VfB Stuttgart im DFB-Pokal:Mehr professionelle Kühle mit Hoeneß

VfB Stuttgart im DFB-Pokal: Stuttgarts Trainer Sebastian Hoeneß (li.) gibt seinen Spielern Anweisungen. Es funktionierte halbwegs gut beim 1:0 in Nürnberg.

Stuttgarts Trainer Sebastian Hoeneß (li.) gibt seinen Spielern Anweisungen. Es funktionierte halbwegs gut beim 1:0 in Nürnberg.

(Foto: Daniel Löb/dpa)

Beim 1:0 in Nürnberg kommt es den Stuttgartern entgegen, dass sie es mit einer Elf zu tun haben, die selbst eine suchende ist. In der Bundesliga sind die Hürden höher - deshalb beschwört Trainer Sebastian Hoeneß die Gemeinschaft.

Von Sebastian Leisgang, Nürnberg

Sebastian Hoeneß hatte Probleme. Er verrückte den Stuhl, dann verstellte er das Mikrofon und begrüßte die Reporter, die sich an diesem Mittwochabend vor ihm versammelt hatten. Hoeneß wollte seine Analyse vortragen, doch er saß noch nicht bequem, also presste er die Lippen aufeinander und verrückte seinen Sitz noch ein zweites Mal. Erst dann fasste er ziemlich treffend die 90 Minuten zusammen, die gerade hinter ihm lagen.

Hoeneß, der Anlaufschwierigkeiten hat und das nicht verbergen kann, der dann aber nachjustiert und ausbessert, der Details verändert und am Ende zum Ziel kommt: Es war eine durchaus symbolhafte Szene, die sich nach dem Pokalspiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem VfB Stuttgart im Presseraum des Max-Morlock-Stadions zutrug. Auch Hoeneß' neue Mannschaft hatte ja eine gewisse Zeit gebraucht, um Fahrt aufzunehmen und jene Wucht zu entwickeln, die ihr in der zweiten Hälfte schließlich zum entscheidenden 1:0 durch Enzo Millot verhalf.

Am Ende war es auch ein Sieg der Gruppe, denn das erwies sich am Mittwochabend ja als markantester Unterschied zwischen dem Zweitligisten Nürnberg und dem VfB, der zwar in der ersten Liga spielt, in unschöner Regelmäßigkeit aber doch Anlass gibt, sicherheitshalber nochmal nachzuschlagen, ob das wirklich so ist. Die Stuttgarter, und damit zu dem, was sie vom Club absetzt, haben das Duell mit ihrer Bank entscheiden: In Person von Serhou Guirassy kam jene Geradlinigkeit ins VfB-Spiel, die ihm in der ersten Hälfte noch abging - und Millot war letztlich der gefeierte Torschütze.

Hinterher, als der Stuhl stand und das Mikrofon eingestellt war, da gab Hoeneß zu verstehen: "Es geht nur so, dass wir geschlossen als Gruppe die nächsten Wochen bestreiten. Das muss der Weg sein." Vor diesem Hintergrund seien die 90 Minuten von Nürnberg "ein perfekter Auftakt, um genau das zu dokumentieren".

Sebastian Hoeneß setzt auf Zusammenhalt und beteuert, alle zu brauchen in Stuttgart

Hoeneß weiß, dass er jeden Einzelnen braucht, um im Abstiegskampf der Bundesliga zu bestehen - schließlich werden Bochum, Borussia Dortmund und Augsburg den VfB vor größere Aufgaben stellen, als es der Club am Mittwochabend getan hat. Auch die Nürnberger stellen sich ja große Fragen in diesen Wochen. Am Valznerweiher wissen sie weder, wie ihr Trainer in der kommenden Saison heißt - noch, ob sie nächstes Jahr vielleicht wieder auf den VfB Stuttgart treffen oder doch eher auf den VfB Oldenburg.

Im Frühjahr 2023, mitten im Saisonbetrieb, ist der FCN also eine Mannschaft, die im Grunde noch in der Vorbereitung steckt. Seit sich Sportvorstand Dieter Hecking zum Trainer Dieter Hecking ernannt hat, verfolgt der Club ja eine fundamental andere Idee als sein Vorgänger Markus Weinzierl, bei dem man sich zeitweise nicht mal sicher war, ob es überhaupt eine Idee gab, die er verfolgte. Durch den defensiven Ansatz waren den Nürnbergern lange die Füße gebunden, jetzt wollen sie die Flucht nach vorne antreten und selbst Fußball spielen. Am Mittwochabend kam der Zweitligist allerdings nicht über Ansätze hinaus - und das hatte auch mit dem VfB zu tun.

Stuttgart glänzte nicht, legte aber jene Seriosität an den Tag, der es bedarf, um ein solches Pokalspiel gegen einen unterklassigen Gegner zu gewinnen. Der Auftritt hatte etwas von professioneller Kühle und innerlicher Ruhe, trotzdem hatte der VfB zumindest in den letzten dreißig Minuten mehr zu bieten, als der späte Siegtreffer nahelegt. 1:0, das klingt zwar nach dem Ein-gutes-Pferd-Prinzip, doch das bringt das Spiel nur dann auf den Punkt, wenn man es so deutet: Die Stuttgarter warteten nicht bloß auf den passenden Moment, um so hoch zu springen, wie sie eben springen mussten - sie führten den Moment selbst herbei und sprangen dann.

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