen.

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