VfB Stuttgart:Das ist dann wohl der Hoeneß-Effekt

VfB Stuttgart: Große Freude: Der VfB Stuttgart feiert das 3:3 gegen Borussia Dortmund.

Große Freude: Der VfB Stuttgart feiert das 3:3 gegen Borussia Dortmund.

(Foto: Hansjürgen Britsch/Imago)

Nur zwei Wochen hat der neue Trainer gebraucht, um den VfB Stuttgart fußballerisch zu verbessern. Die bittere Einsicht nach dem 3:3 gegen Dortmund ist jedoch: Das reicht noch lange nicht.

Von Felix Haselsteiner, Stuttgart

Dass sich Sebastian Hoeneß zwei Wochen nach seinem Dienstantritt in Stuttgart in der Rolle des Trösters wiederfinden würde, hätte er wohl selbst kaum für möglich gehalten. Äußerst herzlich umarmte er Edin Terzic beim Abschied in der Mercedes-Benz-Arena, gab ihm noch Wünsche mit auf den Weg und lieferte damit ein doch recht einzigartiges Bild ab: Wie oft kommt es vor, dass der Trainer des Tabellensechzehnten den Trainer des Zweitplatzierten nach einem Spiel aufmuntert?

"Was für ein Spiel", so lauteten Hoeneß erste Worte nach einem 3:3, das sogar einen Platz in der Stuttgarter Vereinsgeschichte verdient hätte: Zum ersten Mal seit 1980 vollbrachte der VfB das Kunststück, in Unterzahl drei Tore in einem Spiel zu schießen. Noch dazu gegen Borussia Dortmund, einen Gegner, der die Stuttgarter in den vergangenen Jahren stets nach Belieben dominiert hatte und das gemessen an den spielerischen Voraussetzungen auch bei einem Elf gegen Elf tun sollte. Hoeneß versuchte also gar nicht erst, die Ereignisse des Nachmittags noch einmal zusammenzufassen, sondern fasste sich kurz: "Die Moral, die wir gezeigt haben, war unglaublich."

Über weite Strecken des Spiels war tatsächlich die große Mehrheit der Szenen auf eigentümliche Art und Weise gegen den VfB Stuttgart gelaufen. Teils waren es selbstverschuldete Aktionen wie die vergebenen Torchancen von Josha Vagnoman und Serhou Guirassy in der ersten Halbzeit und die eindeutige, wenngleich vermeidbare gelb-rote-Karte für Konstantinos Mavropanos, die die Stuttgarter schwächten. Teils waren es aber auch knappe Entscheidungen, so wie das zurückgenommene Abseitstor von Guirassy, das schon in der 49. Minute dafür gesorgt hätte, dass zehn Schwaben sich in ein Spiel zurück kämpfen, das eigentlich verloren war.

"Wichtig war, klar zu bleiben, tief zu verteidigen, nicht den Kopf zu verlieren", lobte Hoeneß die taktische Einstellung seiner Mannschaft, der man bis auf ein paar verständliche defensive Lücken nicht anmerkte, dass ihnen ein Spieler fehlte. Der Anschlusstreffer zum 2:1 wirkte dementsprechend: Spätestens in der 78. Minute waren auch die rund 40 000 Stuttgarter Anhänger im Stadion davon überzeugt, dass der BVB eigentlich schlagbar ist. Eine Überzeugung, die bis in die Nachspielzeit hielt, sogar über den erneuten Rückstand hinaus.

"Die Stimmung im Stadion war brutal gut", sagte Borna Sosa, der in seinen Jahren in Stuttgart inzwischen so viel erlebt hat, dass das keine leeren Worte sind. Sosa war live dabei, als der VfB im vergangenen Jahr die Klasse aufgrund der Energieleistung einer Mannschaft hielt, die schlichtweg nie aufgeben wollte. Und die unterstützt wurde von einem Publikum, das das Talent zur Hingabe und Ekstase besitzt - außer, wenn es sich betrogen fühlt.

Der eine Punkt gegen Dortmund reicht noch nicht

Unter Hoeneß Vorgänger Bruno Labbadia war das über Wochen der Fall. Ende März noch wirkte der VfB auch deshalb so verloren, weil neben fußballerischen Mindeststandards auch der Glaube an die eigene Schaffenskraft fehlte, was sich dann auf das ganze Stadion übertrug. Hoeneß, der von vornherein nicht als Feuerwehrmann, sondern als Zukunftslösung antrat, hat innerhalb von zwei Wochen den Spirit des Frühjahrs 2022 zurückgebracht: Die Stuttgarter wirkten gegen Dortmund wie eine Mannschaft, die auf dem Feld einen genauen Plan hat und die leichten personellen Defizite über Einsatz wett macht.

Aus Sicht des Trainers geht es nun darum, die leichte Euphorie aus dem 3:3 zu "kanalisieren". Der eine Punkt gegen Dortmund - das dürfte selbst dem ekstatischsten Schwaben in der Mercedes-Benz-Arena beim Blick auf die Tabelle klar sein - hat für den Abstiegskampf des VfB keine vorentscheidende Wirkung gehabt. Ganz im Gegensatz zu dem Spiel, das den Stuttgartern am kommenden Freitag bevorsteht: Sieg oder Niederlage gegen den direkten Konkurrenten aus Augsburg werden dann Auskunft darüber geben, ob die Veränderungen unter Hoeneß auch von dauerhaftem Erfolg sind.

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