Vettels Zukunft bei Ferrari:Angezählt

Japan Formula One Grand Prix

In der Kritik: Sebastian Vettel.

(Foto: Diego Azubel/dpa)

Zwei Jahre, nachdem der Wechsel des Ex-Weltmeisters nach Italien publik wurde, nimmt die Krise auch nach dem vierten Platz in Japan bedrohliche Züge an.

Von Elmar Brümmer, Suzuka

Richtungsweisendes von Maurizio Arrivabene zu erfahren, ist im Prinzip ganz einfach: Weil Ferrari im zweiten Jahr seiner Regentschaft über das Formel-1-Team nur die eine Richtung kennen darf: aufwärts. Weder ihm noch Konzernchef Sergio Marchionne und schon gar nicht den italienischen Fans und Medien geht das schnell genug. Der Hashtag #redseason ist beim Großen Preis von Japan, dem 17. von 21 WM-Läufen, ein Hinweis darauf, dass man in Maranello selbst Rot zu sehen beginnt. Mehr als Platz zwei in der Konstrukteurs-WM ist nicht drin, und dazu muss man erst einmal Red Bull Racing überholen. Die angespannte Lage hinter den Kulissen ist in Suzuka zum ersten Mal nach außen getragen worden - von dem unter Druck stehenden Arrivabene selbst. Erstmals gab es öffentliche Kritik an Sebastian Vettel.

Vor zwei Jahren war der Wechsel des Heppenheimers zur Scuderia beim japanischen Grand Prix bekannt geworden, Heilsbringer sollte er werden - in bester Tradition eines Michael Schumacher. Jetzt sagte Teamchef Arrivabene vor dem Rennen zu Sky Sport Italia: "Sebastian muss sich einfach auf das Auto konzentrieren." Selbst die weitere Erklärung lindert den Vorwurf nicht voll und ganz: "Er ist jemand, der so viel gibt, und manchmal führt das dazu, dass er sich für alle möglichen Themen interessiert. Also muss man ihn manchmal daran erinnern, was seine Hauptaufgabe ist." Ferrari ließ nach der Ausstrahlung und der entsprechenden Unruhe in Italien eilig ausrichten, dass die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen worden seien und keinen Affront gegenüber Vettel darstellen sollen.

Vertragsverlängerung nicht in Sicht

Kryptischer werden die Aussagen Arrivabenes, als es um eine vorzeitige Vertragsverlängerung des Ende 2017 auslaufenden Kontraktes mit Vettel geht, wie sie zu Schumachers Zeiten gang und gäbe war. "Ich glaube nicht, dass wir sein Selbstvertrauen mit irgendwelchen Verlängerungen gewinnen können", sagte der Italiener und erklärte erstaunlich reserviert. "Sebastian hat einen Vertrag. Wie es weitergeht, werden wir im Laufe der nächsten Saison sehen. Jeder von uns hat Ziele: ich, das Team, er - wir alle. Deshalb halte ich es nur für richtig, dass sich jeder einzelne, ganz egal wer, seinen Platz und sein Gehalt verdienen muss." Erstaunlich für einen Rennstall, der sonst noble Zurückhaltung pflegt und den Mannschaftsgeist über alles stellt.

Natürlich sei Vettel nicht zu einem Problem geworden, sagt Arrivabene in dem TV-Interview weiter, aber Vettel alleine könne auch nicht die Lösung sein. Die Lösung müsse vom gesamten Team kommen. Vettel selbst hat die Annahme zurückgewiesen, dass er - angeblich belegt durch seine zuletzt heftigen Startmanöver - den Erfolg im Moment erzwingen wolle: "Das ist doch normal, dass man alles aus dem Auto herauspressen will, was geht. Und das man manchmal drüber hinausgeht, halte ich für menschlich." Der SF16-H hat ihm bislang auch nicht viele andere Möglichkeiten gelassen, 22 Rennen war er vor dem Großen Preis von Japan sieglos - so lange wie noch nie in seiner Karriere. Anlass für ein klärendes Gespräch mit seinem Vorgesetzten sieht der 29-Jährige nach Arrivabenes Aussagen nicht: "Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich es ihm und umgekehrt."

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