Vettel-Sieg in Monza:Mit italienischen Pfiffen belohnt

Formel 1 Sebastian Vettel Monza

Sebastian Vettel (links) genießt nicht die Sympathien der Ferrari-Fans (im Hintergrund verpassen sich Fernando Alonso und Mark Webber eine Sektdusche).

(Foto: Getty Images)

Sebastian Vettel gewinnt das Formel-1-Rennen in Monza und wird danach von den Ferrari-Fans ausgepfiffen. Der Weltmeister lässt seiner Konkurrenz keine Chance - wenngleich er mehr Probleme hat, als sein souveräner Auftritt vermuten lässt. Der Zweitplatzierte Fernando Alonso bleibt nun als einziger ernsthafter Konkurrent im Titelkampf übrig.

Von Michael Neudecker, Monza

Der Renntag begann aufregend, mehrere Menschen versammelten sich vor dem immer ein bisschen ufomäßig aussehenden Motorhome von Bernie Ecclestone an der Stirnseite des Fahrerlagers, denn es passierte Wichtiges. Bernie Ecclestone, grau und klein wie eh und je, trat vor die Tür seines glänzenden Containers auf den grünen Teppich, neben ihn trat Niki Lauda, und dann wurde geehrt: Niki Lauda bekam den Bernie Ecclestone Award 2013, wenn man richtig verstanden hat dafür, dass er Niki Lauda ist. Der Bernie Ecclestone Award ist eine Bremsscheibe auf einem Sockel, nirgends sind die Pokale so gewitzt gestaltet wie in der Formel 1.

Fernando Alonso hat noch keine Bremsscheibenpokale bekommen, er ist noch nie dafür geehrt worden, dass er Fernando Alonso ist, und jetzt sieht es sogar so aus, als bekäme er in dieser Saison überhaupt keinen größeren Pokal. Er hat schon zwei Rennen heuer gewonnen, gewiss, aber bei Sebastian Vettel waren es vor diesem Wochenende in Monza fünf. Jetzt sind es sechs: Vettel gewann am Sonntag vor Alonso, Mark Webber und Felipe Massa, und weil Lewis Hamilton wegen eines Plattens Neunter und Kimi Räikkönen wegen eines Unfalls Elfter wurde, hat Vettel seinen Vorsprung in der WM-Wertung weiter ausgebaut.

46 Punkte vor Alonso waren es vor Monza, 58 Punkte vor Hamilton, 63 vor Räikkönen, und jetzt, sieben Rennen vor Ende der Saison, ist wohl nur noch Alonso als einigermaßen ernsthafter Konkurrent übrig. Alonso liegt 53 Punkte hinter Sebastian Vettel, bei Hamilton sind es schon 81, bei Räikkönen gar 88. Kann schon sein, dass der restlichen Saison zwecks Unterhaltung noch weitere Pokalverleihungen durch Bernie Ecclestone gut täten.

War es nicht beängstigend, ermüdend gar, wie souverän Vettel die 53 Runden von Monza vorneweg fuhr, Alonso hinterher, ohne Chance, ihn einzuholen? "Der Herzschlag", sagte Vettel später, "war höher als gewünscht", Autorennen sind manchmal anders, als sie aussehen. Am Ende war Vettel sogar froh, ins Ziel gekommen zu sein, er war an diesem Tag bisweilen weniger als Rennfahrer als vielmehr als Problem-Manager gefragt. Und er managte gut.

Probleme mit dem Getriebe

Als die Ampel ausging, fuhr hinter Vettel Ferrari-Pilot Massa von Startplatz vier vor auf zwei, vorbei an Nico Hülkenberg und Vettels Teamkollege Webber; Massa bedrängte Vettel. Hinter ihm fuhr auch Alonso nach vorne, und als das Feld in die erste Kurve kam, bremste Vettel so stark, dass sein rechter Vorderreifen blockierte und zu rauchen begann.

Weiter hinten führte das zu einem Zusammenstoß, bei dem Kimi Räikkönen seinen Frontflügel verlor, er musste gleich danach an die Box - in einem Rennen, in dem normalerweise ein Boxenstopp genügt, ist eine Reparatur in Runde eins schon ausreichend, um keine Chance mehr auf eine vordere Platzierung zu haben.

Aber auch Vettel spürte die Auswirkungen seines Bremsmanövers, "ich wusste nie, wie lange der Reifen hält", er konnte nicht so schnell fahren, wie er wollte, und musste etwas früher an die Box als geplant. Als das Reifenproblem durch den Wechsel in Runde 24 behoben war, begann das Getriebe, Probleme zu machen: Das rote Bremslicht am Heck blinkte ohne Unterlass. Normalerweise blinkt das Licht nur, wenn es regnet, aber es regnete nicht, trotz ein paar weniger Tropfen kurz vor dem Start. "Die letzten zehn, 15 Runden" sei er mit der Sorge gefahren, das Getriebe könne sein Rennen frühzeitig beenden, sagte Vettel, aber das Getriebe hielt dann doch.

"Wir haben gekämpft wie Löwen", sagte Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali gleich nach der Zieldurchfahrt über Funk zu Alonso, es klang wie eine Aufmunterung. Es war ja auch so: Alonso versuchte alles, aber er kam Vettel nicht nach, Getriebeproblem hin oder her. Angesichts dieser Tatsache sei er "sehr glücklich mit dem zweiten Platz", sagte Alonso, aber für die Fans von Ferrari ist die Sachlage nun die, dass der fiese Deutsche ihnen wohl schon wieder den Weltmeistertitel klaut.

Als die Fahrer also auf das Podium zur Siegerehrung kamen, lag ihnen zu Füßen ein gewaltiges rotes Menschenmeer, so ist das immer in Monza. Vettel sagte ins Mikrofon, dies sei "ein fantastisches Rennen" gewesen, da begannen die Ferrari-Fans zu pfeifen, sie buhten ihn aus, so laut, dass er lauter reden musste, um sie zu übertönen.

Man könne ja hören, was los sei, "wenn du hier nicht in einem roten Rennanzug gewinnst", sagte Vettel dann, "aber das bedeutet: Du hast einen guten Job gemacht und die Roten geschlagen." Er grinste.

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