Verlierer der Fußball-EM:Verzockt, verhöhnt, vermasselt

Die einen werden ausgelacht, andere dürfen ordentlich blechen: Bei der EM ist wahrlich nicht jeder ein Gewinner. Die Holländer müssen wegen ihres frühen Scheiterns Witze über sich ergehen lassen, einem Russen droht gleich das Exil - und sogar Jürgen Klopp hat wenig Grund zur Freude.

Elf EM-Verlierer

Verlierer der Fußball-EM

Usedom

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(Foto: dapd)

Die einen werden ausgelacht, andere dürfen ordentlich blechen: Bei der EM ist wahrlich nicht jeder ein Gewinner. Die Holländer müssen wegen ihres frühen Scheiterns Witze über sich ergehen lassen, einem Russen droht gleich das Exil - und sogar Jürgen Klopp hat wenig Grund zur Freude. Elf EM-Verlierer. Usedom: Die Insel Usedom hatte es nicht immer leicht in ihrer Geschichte. Auf den Ausruf "Uh, so dumm" soll der Name zurückgehen, wenn man den Volkssagen Glauben schenkt. Im Mittelalter kamen nach jahrzehntelangen Kämpfen zwischen Dänen und Slawen plötzlich auch noch die Deutschen, später auch noch die Schweden und während des Zweiten Weltkriegs gab es heftige Angriffe der alliierten Streitkräfte. Danach wurde sie erst einmal in Ruhe gelassen und durfte sich entwickeln, diese Insel in der Ostsee - ohne zu ahnen, dass eine weitere schlimme Prüfung auf dieses Fleckchen Erde zukommen würde. Das ZDF hielt es nämlich für eine prima Idee, die EM-Übertragungen von dort aus zu senden. Weil sowohl Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein als auch Experte Oliver Kahn als auch Intendant Thomas Bellut allen Kritikern Sachlichkeit und Kompetenz absprechen, wollen wir lieber nichts sagen. Deshalb nur: Usedom ist eine schöne Insel, die schon vieles verkraftet hat. (jüsc)

Verlierer der Fußball-EM

Andrej Arschawin

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(Foto: dapd)

Andrej Arschawin: Der Russe Andrej Arschawin gehört zu jener Sorte Mensch, für die dieser Spruch von Robert Redford erfunden wurde: "Er verfügt über eine herrliche Arroganz, die umso herrlicher ist, weil er sie sich leisten kann." Er gönnt sich Privilegien, die sich heutzutage eigentlich kein Fußballer mehr leisten kann. Arschawin konnte. Er fährt nicht mit dem Mannschaftsbus, sondern lässt sich in einer Limousine herumfahren. Der Chauffeur muss männlich sein, schließlich schreibt er in seinem Buch 555 Fragen und Antworten über Frauen, Geld, Politik und Fußball: "Ich würde es verbieten, dass Frauen Auto fahren." Arschawin sorgte vor der EM für Aufsehen, als er für sich eine höhere Prämie forderte als für seine Kollegen. Russland schied schmachvoll aus - doch der Mittelfeldzar sagte über die Enttäuschung der Fans: "Wenn wir eure Erwartungen nicht erfüllt haben, dann ist das euer Problem." Gazprom-Chef Waleri Golubew forderte daraufhin, Arschawin aus Russland auszuweisen. Man könnte dem Dribbler aber nach der EM einen Satz des ehemaligen Fußballers Robert Pires nahelegen: "Wenn das Ego eines Menschen seine Fähigkeiten übertrifft, dann hat er ein Problem." (jüsc)

Verlierer der Fußball-EM

Nicklas Bendtner

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(Foto: dpa)

Nicklas Bendtner: Man könnte glauben, die Uefa hätte große Geldsorgen. Diverse Strafen sprach sie während dieser Europameisterschaft aus, unter anderem gegen den kroatischen Verband, der für die Feuerwerkskörper seiner Fans 80.000 Euro Bußgeld zahlen muss. Die höchste Strafe für einen einzelnen Spieler erhielt der Däne Nicklas Bendtner: 100.000 Euro muss der Stürmer berappen, weil er beim Torjubel seine Boxershorts blitzen ließ, auf denen rein zufällig noch der Schriftzug eines Sponsors zu lesen war. Damit ist Bendtner klarer EM-Verlierer - oder etwa nicht? Nach aufwändig-intensiven Recherchen vermutet Süddeutsche.de, dass Bendtner, das alte Schlitzohr, von seinem Sponsor viel mehr Geld als diese läppischen 100.000 Euro erhalten haben könnte. Und die Strafe für die Uefa aus der berühmten Portokasse zahlt. (ebc)

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Der Maulwurf

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(Foto: WDR)

Der Maulwurf: Ein schwarzes Tierchen, das sich gerne durch die Erde gräbt und von Ringelwürmern ernährt, hat sich unbeliebt gemacht im deutschen Quartier. Nicht einmal Mehmet Scholl erhielt so viele böse Verwünschungen wie der allseits zitierte "Maulwurf". Die Frage lautet: Wer hat Stunden vor dem Spiel und Minuten nach der Teamsitzung die Aufstellung des Viertelfinals an alle möglichen Medien durchgegeben? Ein begründeter Verdacht wurde bislang nicht dementiert: Hört die schwarze Kreatur auf den Namen Angela? Regierungssprecher Steffen Seibert hat sich dazu noch nicht geäußert. Die Sache klärt sich vermutlich erst auf, wenn er vor dem Halbfinale gegen Italien gegen 13:32 Uhr eine spontane Pressekonferenz einberuft: "Tor: Neuer, rechts hinten überraschend: Bender. Der Hummels gegen den Boatelski, außerdem freut sich die Kanzlerin, dass ihr Freund Bastian sich trotz Schmerzen für die Nation opfert. Und vorne darf dieses Bübchen, dieser Markus Reus, wieder mitspielen." (hum)

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Per Mertesacker

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(Foto: AFP)

Per Mertesacker: Wenn große Männer traurig sind, wirkt das immer noch ein wenig tragischer. Als würde jemand eine 200-jährige, riesige Eiche einfach mit einer Motorsäge fällen und diese im Park liegen lassen. Per Mertesacker ist ein stattlicher Kerl von 1,98 Metern, und als er nach dem Spiel gegen Portugal zum Mannschaftsbus ging, machte er einen gefällten Eindruck. Einen Tag vorher hatte er erfahren, dass er erstmals seit 2006 nicht der Innenverteidigung einer deutschen Turniermannschaft angehört. Das war im Grunde logisch, weil er zuvor beim FC Arsenal nach einer Verletzung monatelang nicht gespielt hatte. Dennoch traf es ihn unvorbereitet, dass sein alter Mentor Joachim Löw nun auf ihn verzichtet. Immerhin: Trotz anderslautender Gerüchte ist die Karriere des 27-Jährigen dadurch nicht beendet. Holger Badstuber, einer der vorgezogenen Konkurrenten, sagte: "Dass eine Ära zugrunde geht, ist absoluter Schwachsinn." (hum)

Verlierer der Fußball-EM

Karim Benzema

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(Foto: Getty Images)

Karim Benzema: Karim Benzema konnte nichts dafür. Niemand hat den Stürmer für die üblen Verfehlungen der französischen Nationalmannschaft vor zwei Jahren in Südafrika in die Verantwortung genommen. Der damals 22-Jährige durfte gar nicht mit zur WM 2010 und war deshalb frustriert - vor dieser EM sagte er nun: "Ich habe schnell kapiert, dass nach dem Sturm wieder die Sonne scheint." Für Real Madrid hatte er in der abgelaufenen Saison gerade 21 Tore erzielt. Benzema war die große Hoffnung der Équipe Tricolore. Doch dann das: Als Hoffnungsträger und unumstrittene Nummer eins in der Offensive in das Turnier gegangen, konnte er das Ausscheiden im Viertelfinale nicht verhindern. Kein Tor gelang dem Angreifer, bei keiner der namhaften EM-Offensivkräfte ist das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag so schlecht gewesen. Fast 20 Mal hat er aufs Tor geschossen - vergeblich. Immer wieder war sein Hang zur Bequemlichkeit zu beobachten. Immerhin: In die teaminternen Streitigkeiten war Benzema auch diesmal nicht verwickelt. Trotzdem bleibt die Erkenntnis: Anders als 2010 kann Benzema in diesem Jahr was dafür. (segi)

Verlierer der Fußball-EM

Sebastian Boenisch

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(Foto: dpa)

Sebastian Boenisch: Der mögliche Transfer von Sebastian Boenisch zum VfB Stuttgart war eigentlich schon sehr weit gediehen. Der bisherige Bremer sollte noch mit der polnischen Mannschaft zur EM fahren, danach würde der Wechsel über die Bühne gehen - so der Plan, es gab ja schließlich nicht mehr viel zu bereden. Stuttgart wollte Boenisch, Boenisch wollte zu Stuttgart, alles klar? Mitnichten. Denn der Linksverteidiger spielte keine allzu gute EM. Er schaffte drei Einsätze, überzeugte dabei nicht, die Polen schieden vorzeitig aus. Und im Schwabenländle gerieten die Verantwortlichen ins Grübeln. Mit dem Ergebnis: Sie wollen den 25-Jährigen nun doch nicht mehr. Und Boenisch, der bereits auf Wohnungssuche war, muss nun weiterhin eine Wohnung suchen. Jedoch in einer anderen Fußballstadt als Stuttgart. (ebc)

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Donezk

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(Foto: dpa)

Donezk: Mann, schüttete das! Die Donbass-Arena in Donezk schien zu einem Wassereimer zu verkommen, der es bald überlaufen würde. Kurz nach Anpfiff der Partie Frankreich gegen die Ukraine begann ein Starkregen wie ihn die Geschichte der Fußball-Europameisterschaften noch nicht erlebt hat. Das Spiel musste für fast eine Stunde unterbrochen werden. Im Public Viewing am Majdan Nesaleschnosti, dem Platz der Unabhängigkeit, in Kiew, lachten die Zuschauer recht schadenfroh in sich hinein. Das Verhältnis zwischen der prowestlichen Hauptstadt und dem prorussischen Industrieort Donezk ist nicht das beste, die Politikerclans der beiden Städte kämpfen seit Jahren um die Macht in der Ukraine. Und dann schied die heimische Mannschaft auch noch durch den "Torklau von Donezk" aus. Dass der unbeliebte Präsident Viktor Janukowitsch und sein Finanzier und Ober-Oligarch Rinat Achmetow ebenfalls aus der Stadt kommen, trägt dazu bei, dass der östlichste EM-Spielort einen düsteren Eindruck hinterlassen hat. (hum)

Verlierer der Fußball-EM

Der Holländer

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(Foto: dpa)

Der Holländer: Wer aus dem Kader der holländischen Nationalelf bei der EM in besonderem Maße als Verlierer in Erscheinung trat, ist eigentlich egal. Fakt ist: Schlecht waren sie wohl alle, ob Huntelaar, van Persie, Robben oder van Bommel. Wie so oft fanden die Niederländer nicht als Team zusammen, als es drauf ankam. Vorne schmollten Huntelaar und Robben wegen Nichtberücksichtigung und Auswechslungen, hinten herrschte Unklarheit darüber, wer denn jetzt im Abwehr-Käse die Löcher stopfen soll. Am Ende schied Oranje mit drei Pleiten aus und bestätigte wieder einmal das Klischee: Holländer sind im Fußball zwar hoch talentiert, aber bei großen Fußballturnieren meist nicht ganz auf der Höhe. Stellvertretend für das holländische Versagen musste Arjen Robben dann sogar noch Witze über sich ergehen lassen. Einer geht so: Welche Tiere schießen keine Tore? Ach, lassen wir das. (jbe)

Verlierer der Fußball-EM

Michel Platini

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(Foto: Getty Images)

Michel Platini: Dieser Ball wählte einen dramatisch schlechten Zeitpunkt. Er flog Richtung englisches Tor und machte sich einen Spaß daraus, sich erst 3,5 Zentimeter hinter der Linie von John Terry treffen zu lassen. Er fiel damit auch in den Rücken von Uefa-Chef Michel Platini, der ja immer beteuerte, dass dieser neue Torrichter problemlos erkennen würde, wenn die Kugel 3,5 Zentimeter hinter die Linie flöge. Doch der Torrichter sah es nicht. Der Ungar Istvan Vad ließ weiterspielen und nun guckt Platini ganz schön dumm aus der Wäsche. Kurz darauf twitterte Fifa-Boss Sepp Blatter, dass es nun Zeit wäre, eine Torlinien-Technologie einzuführen. Und am Tag darauf fand in Warschau der große Schiedsrichter-Einladungs-Tag statt: Aus dem gemütlichen Beisammensein wurde ein recht ungemütliches. Am 5. Juli muss Michel Platini womöglich zusammen mit Ziehvater Blatter - den er einmal beerben möchte - im regelgebenden Ifab für die ungeliebte Technik stimmen und seinen geliebten Torrichtern sagen, dass sie leider nicht mehr gebraucht werden. (hum)

Verlierer der Fußball-EM

Jürgen Klopp

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(Foto: obs)

Jürgen Klopp: Der Dortmunder Double-Trainer kann sich vermutlich nur noch schlecht vorstellen, wie sich das anfühlt: verlieren, enttäuscht sein. Das letzte Mal, dass Jürgen Klopp eine nationale Niederlage erklären musste, war am 18. September 2011. Danach: 28 Mal ungeschlagen in der Liga, Sieg im Pokal. Und nun muss er vor der kommenden Saison doch lauter Verlierern den Kopf streicheln. Die Polen Robert Lewandowski, Jakub Blaszczykowski und Lukasz Piszczek verabschiedeten sich nach der Vorrunde in der Warschauer Fanzone mit zitternden Stimmen von ihren Fans. Der Kroate Ivan Perisic ist auch schon zu Hause. Ilkay Gündogan, Marcel Schmelzer und Mario Götze sitzen während der deutschen Spiele ihren Hintern auf der Ersatzbank wund (Kommt bald die Wundsitz-Debatte?), Sven Bender hatte das Duell gegen Bruder Lars um den letzten Kaderplatz verloren. Klopp bleibt nur die Hoffnung, dass Mats Hummels auch Mario Balotelli und dann die Spanier aufhält. Sonst starten im August die traurigsten Double-Gewinner der Geschichte in eine neue Saison. (hum)

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