Stuttgarts 1:1 gegen Köln:"Ein Stück weit zu billig"

VfB Stuttgart - 1. FC Köln

Auch Stuttgarts Daniel Didavi (l) konnte gegen Köln wenig nach vorne ausrichten.

(Foto: Tom Weller/dpa)

Der VfB bejubelt gegen Köln erst ein Blitztor, doch dann wendet sich das Spiel. Die Stuttgarter plagt derzeit ein klares Defizit.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Der einzige Augenzeuge im Block 34 guckte tieftraurig auf den Boden. Die Fahne, die er zuvor enthusiastisch geschwenkt hatte, zeigte nach unten, der grüne Kopf schien einen Flecken auf dem Boden zu fixieren.

Coronabedingt hatte man "Fritzle", das Plüschkrokodil, das dem VfB seit 1992 als Maskottchen dient, des Spielfeldes verwiesen und als einzigen Gast 30 Meter Luftlinie hinters Tor beordert. Dort kam es seinem Job als Stimmungskanone anfangs noch in bewundernswerter Konsequenz nach. Wen genau es zu größeren Gefühlsaufwallungen animieren wollte, blieb indes fraglich. Schließlich war das weite Rund komplett menschenleer.

Nach der Szene in der 23. Minute hatte Fritzle allerdings auch keinen Grund mehr, sich zu freuen. Schließlich hatte es da den allerbesten Blick auf eine Szene, die nun wirklich keinem VfB-Fan gefallen konnte. Aus unerfindlichen Gründen zog da nämlich Atakan Karazor Kölns Sebastian Andersson so massiv am Trikot, dass Schiedsrichter Guido Winkmann einen Elfmeter verhängen musste. Hätte der VfB-Verteidiger die Hände bei sich behalten, hätte es im schlimmsten Fall einen Eckball für den bis dato völlig harmlosen Gast gegeben, Andersson war schließlich direkt Richtung Torauslinie unterwegs gewesen.

Durch den denkbar ärgerlichen Elfmeter, den Andersson prompt verwandelte, war nun nicht nur die frühe Führung perdu, die Orel Mangala schon nach 24 Sekunden erzielt hatte. Denn der Elfmeter, den auch VfB-Coach Pellegrino Matarazzo "ein Stück weit zu billig" fand, markierte nicht nur den Wende-, sondern auch den Endpunkt einer Partie, die vielversprechend angefangen hatte und von nun an bis zum Schlusspfiff in gähnender Langeweile versank.

Wer die fulminante Anfangsphase der Schwaben sah, kommt allerdings nicht umhin, denen recht zu geben, die diese junge VfB-Mannschaft als Versprechen für die Zukunft sehen. Natürlich gab es auch am Freitag wieder Szenen zum Haare-Raufen, als zuerst Mangala und dann Pascal Stenzel Harakiri-Pässe vor dem eigenen Strafraum spielten, die die limitierten, aber fleißigen Kölner nicht ausnutzen konnten. Aber eine gewisse Labilität ist eben das Privileg der Jugend.

Offensiv wusste der VfB im ersten Spiel-Viertel dafür umso mehr zu gefallen. Immer wenn es schnell und direkt ging, wurde es gefährlich. Dann sah man bei jeder Ballan- und mitnahme den Unterschied zum Gegner. In den vielen hellen Momenten bis zum Gegentor war auch zu erkennen, was den VfB von einigen Konkurrenten unterscheidet: er hat eine Offensivstrategie, die verinnerlicht ist. Womit allerdings auch das Defizit des Stuttgarter Vortrages benannt wäre, denn auf den letzten Metern agierte der VfB zu hastig und unkoordiniert.

Zwei Mal hatte Stuttgart gegen die alles anderen als offensiv auftretenden Gäste Überzahlsituationen. Sie brachten nichts ein, weil einmal Tanguy Coulibaly aus vollem Lauf flankte, anstatt erst den Kopf hochzunehmen. Und sich kurz darauf der deutlich erfahrenere

Gonzalo Castro bei einer erneuten Überzahlsituation ebenso ungeschickt anstellte. "Ruhig, genug Zeit, wir spielen unser Spiel", war die richtige Handlungsanweisung. Sie kam von Torwart Gregor Kobel, dem das hektische Treiben, das seine Vorderleute veranstalteten, auf die Laune schlug. Doch Fußball spielen wollten im zweiten Durchgang weder die Kölner noch Kobels eigene Mannschaft.

Irgendwann war dann endlich Schluss und Matarazzo hatte die Gelegenheit, das Spiel ins Große und Ganze einzuordnen. "Wir hatten einen guten Saisonstart, aber das ändert nichts daran, dass wir erst einmal um den Klassenerhalt kämpfen werden in den nächsten Wochen und Monaten."

Köln ist nach dem 1:1 seit nun 15 Ligaspielen ohne Sieg, während Stuttgart den achten Punkt im fünften Spiel einheimste. Dass der VfB vor ein paar Wochen noch zweitklassig war, ist nach den bisherigen Auftritten in der Liga ja tatsächlich schnell aus dem Gedächtnis geraten. Umso wichtiger schien es Matarazzo am Freitagabend genau daran noch mal zu erinnern: "Wir kommen aus der Zweiten Liga."

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