Olympia-Vorgaben:Deutsches Team verfehlt Medaillenziel deutlich

Jetzt also doch: Das Bundesinnenministerium von Hans-Peter Friedrich hat im Streit um die Veröffentlichung der Zielvereinbarungen mit den Sportverbänden nachgegeben und die nationalen Zielvorgaben öffentlich gemacht. Demnach sollte das deutsche Team in London 86 Medaillen holen - diese Vorgabe war offensichtlich deutlich zu hoch.

Das Bundesinnenministerium hat im Streit um die Veröffentlichung der Zielvereinbarungen mit den Sportverbänden nachgegeben. Nach Angaben der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung habe das BMI wenige Minuten vor Ablauf einer gerichtlichen Frist (Freitag, 15 Uhr) die bisher geheim gehaltenen Unterlagen herausgegeben.

Olympia 2012: Leichtathletik

Stabhochspringerin Silke Spiegelburg: Ganz knapp an der Medaille vorbei

(Foto: dapd)

Aus den Zielvereinbarungen ist abzulesen, dass das deutsche Team sein Medaillenziel bei den Olympischen Spielen deutlich verfehlt hat. Demnach waren in London insgesamt 86 Medaillen, davon 28 aus Gold, angestrebt worden. Nach 241 der 302 Entscheidungen hatte das 391-köpfige Team aber lediglich 38-mal Edelmetall (zehn Gold, 17 Silber, elf Bronze) gewonnen.

Zahlreiche Zielvereinbarungen sind demnach zu optimistisch formuliert worden. So wurde unter anderem mit einer Goldmedaille im Handball spekuliert, die Schwimmer sollten acht Medaillen holen. Die Realität sieht anders aus: Kein Handball-Team qualifizierte sich für London, die Schwimmer holten am Samstag durch Thomas Lurz über zehn Kilometer im Freiwasser ihre erste Medaille (Silber).

Nur einmal seit der Wiedervereinigung, nämlich 1992, hat ein deutsches Olympia-Team eine solche Bilanz erreicht. Damals in Barcelona holte die Mannschaft, die noch stark von dem Sportsystem der DDR profitierte, 82 Medaillen, davon waren 33 golden.

Auch bei den Winterspielen 2010 in Vancouver hat das deutsche Team die Medaillenziele verfehlt. Demnach hätten die deutschen Athleten in Vancouver 40 Medaillen gewinnen müssen, darunter 14 goldene. Vor zwei Jahren gab es jedoch lediglich zehn Mal Gold, 13 Mal Silber und sieben Mal Bronze.

Vor den Sommerspielen in London hatte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper davon gesprochen, das Ergebnis von Peking wiederholen zu wollen. Mit 16 Gold-, 10 Silber- und 15 Bronzemedaillen war die deutsche Mannschaft vor vier Jahren auf Platz fünf der Nationenwertung gelandet.

Friedrich: "Nicht unzufrieden"

In der vergangenen Woche hatte das Verwaltungsgericht Berlin einer Klage eines WAZ-Journalisten stattgegeben und anschließend dem BMI ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro angedroht, falls es nicht bis Freitagnachmittag seiner Verpflichtung zur Auskunft nachkomme.

"Kurz vor Abschluss der Olympischen Sommerspiele 2012 sehen wir keine Notwendigkeit mehr, die zwischen den Sportfachverbänden und dem DOSB vereinbarten Medaillenziele vertraulich zu behandeln. Wir hätten sie im Rahmen der von uns seit langem angekündigten umfassenden Analyse der Ergebnisse von London ohnehin öffentlich gemacht", sagte Thomas Bach, der Vorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), in einer Pressemitteilung des BMI.

Die sogenannten Zielvereinbarungen über angestrebte Medaillengewinne bei Olympischen Spielen werden alle vier Jahre mit den Sportverbänden ausgehandelt. Sie sind Grundlage für die Vergabe von Fördergeldern. Das BMI hatte gegen einen entsprechenen Eilbeschluss der 27. Kammer des Verwaltungsgerichtes Berlin Beschwerde eingelegt, die jedoch nach Meinung des Gerichts keine aufschiebende Wirkung habe.

Der für den Sport zuständige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärte nun: "Es ist meine Aufgabe, mich für die schutzwürdigen Belange des Sports einzusetzen. Dazu gehörte, im Rahmen des presserechtlichen Auskunftsverfahrens die erbetenen Auskünfte nicht zu erteilen." Das BMI fördert den deutschen Sport jährlich mit insgesamt mehr als 130 Millionen Euro.

Unterdessen zeigte sich Friedrich "nicht unzufrieden" mit der bisherigen Ausbeute der deutschen Sportler in London. "Manche Silbermedaille hätte auch eine Goldmedaille sein können, das war ganz knapp", sagte der CSU-Politiker: "Man muss auch die Gesamtzahl der Medaillen anschauen, da liegen wir nicht schlecht."

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