Süddeutsche Zeitung

Verletzungen von Neuer und Lahm:Galerie der angeschlagenen Helden

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Ein bisschen Entwarnung: Manuel Neuer und Philipp Lahm vom FC Bayern werden nach ihren Verletzungen im Pokalfinale zur Fußball-WM reisen. Bundestrainer Löw muss sich dennoch Sorgen machen.

Von Christof Kneer, München

Joachim Löw macht gerne Pläne, und manchmal macht er auch Pläne für den Fall, dass die ursprünglichen Pläne nicht aufgehen. "Wenn-dann-Strategien" nennt der Bundestrainer das, er will auf alles vorbereitet sein. Zuletzt war Löw ganz in seinem Element, er hat fürs Trainingslager in Südtirol (21. bis 31. Mai) einen vorläufigen WM-Kader berufen, mit dem er sich auf der sicheren Seite wähnte. Für jeden angeschlagenen Spieler ist in Südtirol ein Reservekandidat vorgesehen: Wenn der Höwedes dort nicht richtig fit wird, dann nehmen wir halt den Ginter mit zur WM.

Als Löw aber am Samstag beim Pokalfinale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund auf der Tribüne saß, dürfte er bald geahnt haben, dass seinen personellen Planungskünsten diesmal alles abverlangt wird.

Bedrohliches Hinken

Erst musste er mit ansehen, wie sich Philipp Lahm mit bedrohlichem Hinken aus der Partie verabschiedete; später durchzuckte ihn ein ähnlicher Schreck, als er den Doktor Müller-Wohlfahrt beim offenkundig schulterlädierten Torwart Manuel Neuer aufkreuzen sah. Neuer spielte weiter, aber bei der Pokalfeier auf dem Rathausbalkon war am nächsten Tag nicht zu übersehen, dass der als Feierbiest geschätzte Torwart beim rituellen Stemmen des Pokals die rechte Schulter auffällig schonte.

"WM nicht in Gefahr: Entwarnung für Lahm und Neuer"- unter dieser Überschrift hat der FC Bayern am späten Montagnachmittag auf der klubeigenen Homepage all jene beruhigt, die Löw schon ohne seine beiden wichtigsten Profis nach Brasilien fliegen sahen. Allerdings war es eher eine Dreiviertel-Entwarnung, für eine Komplett-Entwarnung klangen die beiden Diagnosen dann doch zu komplex.

So zog sich Neuer einen kleinen Einriss am Kapselapparat des rechten Schultereckgelenkes zu, während Lahm an einem Bluterguss im Sprunggelenk nach einem Kapseleinriss laboriert; Bänder und Knochen sind nicht verletzt. Diese Befunde präsentierte der Klub nach eingehenden Untersuchungen in der Praxis von Teamarzt Müller-Wohlfahrt, aus dessen Praxistür erst Neuer und anschließend Lahm marschiert kam.

Beide Spieler werden am Mittwoch mit nach Südtirol reisen, meldete der FC Bayern; für Lahm wird eine Trainingspause "von bis fünf bis sieben Tagen" veranschlagt; Neuer hingegen müsse "mit dem Training kürzer treten und zur Entlastung des Gelenks vorerst eine Schlinge tragen".

Wann der Torwart wieder ins Training einsteigen kann? Gute Frage. "Je nach Heilungsverlauf", heißt es dazu im offiziellen Kommuniqué des Verein vage.

Löw hat erst mal aufgeatmet, als ihm am Montag die Kunde von den kleinen Einrissen überbracht wurde, aber wenn er mit Aufatmen fertig ist, wird er sich auch noch die Zeit nehmen, um sich ein paar kleine Sorgen zu machen. Mit Lahm und Neuer hängen nun zwei weitere Porträts in der Galerie der angeschlagenen Helden - addiert man sie zu Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose und Sami Khedira hinzu, so werden gleich fünf langjährige Leistungsträger nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte in Südtirol aufkreuzen.

Über Schweinsteiger gab es am Montag keine weiteren Neuigkeiten zu verbreiten; die Probleme mit der Patellasehne, die einen Einsatz im Pokalfinale verhinderten, sind dem DFB längst bekannt. So hat Löw im Zuge seiner Wenn-dann-Strategien ja gerade erst den Offensivspieler André Hahn fürs Trainingslager gestrichen und stattdessen den Gladbacher Christoph Kramer einbestellt; "positionsbedingt", wie Löw erklärte. Kramer spielt dieselbe Position wie Schweinsteiger.

Zwar haben die Bayern dem Bundestrainer einen unerwarteten Luxus beschert, indem sie freundlicherweise das Champions-League-Finale verpasst haben, aber diesen Luxus wird Löw nur bedingt genießen können. Zwar gehören jetzt alle Bayern-Profis zur Südtiroler Reisegruppe, aber Löw wird nicht so arbeiten können wie geplant. Im Moment hat er einen angeschlagenen Kapitän, mit dem er eigentlich gleich am Anfang besprechen wollte, ob er ihn im Mittelfeld oder in der Abwehr einsetzt - und er hat einen Torwart, der sich an einem Körperteil verletzt hat, den ein Torhüter unbedingt braucht.

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Quelle:
SZ vom 20.05.2014
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