Vettel-Kollege Daniel Ricciardo:Cool wie Gurke

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Daniel Ricciardo debütierte in Melbourne an der Seite von Sebastian Vettel bei Red Bull. (Foto: Getty Images)

Formel-1-Pilot Daniel Ricciardo beeindruckt mit seiner Abgeklärtheit, für Teamkollege Sebastian Vettel könnte die neue Zusammenarbeit mit dem Australier indes ungemütlich werden. Schon nach beim ersten Rennen offenbart sich, dass der Weltmeister starke Konkurrenz im eigenen Rennstall hat.

Von René Hofmann

Die Freunde in seiner Heimatstadt Perth sieht Daniel Ricciardo nicht mehr sehr oft. Wenn er sie sieht, gilt: "Einen Tag lang dürfen sie mich alles fragen, was sie über die Formel 1 wissen wollen", sagt Daniel Ricciardo, "danach wird über anderes geredet." Was seine Freunde an seinem neuen Leben am meisten interessiert? Antwort Ricciardo: "Wie die Mädels sind. Ob es sich lohnt, um die halbe Welt zu fliegen, um ein Formel-1-Rennen zu sehen." Was er dann sagt? "Um mir beim Rennfahren zuzuschauen auf jeden Fall. Und wenn es danach eine Party gibt, kann ich auch Karten besorgen."

Mit Daniel Ricciardo lässt sich gut plauschen. Er lacht viel. Manche in der Formel 1 sagen: zu viel. Wer immer freundlich ist, wird es in dem Ego-Sport nicht weit bringen. Aber Daniel Ricciardo sagt: "Ich lächle nicht, um die Leute für mich einzunehmen. Ich lächle, weil ich so bin, wie ich bin." Bei seinem Formel-1-Debüt vor zwei Jahren trug er noch Zahnspange.

Die hat er inzwischen abgelegt. Und am Auftakt-Wochenende, bei seinem Heim-Grand-Prix in Melbourne, war durchaus zu sehen, dass er nicht nur beim Lächeln Zähne zeigen kann. Was vor allem einen interessieren dürfte: Sebastian Vettel. Ricciardo ist schließlich sein neuer Teamkollege - und der dient stets als erster Maßstab.

Der direkte Vergleich fiel beim ersten Aufeinandertreffen nicht besonders freundlich für Vettel aus. Ricciardo war in zwei der drei Trainingssitzungen schneller, er parkte in der Startaufstellung vor Vettel, und im Rennen kam er auch wesentlich weiter. Ricciardo kam sogar ins Ziel. Als Zweiter.

Auch wenn all das nicht besonders aussagekräftig war, weil Vettel ständig von Software-Problemen gebremst wurde und Ricciardo sein Ergebnis fünf Stunden nach dem Rennen aberkannt bekam, weil das Red-Bull-Team trotz einer Warnung des Technischen Delegierten das Benzin mit mehr Schwung als erlaubt in seinen Sechszylinder-Motor hatte rauschen lassen - eines fiel auf: die Abgeklärtheit, mit der Ricciardo auftrat.

In Perth regnet es nicht sehr häufig. Am Samstag, als die Qualifikation anstand, gab es in Ricciardos Heimatstadt die ersten Niederschläge seit hundert Tagen. Auch in Melbourne goss es, als der zweite Qualifikationsdurchgang startete. Ricciardo bestand in dem ungewohnten Element wie ein Meister. Weil der Red Bull bei den Testfahrten immer wieder liegen geblieben war, hatte das Team nicht viele Starts üben können.

Als nach zwei Einführungsrunden beim zweiten Versuch die Lichter der Startampel endlich ausgingen, zog Ricciardo geschickt an Lewis Hamilton vorbei, der die Pole Position belegt hatte, ging aber ebenso geschickt dem deutlich noch schnelleren zweiten Mercedes-Mann, Nico Rosberg, aus dem Weg.

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Siebter - das war Ricciardos beste Platzierung zuvor gewesen, noch nie war er in einem Rennen an zweiter Position gelegen. In Melbourne fuhr er dort souverän das ganze Rennen über. Platz zwei wäre das beste Resultat eines Australiers beim Heimrennen gewesen, seitdem dieses im Albert Park stattfindet. Entsprechend groß war der Hype, den Ricciardo weglächelte.

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"Cool wie eine Gurke" sei der 24-Jährige aufgetreten, lobte Teamchef Christian Horner, was ein gewagter Vergleich war, aber übertroffen wurde vom Ausspruch, mit dem Ricciardos Vater die Stressresistenz seines Sohnes beschrieb. Druck nehme er hin "wie eine Prise Salz".

Für Sebastian Vettel muss das nicht nur Gutes bedeuten. Als es vergangenes Jahr darum ging, wer in diesem neben ihm fahren sollte, war auch Kimi Räikkönen im Gespräch. Der Finne gilt als ganz zäher Bursche. Er hätte Vettel sicher gefordert. Neben einem einstigen Weltmeister nicht gut auszusehen, wäre aber nicht so dramatisch gewesen, wie im Duell gegen einen Absolventen des hauseigenen Nachwuchsprogrammes zu unterliegen. Für Vettel kann Ricciardo durchaus zu einem unangenehmen Gegner werden.

Zumal das Toro-Rosso-Gewächs keinerlei Anstalten macht, allzu viel Respekt zu bezeugen. Ein Vorbild, zu dem er aufschaut? Einer, der Unglaubliches erreicht hat? Derlei Sätze sind von Ricciardo über Vettel nicht zu hören. Er sagt nur: "Er ist offen. Ich bin offen. Allzu viel hatten wir noch nicht miteinander zu tun. Bei den Tests lief das Miteinander gut. Und bei dem, was wir jenseits der Strecke zusammen zu tun hatten, hatten wir Spaß." Demut klingt anders.

Vettel gibt sich zurückhaltend

Rennfahrer haben ein Gespür dafür, wo Gefahr droht. Und wenn nicht alle Anzeichen täuschen, hat Vettel erkannt, dass es mit Ricciardo ungemütlich werden könnte. Auch er zeigte sich zum Auftakt äußerst reserviert, wenn die Rede auf seinen neuen Kollegen kam. Mehr als ein paar Standard-Floskeln des Lobs waren Vettel kaum zu entlocken. Und: Viele Tipps hätte sich der Neuling bei ihm noch nicht geholt. Es klang nicht so, als würde er sie ihm selbstverständlich gerne anbieten.

In den vergangenen fünf Jahren hatte Vettel einen anderen Australier an seiner Seite: Mark Webber. Die beiden stritten oft, einmal kollidierten sie in der Türkei sogar. Vergangenes Jahr in Malaysia hielt Vettel sich nicht an die Absprachen und stahl Webber den Sieg. Webber klagte ständig, er werde benachteiligt, weil in dem vom Österreicher Dietrich Mateschitz finanzierten Team so viel Deutsch gesprochen werde.

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Es wäre naheliegend gewesen, wenn Ricciardo sich vor seinem Amtsantritt bei seinem 13 Jahre älteren Landsmann erkundigt hätte, was ihn wohl erwartet. Er tat es nicht, wie Webber am Wochenende verriet, was nicht nur er als bemerkenswertes Zeichen deutete: Offenbar ist Ricciardo entschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen.

© SZ vom 19.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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