BundesligaGladbach feiert Netzer, Stuttgart den Sieg

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Stuttgarts Ermedin Demirovic (unten Mitte) erzielt das Tor zum 1:3 in Mönchengladbach.
Stuttgarts Ermedin Demirovic (unten Mitte) erzielt das Tor zum 1:3 in Mönchengladbach. (Foto: David Inderlied/dpa)

Auf den Spuren des großen Mittelfeldmannes: Der VfB nimmt den Schwung eines 3:1 bei der Borussia mit zum lange ersehnten Auftritt bei Real Madrid – der neue Stürmer Demirovic ist besonders motiviert.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Sein letztes von 230 Bundesligaspielen hat Günter Netzer am 9. Juni 1973 gegen den VfB Stuttgart absolviert. Dass er an jenem Samstag auf dem Bökelberg sein letztes von 82 Bundesliga-Toren erzielte, half seinem Klub aber auch nicht. Borussia Mönchengladbach verlor 3:4. In jenem Sommer wechselte Netzer zu Real Madrid.

Am Samstag feierte die Borussia Netzers 80. Geburtstag. Im Klubmagazin Fohlenecho widmeten sie ihm 41 Seiten, das Sondertrikot „Netzer“ war sofort ausverkauft. Im Borussia-Park war zwar Netzer nicht zugegen, dafür aber der VfB. Gladbach verlor 1:3. Die Stuttgarter feierten nicht Netzers Geburtstag, sondern ihren ersten Saisonsieg. Am Dienstag spielen sie in der Champions League bei Real Madrid. Fast könnte man meinen, sie seien derzeit unterwegs auf Netzers Spuren.

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Die VfB-Torschützen am 9. Juni 1973 hießen Dieter Schwemmle, Karl-Heinz Handschuh (2) und „Buffy“ Ettmayer. Letztere zwei erreichten 1974 mit dem VfB das Halbfinale im Uefa-Pokal, wo sie an Feyenoord Rotterdam scheiterten. 50 Jahre später feiert Stuttgart am Dienstag die Rückkehr in die Champions League. 2010 hatte der VfB zuletzt in der europäischen Königsklasse mitgespielt und das Achtelfinale erreicht, wo er an Pep Guardiolas FC Barcelona (mit Lionel Messi und Zlatan Ibrahimovic) scheiterte. Mit dem spanischen Gegner Real Madrid schließt sich am Dienstag, wenn man so will, ein Kreis.

„Jetzt wollen wir auch in Madrid gewinnen“, sagt VfB-Mann Demirovic und lacht

Gladbachs Weltruhm aus den Siebzigern ist längst verblasst. Die Borussia ist nur noch Mittelmaß und hat seit Ende Februar kein Heimspiel mehr gewonnen. Stuttgarts 250. Bundesliga-Auswärtssieg war mithin keine Sensation. Erstmals im dritten Saisonspiel nutzten die Schwaben ihre dritte 1:0-Führung auch zum Sieg. In Freiburg am ersten Spieltag hatte es trotz 1:0 eine 1:3-Niederlage gegeben und gegen Mainz am zweiten trotz 1:0 ein 3:3. Diesmal hat Deniz Undav in der 21. Minute das 1:0 erzielt, und obwohl die Gladbacher in der 27. Minute durch Alassane Pléa zum 1:1 ausglichen, waren die Stuttgarter in der zweiten Halbzeit die energischere Mannschaft und gewannen durch zwei Treffer von Ermedin Demirovic (57. und 61.) verdient mit 3:1. Der erste Saisonsieg hat etwas freigesetzt. „Jetzt wollen wir auch in Madrid gewinnen“, sagte Demirovic und lachte.

Der Trainer Sebastian Hoeneß hatte sich schon ein bisschen gefragt, ob es seiner Mannschaft wohl gelingen würde, sich drei Tage vor einem Champions-League-Spiel im Bernabéu-Stadion gegen Titelverteidiger Real Madrid auf Gladbach zu fokussieren. Hinterher fand er: Ja, das ist gelungen. „Es war wichtig, dass wir uns auf dieses Spiel konzentrieren können, weil es uns jetzt auch hilft für das Spiel am Dienstag.“ Bedeutsam war für Hoeneß „die Erkenntnis, dass du für Einsatz, Haltung, Biss und Konzentration am Ende belohnt wirst“.

Demirovics fünfter Doppelpack in der Bundesliga sichert Stuttgart den ersten Saisonsieg

Noch am Samstagabend flogen die Stuttgarter zurück nach Hause. Am Montag fliegen sie nach Madrid. Viel Zeit ist nicht, sich vorzubereiten, aber es geht in solch einem Spiel bei einer Mannschaft wie Real dann vielleicht auch nicht um tausend taktische Finessen, sondern darum, sein Herz auf dem Platz zu lassen. „Real ist ein Mythos“, sagt Hoeneß, „dieses Spiel ist etwas Besonderes für den ganzen Klub und für die Fans, aber uns ist nicht egal, wie es ausgeht, wir wollen auch dort gut spielen und die Chance ergreifen, falls sie sich ergibt.“

Das erste Champions-League-Spiel, ausgerechnet bei Real Madrid, damit geht auch für den gebürtigen Hamburger Demirovic ein Kindheitstraum in Erfüllung. Er war im Sommer aus Augsburg nach Stuttgart gewechselt und hat mit vier Treffern in den ersten fünf Pflichtspielen (inklusive Supercup und Pokal) auf Anhieb gezeigt, dass er nur zu bereit ist, den nach Dortmund gewechselten Mittelstürmer Serhou Guirassy zu ersetzen.

Demirovics fünfter Doppelpack in der Bundesliga (der erste für den VfB) sicherte Stuttgart den ersten Saisonsieg und damit zugleich wichtiges Selbstvertrauen für die Mammutaufgabe in Madrid. „Von solchen Spielen träumst du als Junge“, sagt der Sohn einer deutschen Mutter und eines Vaters aus Bosnien-Herzegowina. „Wir wollen für Real nicht nur Sparringspartner sein“, so der 26-Jährige. Seinen neuen Trainer in Stuttgart erfreut solche Entschlossenheit. „Außer Torgefahr ist Mentalität seine größte Stärke“, sagt Hoeneß über Demirovic. „Am Samstag haben wir eindrucksvoll gesehen, wie er der Mannschaft Energie gibt.“

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