Süddeutsche Zeitung

VfB Stuttgart:Hängende Mundwinkel bei Weinzierls Premiere

Von Sebastian Fischer, Stuttgart

Markus Weinzierl sah ausgezeichnet aus, als er am Samstag in die Bundesliga zurückkehrte, und das war nicht ganz so irrelevant, wie es klingt. "Ich will jeden Wettbewerb gewinnen, deshalb bin ich mit der Bronzemedaille nicht zufrieden", hatte er unter der Woche grinsend auf die ungewöhnliche Frage in einer Pressekonferenz geantwortet, ob er einst mit Platz drei bei der Wahl zum schönsten Fußballtrainer Deutschlands zufrieden gewesen sei, hinter Pep Guardiola und Joachim Löw. Also? Weinzierl trug gesunde Bräune im Gesicht, ein dunkelblaues Sakko und ausgesprochen weiße Schuhe, als er zum ersten Mal seit Sommer 2017, seit seiner Beurlaubung beim FC Schalke 04, wieder in einem Bundesligaspiel am Seitenrand stand. Allerdings könnte es ihm in der Rangliste zum Nachteil gereichen, dass er von ungefähr 15.33 Uhr an die Mundwinkel auf fast allen Fotos nach unten zog. Da fiel das erste von vier Gegentoren beim 0:4 des VfB Stuttgart gegen Borussia Dortmund.

Das Debüt von Markus Weinzierl, 43, als neuer Stuttgarter Trainer war mit einiger Spannung erwartet worden, was natürlich gar nichts mit seinem Aussehen zu tun hatte, sondern mit seinen Fertigkeiten. Beim VfB sind sie ja ein Experiment eingegangen. Sie haben zwar einen Trainer verpflichtet, der nun mehr als ein Jahr ohne Job war und dem auch das Leben als TV-Experte gefiel. Sie wollen aber vielmehr jenen Trainer verpflichtet haben, der Weinzierl auch schon mal war: Ein begabter, ansteckend erfolgshungriger Abstiegskämpfer und Spielerentwickler bis zum Sommer 2016 beim FC Augsburg.

Michael Reschke, für Weinzierls Verpflichtung als Sportdirektor verantwortlich, konnte nach dem Spiel die schwache Bilanz nicht schönreden: fünfte Niederlage im achten Spiel, weiterhin fünf Punkte und sechs Tore, Platz 17. Er wollte aber auch die positiven Aspekte betonen. Er sprach über die offensive Ausrichtung unter Weinzierl und rügte damit, ohne es ausdrücklich so zu sagen, die defensive Ausrichtung unter Weinzierls Vorgänger Tayfun Korkut. "Wir hatten deutlich mehr Torchancen als in den vergangenen Wochen", sagte Reschke, "da war mehr Mut im Spiel".

In der ersten Hälfte schießt der VfB nicht einmal gefährlich aufs Tor

In der ersten Halbzeit hatte der VfB zwar nicht einmal gefährlich aufs Tor geschossen, sondern vielmehr mit unorganisiert wirkendem Pressing Lücken geöffnet und einfache Fehler gemacht. Vor dem 0:1 ebnete Innenverteidiger Timo Baumgartl den Weg für Vorlagengeber Marco Reus, weil er unbedarft seine Position in der Mitte verließ und nach außen rückte. Vor dem 0:2 verlor Gonzalo Castro energielos den Zweikampf gegen den Torschützen Reus. Vor dem 0:3 durch Paco Alcácer spielte Benjamin Pavard einen kaum zu erklärenden Fehlpass bei einem Freistoß in der eigenen Hälfte. Zur Pause wechselte dann Weinzierl Holger Badstuber für Castro ein und stellte auf ein System mit Dreierkette um. Auch weil Dortmund nicht mehr so viel investierte, wurde der VfB besser. Kurz nach der Pause vergaben Christian Gentner und Santiago Ascacibar beste Chancen.

Weinzierl wollte über die positiven Aspekte in der Pressekonferenz allerdings eher nicht sprechen. Er fasste seine Rückkehr auf die Bühne Bundesliga so zusammen: "Vorm Spiel sehr schön. Nach drei Minuten wurde es immer unschöner." Er sagte es mit dem grimmigen Blick eines Trainers, dem Ergebnisse wichtiger sind als schöne Fotos.

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SZ vom 21.10.2018/schma
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